Das „Taschenlexikon der Libellen Europas“ ist ein solches Werk – und mehr als das: Nach Titelei, Inhalt und Vorwort folgt auf 26 Seiten das Kapitel „Biologie der Libellen“, das ausführlich und mit exakten Grafiken den Körperbau der Imagines und Larven darstellt. Die Autoren erläutern die Systematik der Ordnung Odonata und beschreiben den Entwicklungszyklus und die Ökologie dieser Insekten. Den wichtigen Ausführungen zu „Gefährdung, Schutz und Förderung der europäischen Libellen“ folgen praktische Hinweise zum Bestimmen und Beobachten der Imagines, zum Fang ihrer Larven und zum Identifizieren von deren Hüllen, den Exuvien. „Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt“, lautet der Untertitel des Lexikons. Wie üblich, macht die Unterordnung Zygoptera den Anfang. Auf 230 Seiten sind alle 47 europäischen Kleinlibellen behandelt. Zu jeder Familie, Gattung und Spezies gibt es einen einführenden Text. Die einzelnen Artporträts sind dann untergliedert in „Name“, „Kennzeichen“, „Verbreitung“, „Lebensweise der Imagines“, „Lebensweise der Larven“, „Gefährdung, Schutz und Förderungsmaßnehmen“. Anregend sind die einzelnen „Beobachtungstipps“ und sehr schön, weil durchgehend von hoher Qualität, die Fotos, die Habitus und Geschlechtsunterschiede veranschaulichen, verschiedene Verhaltensweisen zeigen, Fressfeinde oder Larven mancher Arten darstellen. Schade, dass dem Lexikon kein größeres Format gegönnt wurde, denn eine nur 17,8 x 11,2 Zentimeter große Seite lässt nicht viel Spielraum für ein großzügiges Layout, das die Bilder wirkungsvoller zur Geltung gebracht hätte! Eine zweite kleine Kritik: Auf Verbreitungskarten – in den meisten Bestimmungswerken gang und gäbe – wurde leider verzichtet. Genauso aufgebaut wie das Zygopteren-Kapitel ist der Teil über die Unterordnung Anisoptera. Auf 461 Seiten sind sämtliche 89 europäischen Großlibellen porträtiert. Hilfreich für Freilandbeobachter: Die Phänogramme zu einzelnen Arten geben einen Überblick über deren Larven-, Schlupf- und Flugzeiten im Jahresverlauf. Den Porträts folgen 30 Seiten, die vor allem Aquarianern lesenswerten Stoff bieten. Unter der Überschrift „Exotische Libellen in Europa“ stellen die Verfasser 19 Libellen vor, die in jüngerer Vergangenheit nach Europa verschleppt wurden, etwa mit exotischen Wasserpflanzen (siehe oben). Auf den 23 Seiten des letzten Kapitels beschreiben die Autoren Epizoen, Parasiten und Parasitoide, also Plagegeister, die an Libellen gefunden wurden. Ein sehr umfangreiches Literaturverzeichnis – 27 klein bedruckte Seiten, sortiert nach „Grundlagen- und Übersichtswerken, Landesfaunen, Roten Listen und Monographien“ sowie Fachartikeln –, eine zweiseitige Liste der verwendeten Fachbegriffe und Abkürzungen, ein neun Seiten umfassendes Register der wissenschaftlichen, englischen und deutschen Namen aller behandelten Arten sowie nützliche Adressen (unter anderem www.libellula.org) beschließen das Werk. Das „Taschenlexikon der Libellen Europas“ stellt sicher keine Pflichtlektüre für Aquarianer dar. Aber es bietet zoologisch interessierten Gartenteich- und Fischfreunden die ausgezeichnete Möglichkeit, sich in ein facettenreiches „Wassertier-Thema“ einzulesen. Als Weihnachtsgeschenk lässt es sich bestimmt auch verwenden … Rainer Stawikowski