Die Antwort lautet – leider: Ja! Doch es gibt vielleicht noch die ambitionierten Aquarianer, die möglichst alles über ihre Pfleglinge erfahren möchten. Und es gibt den Teil des Wissenschaftsbetriebs, den morphologisch- systematische und auch verhaltensbiologische Aspekte von Arten interessieren. Menschen, die nicht nur Zellen von „Zebrafischen“ jahrelang untersuchen und dabei nie den Weg in die zentrale Tierhaltung ihrer Forschungseinrichtung finden, um den Unterschied zwischen Bärblingen und Barben zu lernen. Genau für diese Zielgruppen legt der Autor eine Monografie vor, die es in sich hat! Eine der kleinsten Fischarten unserer Zeit wird in alle Richtungen vermessen und gründlich „abgeklopft“. Bibliotheken, Fernleihen sowie ein großes Netzwerk bescherten dem Verfasser nach akribischer Recherche über 200 Titel, viele der Artikel ausschließlich zu der behandelten Art! Damit bietet das Buch eine sauber aufgearbeitete Fundgrube des derzeitigen Wissens über Heterandria formosa. Eine derart umfangreiche Literaturschau gehörte ja schon immer zu den Stärken der Titel, die in dieser Reihe erscheinen. Werden hier doch auch Quellen aufbereitet, zu denen der normale Liebhaber kaum Zugang hat, selbst in Zeiten des Internets. In sieben Kapiteln stellt der Autor seine Erkenntnis- se zusammen. Dabei wird schnell deutlich, dass er selbst über umfangreiche Haltungserfahrungen mit der Art verfügt und eigene Fragestellungen in der Praxis untersucht hat. Dazu zählen auch Beobachtungen im Feld auf Exkursionen in das südliche Nordamerika. In 53 Unterkapiteln werden Morphologie, Verbreitung, Ökologie, Verhalten, Fortpflanzung, Entwicklung und letztlich die Haltung im Aquarium besprochen. Hier hätte man sich eine Zusammenfassung einiger Punkte gewünscht, um die Übersichtlichkeit der Arbeit zu verbessern. Am Ende bleibt aber keine Frage unbeantwortet. Detailliert und unter Einbeziehung der Literatur werden auch solche speziellen Themen wie die „Mortalität der Jungfische“ in einem eigenen Unterkapitel behandelt. Problematisch aus wissenschaftlicher Sicht ist die Vermischung eigener Beobachtungen mit der Literaturzitation, die außerdem zu einem häufigen Wechsel der Zeitformen führt. Das soll den Wert der Publikation aber nicht schmälern. Sie enthält das derzeit mögliche Wissen über eine immer noch beliebte Fischart, die aber in der Aquaristik häufig „übersehen“ wurde. Das ist nun nicht mehr möglich, dafür hat Michael Kempkes gesorgt. Ein Wort noch zur Gestaltung und zum Format der Bücher. Die Bände dieser Reihe werden nach wie vor im Taschenbuchformat herausgegeben. Das führt zu einer kleinen Schrifttype und sehr kleinen Abbildungen. Wie lange dieses unattraktive Äußere auf dem Markt Bestand haben wird, ist abzuwarten. So bleibt nur, dem Buch und auch der Buchreihe alles, alles Gute zu wünschen und alle begeisterungsfähigen Aquarianer zum Kauf dieses fulminanten Werks zu animieren. Hans-Peter Ziemek