Brasilien ist eine der weltweit führenden Nationen auf dem Gebiet des Eisenerzabbaus. Eines der ausgebeuteten Vorkommen ist das hier betroffene, von der Firma Samarco betriebene Abbauunternehmen in diesem Landstrich mit langer Bergbautradition. Am 10. November hatte ich die Gelegenheit, den unmittelbaren Oberlauf des Rio Doce nur wenige Kilometer nördlich von Ponte Nova gemeinsam mit Kollegen von der Universidade Federal de Viçosa (MG) zu besichtigen. Uns bot sich ein Bild heilloser Zerstörung. Der gesamte Fluss war von den ungeheuren Schlammmassen beeinträchtigt. Unheimliche Mengen an mitgeschlepptem Material prägten den fast leuchtend orange gefärbten Strom. Die Uferbänke waren völlig von dem Schlamm aus den Rückhaltebecken überflutet. Am verdächtigen Funkeln in der prallen Mittagssonne war bereits aus erheblicher Entfernung der große Anteil an Eisenerz erkennbar. Als ich mich zur Anfertigung der hier gezeigten Bilder am Ufer bewegte, versank ich relativ unvermittelt bis über die Knöchel im Schlamm – obwohl gar nicht so tief, fiel es mir ausgesprochen schwer, mich wieder zu befreien. Das Substrat war sehr fein und bot enormen Widerstand. Als ich am Abend im Hotel versuchte, meine Schuhe wieder zumindest halbwegs zu reinigen, stellte ich fest, dass sich im Waschbecken recht schnell eine beeindruckende Menge des feinen Erzstaubs abgesetzt hatte. Unter der Bevölkerung hat dieser schreckliche Vorfall bereits mehrere Menschen das Leben gekostet, aber die genaue Zahl der Todesopfer ist noch gar nicht bekannt. Vermutlich sind es mehrere Dutzend. Insgesamt sind etliche Gemeinden in der unmittelbaren Umgebung direkt von der Tragödie betroffen, aber auch die weiter stromabwärts gelegenen Ortschaften müssen nach wie vor um ihre Wasserversorgung fürchten. Hinzu kommen Verluste nicht vorstellbaren Ausmaßes in der Tier- und Pflanzenwelt. Gerade die ökologischen Konsequenzen dieser Katastrophe werden sich in ihrer Gesamtheit wohl erst in einigen Jahren begreifen lassen. Insbesondere für die Fischfauna bleiben die genauen Auswirkungen ungewiss, man muss aber von einem katastrophalen Einbruch ausgehen. Vor allem für viele der bedrohten Endemiten kommt angesichts der Schwere des Zwischenfalls vermutlich jede Hilfe zu spät. Dennoch sind unverzüglich intensive Monitoring- Maßnahmen unerlässlich, um das Geschehene und seine Konsequenzen besser zu verstehen. Zudem gilt es zu retten, was noch zu retten ist. Vor allem muss sichergestellt werden, dass alles darangesetzt wird, dass sich ein solches Ereignis in keinem Fall wiederholt. Das ist besonders elementar, da mehreren Berichten zufolge auch der Damm des dritten Rückhaltebeckens der Mine bei Mariana in einem kritischen Zustand zu sein scheint. Markus Lambertz