Dieser tiefgreifende und nachhaltige Ansatz findet sich in jeder Zeile – ja, selbst zwischen den Zeilen. Ich würde an dieser Stelle gern zahlreiche Zitate wiedergeben, doch leider lässt der Umfang dieser Rezension das nicht zu, sodass ich mich auf wenige ausgewählte Passagen beschränken muss. Ein aufrüttelnder Satz findet sich zum Ende des Kapitels „Der Durchbruch der Ökologie“: „Die Totalität des ökonomischen Modells, auf dem unsere Gesellschaften beruhen, steht dem planetarischen Garten frontal entgegen, nicht nur, weil es das Gleichgewicht durch gerechtes Teilen der Gemeingüter dereguliert, sondern auch, weil es die biologischen Kräfte des Gartens beschädigt und so das Leben auf der Erde bedroht.“ Viel philosophischer und nicht weniger zutreffend ist der nur scheinbar banale Satz: „Bevor wir verstehen, müssen wir staunen.“ Das ist nicht nur Philosophie, das ist Pädagogik, ja, das lässt sich zu einer Lebenseinstellung weiterentwickeln. Und darf man diesen Satz nicht auch auf uns Aquarianer, auf jeden Naturfreund beziehen? Wie sind wir denn zu unserer Tätigkeit als Tierund Pflanzenpfleger gekommen? Durch das nicht zielgerichtete Staunen! Einige Seiten vorher blieb ich an einem ebenso bemerkenswerten Teilsatz hängen: „…, sondern auf jenen Raum, den man aus sich selbst schöpfen muss, indem man sich Stück für Stück von beschwerendem Wissen befreit, …“ Zur Erinnerung: ich bespreche ein Buch über das Gärtnern, die Landschaft und das Genie der Natur. Gilles Clément, der Autor des beachtenswerten Büchleins, ist Professor an der L’École National Superieure du Paysage à Versailles, Landschaftsarchitekt und Gärtner. Er hat das Buch in acht ineinander übergehende Kapitel unterteilt. Nach einem kurzen, einleitenden Vorwort beginnt er mit seiner Definition der Begriffe „Garten“, „Landschaft“ und „Umwelt“. Er setzt sich mit Ökonomie, Zeit, Kunst und dem Genie der Natur auseinander. Es ist erstaunlich, wie viel Inhalt der Autor auf 60 Seiten untergebracht hat! Weitere Kostproben? „... von diesem Standpunkt aus ist es interessant, metaphorisch die Frage zu stellen: Welche Sprache wollen wir sprechen? Die der Überlegenheit über das Lebendige oder die der Gleichheit mit ihm?“ „Im Garten genügt es zu sein, und das erfordert Stille.“ Und schließlich: „Wir erleben den Zusammenbruch eines ökonomischen Systems, das auf der Ausbeutung angeblich unerschöpflicher Ressourcen basiert.“ Auch wenn es ein sehr dünnes Buch ist, halte ich es für höchst wertvoll, ist es doch mit bedeutsamen Botschaften und Aussagen gefüllt. Es ist ein wichtiges Werk, alle Menschen, die Entscheidungen über das Schicksal unserer Erde treffen, sollten es lesen. Vermutlich entscheiden sie danach nicht mehr über, sondern für deren Zukunft. Michael Kempkes