Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, in welchem Umfang jemand, dessen Tier von einem Dritten verletzt wird, einen höheren Schadensersatz verlangen kann, als das Tier „wirtschaftlich wert“ ist (Urteil vom 27.10.2015, Az. VI ZR 23/15). Das ist bereits in § 251 Absatz 2 Satz 2 BGB geregelt. Die Vorschrift lautet: „Die aus der Heilbehandlung eines verletzten Tieres entstandenen Aufwendungen sind nicht bereits dann unverhältnismäßig, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.“ Sind die Tierarztkosten also höher als der Wiederbeschaffungswert eines vergleichbaren Tieres, dann hat der Schädiger sie dem Grundsatz nach zu übernehmen. Der Bundesgerichtshof setzt dem jedoch Grenzen. Grundsätzlich sei im Einzelfall zu entscheiden, in welcher Höhe Heilbehandlungskosten für ein Tier verhältnismäßig seien. Im konkreten Fall erachtete der BGH die dreifache Höhe des Betrags, der für das verletzte Tier jährlich an „Unterhaltskosten“ aufzuwenden war, als ausreichend. Mehr könne der geschädigte Tierhalter auch unter Heranziehung des im Grundgesetz (Artikel 20 a) und im BGB (§ 90 a) festgeschriebenen Tierschutzgedankens nicht verlangen. Dabei sei nicht nur zu beachten, ob die aufgewendeten Kosten aus tiermedizinischer Sicht vertretbar gewesen seien, sondern auch das „individuelle Verhältnis“ – also die persönliche Bindung – zwischen dem Geschädigten und dem verletzten Tier zu berücksichtigen. Ob gegebenenfalls die Alternative – nämlich das Einschläfern des verletzten Tieres – überhaupt mit dem Tierschutzgesetz in Einklang zu bringen wäre, darüber verlor der BGH leider kein Wort. Im Einzelfall kann diese Entscheidung zu bedenklichen Ergebnissen führen. Mancher geschädigte Tierhalter wird sich unter solchen Umständen nicht auf die Risiken eines Rechtsstreits einlassen. Ob ein Einschläfern des verletzten Tieres aus rein wirtschaftlichen Gründen dann womöglich sogar ein „Töten ohne vernünftigen Grund“ und damit nach § 17 TierSchG eine Straftat darstellt, bleibt offen … Oder hängt die Frage, wann ein Grund für die Tötung „vernünftig“ im Sinne des Tierschutzgesetzes ist, jetzt vom Geld ab? Dietrich Rössel