Rössels Recht
Dietrich Rössel arbeitet nach über 20 Jahren als Rechtsanwalt in einer Naturschutzbehörde und stellt uns regelmäßig die neuesten Rechtsfragen rund um das Tier vor.
Nachbars Liebling
Wieder einmal hat die Katze in Nachbars Garten ein Gericht beschäftigt: Das AG Ahrensburg (Az.: 49b 505/21) wies die Klage einer Nachbarin ab, die sich gegen die Katze einer (nicht direkten) Nachbarin auf ihrem Grundstück wehren wollte: In einer Wohnhaussiedlung müsse jedenfalls eine Katze geduldet werden, anderenfalls könne nämlich die Klägerin der gesamten Nachbarschaft aufzwingen, dass diese ihre Katzen nur noch als „Stubenkatzen“ oder ständig angeleint halten dürfe. Wer im Übrigen Speisen offen stehen lasse und die Terrassentür nicht schließe, der provoziere, dass fremde Katzen ins Haus kämen.
Auch die von der Klägerseite behaupteten Verschmutzungen durch Katzenkot und die angebliche Beschädigung ihrer Gartenmöbel halfen ihr nicht weiter, da insoweit ein etwaiger Unterlassungsanspruch daran scheiterte, dass die Klägerseite die Verursachung gerade durch die Katze der Beklagten nicht nachweisen konnte.
Dietrich Rössel, Königstein
Der Gartenteich im Außenbereich
Mit Beschluss vom 23.05.2022 (Az.: M 1 S 21.2155) hat das VG München sich mit einem Gartenteich befasst, der im Außenbereich angelegt worden war und in dem sich u. a. invasive Pflanzenarten befanden. Im Außenbereich (§ 35 BauGB) ist das Bauen nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Das gilt nicht nur für Häuser und Hütten, sondern auch für das Anlegen von Teichen. Bauliche Anlagen sind insbesondere dann zulässig, wenn das Bauvorhaben einem land- oder fortwirtschaftlichen Betrieb oder einem „Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung“ dient. Die weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens finden Sie hier: https://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/__35.html
Die Klägerin plante einen Imkereibetrieb – auf dem Grundstück befand sich u. a. ein Gartenteich, der relativ steile Ufer hatte (und damit für Kleintiere bedenklich war) und in dem sich invasive Pflanzenarten befanden. Der Versuch der Klägerin, sich gegen die Beseitigungsverfügung (betreffend andere bauliche Anlagen und auch den Teich) zu wenden, scheiterte. Bezüglich des Gartenteiches hielt das Gericht fest, dass die Anlage nicht der in § 35 BauGB genannten Nutzung diene und „der Landschaft wesensfremd“ sei. Die Naturschutzbehörde hatte zusätzlich auf ihre Bedenken hingewiesen, weil der Teich invasive Pflanzenarten beinhaltete und weil seine steilen Ufer geeignet waren, Kleintiere zu gefährden. Darauf kam es nach Auffassung des Gerichts aber nicht mehr an.
Auch die Anlage eines einfachen Teichs im Außengebiet ist daher rechtlich sehr problematisch!
Dietrich Rössel, Königstein
Tierhaltung in der Eigentumswohnung
Das AG Konstanz (Az.: 4 C 397/21 WEG) gab einem Tierhalter Recht, der ein generelles Haltungsverbot von Haustieren nicht akzeptierte. Der Wohnungseigentümer sollte seinen im Frühjahr 2021 angeschafften Hund, der ausschließlich normales Hundeverhalten an den Tag legte, abschaffen. In der Gemeinschaftsordnung gab es hierzu folgende Regelung: „Haustierhaltung ist – soweit rechtlich zulässig – ausgeschlossen“.
Das Gericht gab dem Hundehalter recht und verneinte einen Anspruch der Gemeinschaft auf Untersagung der Hundehaltung. Die Regelung sei zu unbestimmt. Weder sei klar, was genau mit „Haustierhaltung“ gemeint sei, noch könne ein generelles Haustierverbot hingenommen werden, da die Haustierhaltung zum Kernbereich der Rechte eines Wohnungseigentümers gehöre. Ein so weitreichendes Verbot verstoße daher gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Nur mit einem sachlichen Grund könne ein Tierhaltungsverbot ausgesprochen werden.
Dietrich Rössel, Königstein
Wenn der Vermieter klingelt
Das AG Alsfeld (Az.: 30 C 73/20 (72)) hat einem Vermieter Recht gegeben, der gegenüber seinem Mieter eine Besichtigung der vermieteten Wohnung beanspruchte. Grundsätzlich bestehe ein solcher Anspruch auf Betreten und Besichtigen einer Wohnung durch den Vermieter nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes. Da die Wohnung ein verfassungsrechtlich geschützter Rückzugsraum ist, sei der Vermieter zur „schonenden Rechtsausübung“ gehalten. Eine Tierhaltung, die Anhaltspunkte für eine vertragswidrige Nutzung der gemieteten Wohnung gebe, sei aber ein ausreichender Grund für den Vermieter, ein Besichtigungsrecht geltend zu machen.
Im konkreten Fall ging es um die Haltung von insgesamt fünf Hunden. Es bestanden zwar Indizien dafür, dass der Vermieter drei davon entweder aufgrund langen Wissens um die Tierhaltung duldete oder aber sie hätte genehmigen müssen (einer der Hunde war ein Therapiehund), bezüglich zweier weiterer Hunde, die der Vermieter weder geduldet noch genehmigt habe, sei aber eine vertragswidrige Nutzung der Wohnung jedenfalls naheliegend: Daher bestehe ein Besichtigungsrecht des Vermieters.
Auch vorhergehende Besichtigungen aus anderem Anlass seien nicht geeignet, das Besichtigungsrecht des Vermieters aus Anlass der Tierhaltung auszuschließen.
Dietrich Rössel, Königstein
Tierhalterhaftung und Mitverschulden
Der Halter eines Tieres haftet zwar in der Regel verschuldensunabhängig aufgrund der sogenannten „Gefährdungshaftung“ nach § 833 BGB. Die Haftung kann aber reduziert werden, wenn der Geschädigte seine eigene Verletzung mitverschuldet hat.
Das AG Rheine (Az.: 4 C 92/20) entschied, dass derjenige, der einen fremden Hund streichelt und dabei gebissen wird, sich ein Mitverschulden von 30 % zurechnen lassen muss. Das Tier hatte zwar zunächst die Hand der Geschädigten geleckt. Als diese aber einige Zeit später den Hund streicheln wollte, biss er zu.
Das Gericht bejahte zwar einen Anspruch aus § 833 BGB, kürzte diesen aber um 30 %: Ein erstmaliger kurzer Kontakt mit einem ansonsten völlig fremden Hund sei kein Grund, darin schon ein „Anfreunden“ zu sehen. Die Handbewegung in Richtung des Tieres habe von diesem daher als Angriff gewertet werden können. Wer ein solches, völlig typisches Hundeverhalten auslöse, müsse sich ein Mitverschulden von 30 % zurechnen lassen.
Erst recht dürfte ein solches Mitverschulden im Umgang mit Tieren anzunehmen sein, die keinerlei Bindung zu Menschen entwickeln, wie beispielsweise (gefährliche) Reptilien.
Dietrich Rössel, Königstein