Aber so ist das nun einmal, auch auf See gibt es ruhige Tage und wenig Wind. Schnell aber zieht die Geschichte, in Ich-Form er zählt, in ihren Bann: „Jedes Mal, wenn ich Oslo verlasse und in den Norden reise, habe ich das Gefühl von Befreiung … Raus aufs Meer, frei und endlos, rhythmisch und wogend wie die alten Seemannslieder aus der Zeit der Segelschiffe.“ So heißt es auch „Leinen los!“ für diese lange Abenteuerfahrt. Für Morten und Hugo ist es keine Frage, sie werden hinausfahren, um einen Eishai zu fangen. „Hugo musste sich nicht groß ins Zeug legen, um mich zu überreden. Ich schluckte den Köder sofort. Auch ich bin am Meer aufgewachsen und habe schon als Kind geangelt. Wenn etwas anbiss, hatte ich immer das Gefühl, alles Mögliche aus der Tiefe fischen zu können.“ Beide Freunde sind wie elektrisiert von der so eigenen Welt unter Wasser mit „unzähligen Geschöpfen, über die sie nichts wissen“. Auf ihrem Abenteuer-Trip ins nördliche Eismeer Norwegens erzählt das Buch von einer bunten, schillernden und geheimnisvollen Welt unter und über Wasser, bezieht Malerei und Naturwissenschaften, Literatur, Astrologie und Geschichte mit ein, irgendwie hat immer alles mit dem Meer zu tun. Anekdoten, die philosophieren, die informieren und faszinieren. Die vom Leben der Fischer erzählen, den Familien der beiden Freunde und von Traditionen. Walfang, der hat bei ihnen eine lange Geschichte, Walfang, da rankt sich geradezu Mystisches drum herum, vielleicht fehlt es deshalb hier auch etwas an Kritik, die für andere Themen – Umweltzerstörung, Ausbeutung der Meere und Vernichtung ganzer Lebensgrundlagen von Arten – dann doch deutlich anklingt. Mache sich jeder Leser also selbst ein Bild, fälle sein eigenes Urteil nach einer lohnenden Lektüre und der Beantwortung der Frage: Fangen die beiden den Hai oder nicht? „Das Meer rollt langsam und geduldig weiter, wie es das immer schon getan hat und auch noch tun wird, wenn wir längst nicht mehr sind.“ Barbara Wegmann