Wenn Sie schon einmal ein Aquarium aufgestellt haben, wissen Sie Bescheid. Die Dinger sind schwer und unhandlich, je größer, desto schwieriger das Handling. Und wer glaubt, ein Becken mit „nur“ 300 Litern Inhalt – in der Meeresaquaristik eher die Untergrenze – sei leicht, wird schnell eines Besseren belehrt. Ich empfehle daher, dass Sie gleich mehrere starke Helfer einladen, wenn die Lieferung kommt. Am sichersten ist es natürlich, das Aquarium beim Händler Ihres Vertrauens zu ordern. Er spricht mit Ihnen genau ab, wann und wie geliefert wird und was er an Hilfe bieten kann. Bei früheren Meerwasserbecken ließ ich mir die komplette Anlage betriebsfertig aufstellen. Da mussten noch Rohre verlegt und verklebt, Muffen abgedichtet und Überläufe installiert werden. Erfahrene Aquarianer machen das oft selbst, aber gerade bei unbekannten Systemen ist man schnell überfordert. Und jeder weiß: Ist ein Becken erst einmal eingerichtet und in Betrieb, kann man ohne großen Aufwand nicht mehr viel ändern. Meeresaquarien mit ihren komplexen Unterschrankanlagen, Verrohrungen und Überläufen sind hier besonders kritisch.
Plug and Play
Beim Eheim-Incpiria ist hier vorgesorgt. Das Becken kommt zwar nicht betriebsfertig zusammengebaut an (das könnte niemand tragen), sondern in zwei großen Hauptteilen – Unterschrank und Aquarium –, aber die wichtigen Durchbrüche und Rohrdurchführungen sind bereits ausgeführt. Anhand der Anleitung kann man die noch nötigen Arbeiten einfach selbst ausführen. Natürlich stellt man den Unterschrank zuerst auf. Er ist sehr stabil gebaut, mit einer schicken Hochglanzbeschichtung versehen (in Schwarz oder in Weiß erhältlich) und hat ergonomische Griffmulden an den Türen, die selbstverständlich von selbst ganz „soft“ schließen. Alles scheint so konzipiert, dass nirgends Wasser eindringen kann – und damit lange hält und gut aussieht. Zum exakt waagerecht Aufstellen muss man die Schrankfüßchen selbst unterlegen. Hebt man das Aquarium dann auf den Schrank, muss man allerdings aufpassen, dass man die überstehenden Rohrdurchführungen nicht beschädigt (Helfer!). Danach sind nur noch das Unterschrankbecken an der vorgesehenen Stelle zu platzieren und die nötigen Schläuche und Ventile zu befestigen. In etwa zwei Stunden hat man alles sauber installiert, auch Abdeckung und Beleuchtung. Die zugehörige Anleitung ist hinreichend informativ, wenn auch nicht sonderlich übersichtlich. Besser wäre es gewesen, Bilder und Texte direkt einander zuzuordnen, doch wegen der Mehrsprachigkeit der Anleitung hätte das wohl zu einem unnötig dicken Buch geführt. Mit ein bisschen Blättern ist die Sache aber gut zu bewältigen. Die einzige Änderung, die ich vornahm: Da mein Aquarium direkt an der Wohnzimmerwand steht, passen dickere „Schuko“-Stecker nicht seitlich hinten durch. Also bohrte ich mit einem Kreisbohrer je eine großzügige Öffnung in eine Seiten- und in die mittlere Trennwand, durch die ich Kabel, Mehrfachsteckdosen und so weiter schob. Die offenen Holzoberflächen der Bohrung versiegelte ich mit Silikon, damit auch hier alles trocken bleibt. Der Einwand, dass der Hersteller die Bohrungen hätte vornehmen können, zieht übrigens nicht, denn jeder stellt sein Aquarium anders auf, und wer möchte schon ein großes Loch an der „falschen“ Seite seines edel aussehenden Schranks haben?
Strömung und Abschäumung
Im Lieferumfang nicht enthalten sind die Strömungspumpen und der Abschäumer. Als Pumpen wählte ich die neuen „Eheim streamON+“ (das + steht für Magnet-Halterung), die sehr kompakt und praktisch geräuschlos sind und sich in jede gewünschte Richtung drehen lassen. Sie werden mit einem Magneten an der Aquarien- Außenseite gehalten, was jederzeit eine Veränderung ihrer Position ermöglicht. Der Eheim-Abschäumer „SKIMmarine“ war zur Testzeit nicht lieferbar. Er soll aber im Herbst 2015 erhältlich sein. Da ich noch einen „Nyos Quantum 120“ vorrätig hatte, setzte ich kurzerhand dieses Modell ein.
Unterschrank
Das zweite Zubehörteil, das an meinem Incpiria-Aquarium nicht von Eheim stammt, ist die Nachfüllanlage. Mittels Schwimmer im Unterschrankbecken wird eine kleine Pumpe gesteuert, die Süßwasser aus einem 20-Liter-Behälter neben dem Aquarium pumpt. Somit brauche ich rund zwei Wochen lang nicht an das Nachfüllen verdunsteten Wassers zu denken. Das im Unterschrankbecken für beispielsweise Osmosewasser vorgesehene Abteil dürfte – dafür genutzt – etwa eine Woche reichen. Ich gebrauche es für Netze und andere Utensilien, die ich dort „salzwassernass“ einfach abstellen kann. In das Unterschrankbecken ist vorn ein Filterbecken mit zwei übereinanderliegenden Kunststoffgittern eingebaut, auf die man je eine handelsübliche Filtermatte legt. Dazwischen bringe ich ein Säckchen mit Filterkohle unter. Die Reinigung der Watte-Matten ist dadurch sehr einfach und wird immer im Wechsel durchgeführt, damit man die Filterbakterien nicht zu sehr stört.
Einstellarbeiten
Wirklich einstellen muss man am Incpiria 300 nur den Wasserstand im Überlaufschacht. Man öffnet und schließt den Absperrhahn im Unterschrank und staut damit das sonst abfließende Wasser, bis der Pegel im Überlauf etwa zehn Zentimeter unterhalb der Öffnung des Überlaufrohrs steht. Allerdings beobachtete ich während der Testzeit, dass sich dieser Wasserstand nicht dauerhaft halten ließ. Ich vermute, dass bereits minimales Zusetzen des Absperrhahns mit Algen genügt, um die Durchflussmenge und damit den Pegel geringfügig zu verändern. Wesentlich einfacher ist es, ihn so einzustellen, dass das Wasser „gerade so“ in die Öffnung des Überlaufrohrs fließt. Dann hält der Stand lange sein Niveau. Gelegentliche Kontrollen sollte man dennoch durchführen, aber passieren kann eigentlich nichts. Im schlimmsten Fall (wenn der Pegel zu stark sinkt), wird das Aquarium lauter. Das ist dann ein Hinweis, dass man nachjustieren muss.
Überschwemmung?
Einer der beliebtesten Alpträume von Aquarianern ist die Wohnungs-Überschwemmung. Ich hatte das schon und kann nur sagen: „Man braucht es nicht.“ Beim Incpiria ist die gesamte Konstruktion des Auffangbehälters und der Verrohrung so durchdacht und so solide, dass man es eigentlich gar nicht schaffen kann, das System zum Überlaufen zu bringen. Ich simulierte mehrfach einen Stromausfall, um zu sehen, was passiert. Das Auffangbecken füllte sich deutlich mehr als sonst – das war es aber auch schon!
Sound tuning
Eheim wirbt mit einem besonders leisen Aquarium, und das zu Recht, denn abgesehen von der minimal brummenden Förderpumpe (die ich mit einem Stück Silikonschlauch entkoppelte) hört man nichts von der gesamten Wasserzirkulation. Allein der Nyos-Abschäumer rauscht hörbar vor sich hin. Leise ist das Becken auf jeden Fall, auch wenn es systembedingt nie ganz ohne Geräusche gehen kann. Auch hier also 100 Punkte!
Beleuchtung
Standardmäßig wird das Incpiria 300 mit zwei Leuchtbalken à zwei 30-Watt- T5-Leuchtstoffröhren („Eheim marine power Hybrid“, Lichtfarbe etwa 17.000 K) geliefert. Robuste, salzwasserbeständige Alu-Reflektoren lenken das Licht nach unten, sodass das Becken hervorragend ausgeleuchtet wird. Die Reflektoren wiesen auch nach einem Jahr – bei gelegentlicher Reinigung mit Süßwasser – keine nennenswerten Ablagerungen auf. Da ich jeden Leuchtbalken an eine eigene Schaltuhr anschloss, kann ich die Beleuchtung gestaffelt ein- und ausschalten und einen gewissen Dämmerungseffekt erzielen. Die Lichtfarbe wirkt auf mich sehr angenehm und ist meerwassertypisch bläulich-weiß. Wer die Röhren turnusmäßig austauscht, wird mit dieser Beleuchtung keine Lichtprobleme haben. Die Leuchtbalken sind durch eine schicke Abdeckung aus schwarzem Glas geschützt. Damit ist das Aquarium auch für Räume geeignet, in denen tierische Mitbewohner leben, und für Beckeninsassen, die gern einmal springen. Allerdings wurde bei mir im Sommer das Wasser deutlich zu warm, wenn ich die beiden Scheiben komplett schloss. Ich öffnete sie daher ein wenig, was bereits hinreichend für Abkühlung sorgte. Allerdings wohne ich in einem Haus mit Betonwänden, und das Aquarium steht im Parterre. Aquarianer mit größeren Wärmeproblemen, etwa in einer Dachgeschosswohnung, werden die Glasabdeckung sommertags wohl ganz entfernen oder sich eines Kühlgeräts oder Ventilators bedienen müssen. Eine Kühlmöglichkeit von Eheim mit speziellen Lüftern soll übrigens bald erhältlich sein.
Eheim goes LED
Inzwischen sind von Eheim auch LEDLampen verfügbar, die man direkt, ohne Umbau, am Incpiria verwenden kann. Für das 300er-Becken empfehle ich drei Leuchtbalken à 24 Watt, davon zwei „Power LED hybrid“ (17.000 K) und eine „Power LED actinic blue“ (24.000 K). Wichtig ist die Platzierung des blauen Balkens, denn zunächst hatte ich ihn zwischen die beiden anderen gesetzt. Das bewirkte einen unnatürlichen Blauton in der Beckenmitte, wo bei mir die meisten Korallen stehen, sodass sie von dem blauen Licht direkt angeleuchtet wurden. Als eindeutig am besten erwies sich die Platzierung ganz vorn, aber natürlich kann das von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich sein – also selbst ausprobieren! Mithilfe der beiden Schaltuhren wird morgens zuerst der blaue LEDBalken gestartet. Eine halbe Stunde später werden die beiden „normalen“ Balken zugeschaltet, die dann am Abend eine halbe Stunde früher als der blaue wieder ausgehen. Die „Actinic Blue-LED“ tauchen das Aquarium nach dem Erlöschen der Hauptbeleuchtung in ein effektvolles Licht, das insbesondere bestimmte Farben der Blumentiere richtig zum Erstrahlen bringt. Die drei LED-Leuchten sind übrigens heller als die vier Leuchtstoffröhren – und werden wohl die nächsten zwölf bis 14 Jahre halten, bei einem um etwa 30 Prozent geringeren Stromverbrauch! Hinzu kommt, dass sie nicht ganz so warm werden und wesentlich schlanker gebaut sind, was das Hantieren am Becken erleichtert. Eine elektronische Steuerung ist bei Eheim ebenfalls in Vorbereitung. Dann kann man sich die beiden Schaltuhren sparen und verschiedene Lichteffekte verwirklichen.
Fazit
Die Komplettanlagen der Reihe Incpiria sind ein Zugewinn im Eheim-Programm. Man erhält ein qualitativ hochwertiges Aquarium mit durchdachten Installationen praktisch als Sorglos-Paket zu einem vernünftigen Preis. Man kann zwischen vier Größen von 200 bis 400 Litern Inhalt wählen. Wer will, kann die Becken nach eigenem Gusto aus- und aufrüsten. Das erforderliche Zubehör gibt es fast lückenlos von Eheim. Man wird die Deizisauer in Zukunft auch im Meerwasser sehr ernst nehmen müssen!