Aufgetaucht
Ein Endemit aus Florida: Cambarellus blacki
Die kleinen Krebse der in Mexiko und den USA heimischen Gattung Cambarellus haben gemeinsam, dass sie einerseits nach wie vor sehr beliebt als Pfleglinge, andererseits aber nicht einfach zu bestimmen sind. Man könnte auch sagen: Von nicht vertieft in der Thematik steckenden Laien wie Wissenschaftlern sind sie kaum bis gar nicht unterscheidbar. Jedenfalls gilt das offenbar für einen Großteil der unter verschiedenen Namen gehandelten Arten. Mehr zum Wirrwarr hat Kollege Friedrich Bitter in der AMAZONAS (2020) zusammengefasst.
Aus aquaristischer Sicht hat es für den Hauptanteil der Halterinnen und Halter von Cambarellus sowieso keine Bedeutung, wie es um die Bestimmung und Artzugehörigkeit ihrer Pfleglinge steht. Wer aber tatsächlich eine korrekt bestimmte Art halten und nachzüchten möchte, der muss sich gründlich in die Literatur einlesen, braucht ein Binokular oder kann einen Fachmann bzw. eine Fachfrau bitten, seine Tiere zu untersuchen.
Oder aber, man sucht und erwirbt solche Tiere, bei denen man sicher sein kann, dass der Name auch zutrifft. Das ist der Fall beim „Blacki“, den es schon seit einigen Jahren, aber meines Wissens heutzutage nur von Privatzüchtern und nie im Handel gibt. Cambarellus blacki gehört zweifelsohne zu den selten gepflegten Zwergkrebs-Arten, die Zahl der Halter dürfte überschaubar sein. Der heute vorhandene Bestand geht auf eine Sammeltour vor einigen Jahren im bekannten Verbreitungsgebiet der Art zurück.
Cambarellus blacki stammt aus dem äußersten Westen Floridas und besiedelt dort stehende Gewässer. Im Internet findet man den Trivialnamen „Cypress Crayfish“, das ist wenig präzise, denn weitere Krebsarten kommen ebenfalls in mit Zypressen bestandenen Sümpfen vor. Die wenigen Züchter, die sich der Art annahmen, haben (eingedenk der totalen Vermischung vieler anderer Bestände in der Vergangenheit) sicher darauf geachtet, dass sie diesen Krebs mit bekanntem Herkunftsgebiet artrein erhalten. Somit bietet sich für Interessierte bei dieser Art tatsächlich die Chance, das zu bekommen, „was auch draufsteht“.
Die dunklen Zeichnungselemente von C. blacki zeigen beim genauen Betrachten eine blau-grüne Tönung. Die Intensität der Musterung ist individuell unterschiedlich, so gibt es Exemplare mit wenig Flecken und relativ eintönigem Carapax wie auch Tiere mit sehr kontrastreicher, dichter Zeichnung über den ganzen Körper.
Die Pflegeanforderungen sind analog zu denen der anderen Cambarellus-Arten. Es reichen ein kleines, versteckreich eingerichtetes Becken (für ein Paar 25 l Inhalt), eine nicht zu hohe Wassertemperatur (17–25 ºC) und Leitungswasser, das wirklich garantiert frei von Kupfer ist. Letzteres muss extra deutlich betont werden!
Als Futter kann hauptsächlich totes und verrottendes, pflanzliches Material dienen, gelegentlich ergänzt durch Granulat oder Tabletten. Zwergkrebse sind genügsam und wenig aufwendig in der Pflege, immer nett anzusehen und sogar halbwegs vergesellschaftungsfähig mit kleineren Fischen. Es gibt die Art jedoch wie gesagt nur von spezialisierten Krebszüchtern – die wiederum findet man auf manchen Messen und Aquarienbörsen.
von Sebastian Wolf
Epiplatys ansorgii
Viele der allerschönsten Eierlegenden Zahnkarpfen sind nie im Handel, sondern ausschließlich von Privatzüchtern zu bekommen. Der hier gezeigte Hechtling, den ich unlängst zufällig wieder einmal auf einer Aquarienbörse entdeckte, gehört ebenfalls dazu. Epiplatys ansorgii ist ein „älteres“ Taxon (beschrieben 1911) und stammt aus dem westlichen Gabun. Die Population, aus der die Exemplare auf den Bildern stammen, ist unter der Bezeichnung „Massana GJS 00/2“ verbreitet (das Buchstabenkürzel nennt die Fänger, die Zahl vor dem Schrägstrich das Jahr der Einfuhr, die Zahl danach den Fundort innerhalb der besuchten Biotope jener Exkursion). Laut Killifisch-Freunden liegt der Fangort eben dieser Form nicht weit von der Typuslokalität von E. ansorgii.
Der Hechtling von Massana wird recht groß, die Männchen 7 cm, und erweist sich als unkompliziert in der Pflege – nicht zu hohe Temperaturen, gerne neben Trockenfutter auch Anflugnahrung, außerdem viel Sichtschutz durch Pflanzen. Die Inkubation gelang mir auch im mit etwas Regenwasser verschnittenen mittelharten Leitungswasser in kleinen Schalen, bei Zimmertemperatur dauert es bis zum Schlupf mindestens zwei Wochen.
Die Larven sind recht groß und in der Ernährung und Aufzucht ebenfalls einfach, es braucht jedoch einige Monate, bis sie beginnen, die schöne Färbung der Adulten zu entwickeln. Die großen Männchen faszinieren durch die stahlblauen Körperseiten im Kontrast mit dunkelroten, zu Linien angeordneten Tüpfeln, die Flossen können kräftig gelb-orange werden. Weibchen fehlen das irisierende Blau und die Farbenpracht der Flossen, dadurch sind sie im Unterwasserdickicht bestens getarnt. Eine Art in meisterhafter Farbkomposition, unter Killifisch-Spezialisten halbwegs gut verbreitet, im Handel würden sie bestimmt auch ihre Abnehmer finden. In solchen Fällen liegt das Problem der Nichtverfügbarkeit meist eher darin, dass sich solche Arten nicht annähernd produktiv vermehren lassen.
Text und Fotos von Sebastian Wolf
Über kreative Handelsnamen bei Tylomelania: Ein „neuer“ Donnerkeil und ein Kaiser
Die Diversität der in den Flüssen und Seen Sulawesis endemischen Tylomelania spp. bringt ein Problem mit sich – die Bestimmung ist oft schwierig bis unmöglich. Bei den unter dem Kunstnamen Tylomelania sp. „Flashlight“ eingeführten Tieren vermutet man eine Zugehörigkeit zu den Flussbewohnern, die schon lange als Tylomelania perfecta im Handel sind. Diese laufen oft auch unter dem Trivialnamen Tylomelania „Donnerkeil“, in Anspielung auf das mehr oder weniger stark kalzifizierte Gehäuse – das aber nur bei Wildfängen so auftritt (bei lange gehaltenen Importtieren kann die Ummantelung bröckeln, bei Nachzuchten ist sie nicht vorhanden). Die Zuordnung der „Aquarien-perfecta“ sollte aber vielleicht einmal hinterfragt werden – die im Hobby verbreiteten Exemplare ähneln zumindest hinsichtlich ihres glatten Gehäuses eher T. wallacei. Dagegen ist die „echte“ T. perfecta auffällig skulpturiert (siehe auch die Grafik S. 184 bei Glaubrecht & von Rintelen 2008).
Wie auch immer – die hier abgebildeten Tylomelania sp. „Flashlight“ teilen mit den T. perfecta („ex Handel“) ein verkalktes Gehäuse und kommen wie diese mit niedrigeren Temperaturen (23 °C) zurecht. Ein verendetes Weibchen enthielt insgesamt sechs Embryonen unterschiedlicher Größe. Der anthrazitfarbene Weichkörper ist mit hellbraunen Flecken verziert. Wie der Handelsname entstand, entzieht sich meiner Kenntnis.
Bei einer als Tylomelania sp. „Nero“ angebotenen Art besitzt das Gehäuse keine Patina aus Kalk. Auch die Skulpturierung ist eine andere: Die (individuell verschieden prägnant) hervorstehenden Knötchen auf den Rippen erinnern etwas an T. celebicola und machen sie recht attraktiv. Vielleicht war des Kaisers Krone der Anreiz für den Handelsnamen? Bei 25 °C halten sich die Tiere gut – sind nachts jedoch aktiver als tagsbüber – und es werden regelmäßig Jungtiere abgesetzt. „Tylos“ sind spannende Mollusken, nur die Zuordnung ist ein heilloses Wirrwarr.
Text und Fotos von Sebastian Wolf
Literatur
Glaubrecht, M. & T. von Rintelen (2008): The Species Flocks of Lacustrine Gastropods: Tylomelania on Sulawesi as Models in Speciation and Adaptive Radiation. – Hydrobiologia, 615: 181–199.
Sebastian Wolf
Girardinus uninotatus
Aus taxonomischer wie aquaristischer Sicht ist diese Art ein Methusalem. Bereits 1860 wurde sie formell beschrieben, unter ihrem heute noch gültigen Namen. Die Gattung Girardinus ist endemisch für Kuba, G. uninotatus kommt nur im westlichen Teil des Landes vor, in der von einem langen Gebirgszug geprägten westlichsten Provinz Pinar del Río.
Der Erstimport erfolgte laut Aquarienatlas (3) im Jahre 1900 durch Nachzuchten aus den USA. Ein aquaristisches Urgestein also, jedoch eines, das recht wenig und vornehmlich den Haltern von Lebendgebärenden bekannt ist. Dabei ist die Art lange nicht so unscheinbar, wie es die Abbildungen gemeinhin vermuten lassen! Das hier gezeigte Foto entstand wenige Stunden nach dem Erwerb, die Tiere hatten sich da bereits eingelebt und brillierten mit einem quittengelben Körper. Beide Geschlechter zeigen diese Färbung, die zudem mit den silbrig blauen Augen und dem namengebenden schwarzen Fleck kontrastiert. Letzterer fällt individuell recht unterschiedlich aus und kann nur als kleiner Punkt oder auch als lang gezogenes Zeichnungselement (wie auf dem Bild in der Form eines gespiegelten „L“) sichtbar sein. Die Schwanzflosse und der Rand der Rückenflosse sind bläulich weiß angehaucht. Eine Art der Kategorie „Pastell-Fischlein“, die besonders schön bei nicht zu knapper Beleuchtung und einer dichten Bepflanzung im hinteren Bereich zur Geltung kommt.
Sie gedeiht bei Zimmertemperatur und benötigt wie viele Poeciliiden sauberes, unbelastetes und gut gefiltertes Wasser. Ich pflege sie zusammen mit einer Gruppe Perugia-Kärpflinge sowie Schwertträgern. Die Art ist absolut friedlich, aber recht lebhaft. Als Gesamtlängen werden für Männchen bis zu 5, für Weibchen bis zu 8 cm angegeben, das Aquarium sollte also nicht zu klein ausfallen.
Bei der Fortpflanzung geht es schnell und ohne viel Vorlauf zur Sache: Die Männchen machen sich nicht die Mühe einer Balz, wie wir sie von vielen anderen Lebendgebärenden wie z. B. Guppys kennen. Die Annäherung und die erzwungene (man könnte auch sagen: erschlichene) Kopulation erfolgen abrupt. Es sieht recht eindrucksvoll aus, wenn die Herren der Schöpfung ihr gattungstypisch langes Gonopodium vorstrecken, wieder zurücklegen und dabei zudem noch äußerst wendig um die Weibchen herummanövrieren – langweilig wird es nie, ein Aquarium mit solch seltenen Zahnkarpfen.
Sebastian Wolf
Nannostomus sp. „Cenepa Super Red“ und „Super Red“
Seit wenigen Wochen kursieren Bilder von knallroten Nannostomus, die geradezu unnatürlich bunt erscheinen. Es handelt sich dabei aber tatsächlich um Wildformen aus Peru, die dem dort ebenfalls vorkommenden Nannostomus rubrocaudatus (dem „Purple“) sehr nahestehen oder sogar mit ihm identisch sind. Wie dieser haben die Neuheiten einen markanten schwarzen Fleck im unteren Schwanzflossenlappen, ein Merkmal, das anderen Zwergziersalmlern des Formenkreises um N. marginatus und N. mortenthaleri fehlt.
Bei den Neuheiten handelt es sich um zwei Formen: Die eine wird „Cenepa Super Red“ genannt. Ihr genauer Fundort ist noch unbekannt. Ob sich die Handelsbezeichnung „Cenepa“ auf den gleichnamigen Fluss im Norden Perus bezieht, der streckenweise die Grenze zwischen Ekuador und Peru bildet und dem Marañón (dem Oberlauf des Amazonas) zufließt, wissen wir nicht, es erscheint aber wahrscheinlich. Diese Tiere haben einen tiefschwarzen Balken über den Rücken und entlang der Bauchkante, die Flossen sind transparent oder weißlich. Zunächst wurden sie nach Hongkong exportiert, Anfang September konnte auch Aquarium Glaser eine gewisse Stückzahl importieren und erhielt sowohl tiefrote wie auch blassrosa Exemplare. Ob es sich bei den blassrosa Tieren um Weibchen oder unausgefärbte Männchen handelt, ist aktuell kaum zu sagen. Normalerweise unterscheiden sich bei Nannostomus die Geschlechter durch Form und Färbung der Afterflosse. Hier sind bei den roten und bei den blassrosa „Cenepa Super Red“ kaum Unterschiede feststellbar.
Beim besser bekannten N. rubrocaudatus liegen die Dinge übrigens ähnlich: Männchen können, müssen sich aber nicht rot färben. Sicher sind alle tiefroten Tiere Männchen, aber längst nicht alle hellen Exemplare Weibchen. Glücklicherweise sind bei N. rubrocaudatus aber deutliche Geschlechtsunterschiede in der Afterflossenform und -färbung zu erkennen.
Die zweite neue Form, von der wir hier Bilder zeigen können, stammt aus dem Río Amaya in Peru. Diese Information verdanken wir Oliver Lucanus, der die Fänger vor Ort besuchte. Herzlichen Dank hierfür! Dieser Nannostomus wird, obwohl ein Fundort bekannt ist, im Handel zurzeit lediglich als „Super Red“ bezeichnet. In den ersten Importen, die ich sichten konnte, waren alle (80) Fische extrem rot, nur bei manchen waren der Kopf und das vordere Körperfünftel hell. Ob es sich dabei um einen Geschlechtsunterschied oder um eine Varianz in der Färbung der Männchen handelt, wissen wir noch nicht. An anderer Stelle wurden Weibchen mitgeliefert, die sich äußerlich nicht von N.-rubrocaudatus-Weibchen unterscheiden und von weißlicher Grundfärbung sind. Wir können nicht entscheiden, ob es sich dabei um echte Weibchen des Nannostomus sp. „Super Red“ handelt oder ob die Exporteure dem Wunsch nach Weibchen bei ihren Kunden in Europa, Asien und Amerika einfach dadurch entsprachen, dass sie Weibchen von N. rubrocaudatus mitlieferten. Nach Meinung von O. Lucanus sind die Weibchen des „Super Red“ lediglich blasser rot gefärbt, gleichen aber sonst den Männchen. Wie gesagt, wir wissen es nicht.
Auf jeden Fall handelt es sich bei Nannostomus sp. „Cenepa Super Red“ und Nannostomus sp. „Super Red“ um wunderschöne Fische, die sicher begeistert von der Gemeinschaft der Aquarienliebhaber aufgenommen werden.
Abschließend soll noch eine dritte von Aquarium Glaser neu importierte Nannostomus-Form Erwähnung finden, die unter der Bezeichnung Nannostomus sp. „Ceara Red“ aus Brasilien exportiert wird. Ceara ist ein brasilianischer Bundesstaat. Beim „Ceara Red“ handelt es sich nicht um einen Fisch aus dem erweiterten Formenkreis von N. marginatus, sondern um eine Form aus dem Artenkreis von N. beckfordi. Der „echte“ N. beckfordi stammt aus Guyana und steht im Hobby kaum zur Verfügung, weil aus Kostengründen aus Guyana so gut wie keine Exporte erfolgen und die dort vorkommenden Längsband-Ziersalmler im Vergleich zum fast immer im Handel befindlichen N. beckfordi (sie stammen als Nachzuchten gewöhnlich aus Indonesien) farblich sehr blass sind. In älterer Aquarien-Literatur wird dieser „echte“ N. beckfordi aus Guyana als „Gold-Anomalus“ oder auch als N. anomalus bezeichnet. Nannostomus anomalus und N. beckfordi gelten aber aktuell als Synonyme zueinander. Der gezüchtete N. beckfordi und auch der „Ceara Red“ haben hingegen einen hohen Rotanteil in der Färbung und wurden im Hobby früher als N. aripirangensis bezeichnet, ein weiteres Synonym zu N. beckfordi.
Frank Schäfer