Buchbesprechungen
„Lebendfutter selber züchten“ (Walter Wiest & Stefan Greff 2024)
Natur und Tier - Verlag, 200 S.; Hardcover; durchgehend farbig bebildert; ISBN 978-3-86659-520-0; 34,80 Euro
"Na endlich!“, war mein erster Gedanke, als ich erfuhr, dass gerade ein umfangreiches Buch über Lebendfutter erschienen ist. Schließlich ist sämtliche erhältliche Literatur zu diesem Thema (z. B. Bremer oder Friederich & Volland) stark in die Jahre gekommen. Selbst international bleibt mit den beiden umfassenden Standardwerken von Hellweg oder Masters die Auswahl an Titeln über Futtertiere sehr überschaubar und antiquiert. Das neu erschienene Buch „Lebendfutter selber züchten“ legt die Messlatte somit recht hoch – mit einem Umfang von exakt 200 Seiten ist es kein Leichtgewicht und erzeugt damit bereits eine gewisse Erwartungshaltung. Ich war gespannt, ob es den beiden Autoren, die in der Szene keine Unbekannten sind und über langjährige Erfahrungen in der Lebendfutterzucht verfügen, gelingen würde, meinen hohen Ansprüchen gerecht zu werden.
Bereits das erste Durchblättern macht Freude, da es gelungen ist, viele hervorragende Bilder unterschiedlichster Autoren zusammenzutragen. Zugegeben, ich bin sehr ehrgeizig, was die Qualität eigener Fotografien betrifft, war aber positiv überrascht, dass sich im Buch brillante Porträtaufnahmen von Futtertieren, detailreiche Aktionsfotos und hochwertige Makro-/Mikrofotos nahtlos aneinanderreihen. Der Blick bleibt an einer Vielzahl von Eyecatchern hängen, so etwa einem von seinem Artgenossen mit aufgerissenen Augen neugierig inspizierten Frosch, weil diesem eine verlockende Fliege direkt auf dem Kopf sitzt, oder dem Pantherchamäleon, dem eine gerade geschnappte Wanderheuschrecke noch halb aus dem Maul hängt.
Spektakuläre Abbildungen von Aquarien- oder Terrarientieren während des Fressvorgangs, etwa der Fischlarve, die Rettichtierchen jagt, weiß meist nur der zu schätzen, der selber beispielsweise einmal versucht hat, einen Fisch zu fotografieren, der gerade einen Wasserfloh erbeutet. Die Aufzählung herausragender Aufnahmen ließe sich hier beliebig erweitern. Zusätzliche Abbildungen zu den im Text ausführlich beschriebenen Do-it-yourself-Methoden (z. B. Bau von Kulturbehältern) helfen, sich in die teils spitzfindig ausgearbeiteten, aber praxistauglichen Lösungen hineinzudenken und bei Bedarf selber nachzubauen.
Neben den auch für Ungeübte leicht umsetzbaren Zuchten von Fruchtfliegen, Enchyträen, Blattläusen oder Essig-/Mikroälchen beschreiben die Autoren auch komplexere Aufbauten, die mehr Erfahrung und vor allem Arbeitsaufwand bei der Realisierung verlangen. So lassen sich beispielsweise mit der „Vielwassermethode“ auch in kleineren Wohnungen geringe Mengen an „Microfex“-Würmern mit wenig Pflegeaufwand und geruchsfrei züchten.
Im vorderen Bereich des Buches platzierte Ratschläge („Handwerkliches Geschick“) helfen sowohl erfahrenen Tüftlern als auch eher ungeübten Hobbybastlern, die sich bisher noch vom Gebrauch von Teppichmessern abschrecken ließen. So erfahren wir z. B., wie sich Plexiglas schneiden lässt, ohne dass es reißt, oder wie wir mit wenig Aufwand ein ganzes Set an Planktonsieben basteln können, mit dem sich Futtertiere unterschiedlicher Größe problemlos aussortieren lassen. Außerdem gehen die Autoren ausführlich auf einen aus meiner Sicht äußerst wichtigen Aspekt bei der Kultivierung von Futtertieren ein, das „Gutloading“.
Ab S. 32 geht es dann so richtig los, hier folgen Porträts von mehr als 60 Tierarten, die sich als vivaristisches Lebendfutter eignen. Den von mir verwendeten Begriff „Arten“ darf man nicht wörtlich nehmen, da einige der vorgestellten Tiere taxonomisch schwer bis unmöglich zu bestimmende Arten bzw. -komplexe darstellen, z. B. Mikrowürmchen oder Springschwänze. Dieses Sortiment umfasst dabei echte Winzlinge wie Räder- oder Trompetentierchen, größere Arten wie etwa Milchkrautwanzen, Asseln oder „Microfex“ und findet mit den bis 9 cm großen Wüsten- und Wanderheuschrecken ihre größten Vertreter.
Die sehr umfassende Aufzählung von Futtertieren trägt dazu bei, dass sowohl Aquarianer als auch Terrarianer im Buch eine Vielzahl geeigneter Arten finden. Den Autoren sind das Praxiswissen und die Liebe zum Hobby anzumerken, denn zu den meisten Tierarten findet sich eine Fülle an innovativen Ideen, Tricks und Anregungen, darunter auch simplere Techniken, etwa die Kultur von Mikrowürmchen im Einmachglas oder die Dauerzucht von Enchyträen auf Seramis. Diese ausführliche Auflistung finde ich extrem wichtig, da das Buch damit nicht nur ambitionierte Züchter anspricht, die über ausreichend Platz, Zeit und verständnisvolle Familienmitglieder verfügen, um beispielsweise zu Hause Nacktschnecken, Grillen oder Schaben zu vermehren. Es richtet sich ebenso an berufstätige Hobbyaquarianer, die ihre Fische beispielsweise nur ab und zu mit lebenden Wasserflöhen oder Fruchtfliegen verwöhnen wollen oder für eine unerwartete Fischbrut rasch ein mikroskopisch kleines Erstfutter benötigen.
Das Inhaltsverzeichnis bietet eine schnelle Übersicht und stellt die insgesamt sehr ausgewogene Auswahl an Futtertieren klar gegliedert dar: Insekten, Würmer, Krebstiere, Schnecken und Kleinstlebewesen, jeweils übersichtlich aufgefächert in die einzeln vorgestellten Tierarten. Darunter finden wir selbstverständlich auch die etwas „moderneren“, die in den älteren Standardwerken noch fehlten, z. B. Soldatenfliegen, Milchkrautwanzen oder unterschiedliche Fruchtfliegen-Stämme.
Als sehr hilfreich empfinde ich, dass die Autoren die enorme Vielzahl an Informationen klar strukturiert haben. Einerseits erhalten wir eine schnelle Übersicht über das Futtertier, andererseits lassen sich unterschiedliche Tiere leichter miteinander vergleichen. So finden wir neben einer biologischen Beschreibung (z. B. Größe, Vorkommen, Temperaturansprüche, Ernährung) auch Hinweise, für welche Heimtiere sich dieses Futter überhaupt eignet, mit welchen Hilfsmitteln sich die Spezies leicht halten bzw. vermehren lässt sowie ihre Ernährungsgewohnheiten. Im Abschnitt „Pflegeaufwand“ bekommen wir wertvolle Tipps, wie sich die Kulturen mit möglichst wenig Anstrengung effektiv betreiben lassen, und können abschätzen, ob sich eine solche Futterzucht generell für uns eignet.
Enorm wertvolle Hinweise finden sich jeweils auch unter den Überbegriffen „Reinigung vor dem Verfüttern“ und „Entnahme“: Was bei Würmern vielleicht noch einfach erscheinen mag, kann bereits bei Blattläusen oder Fruchtfliegen für Verzweiflung sorgen. Wer einmal versucht hat, ein paar Springschwänze einzufangen oder mikroskopisch kleine Essigälchen aus dem Wasser sammeln will, ist sicherlich für die aufgelisteten Ideen dankbar.
Unter „Besonderheiten“ finden sich viele zusätzliche hilfreiche Hinweise und Anregungen, welche die Autoren dank langjähriger Erfahrung mit den einzelnen Futtertieren geben können. Wussten Sie, dass sich Mehlwurmkot hervorragend eignet, um schwächelnde Enchyträen-Kulturen wieder auf Vordermann zu bringen?
Wertvoll und aus meiner Sicht unverzichtbar sind sowohl das vorgenommene Ranking des Schwierigkeitsgrades der Zucht (1–3) als auch die unter dem Begriff „Pestrisiko“ (also Schädlinge) erwähnten Hinweise, welche Gefahren wir uns mit einer Zucht jedes einzelnen Futtertiers ins Haus holen. Denn neben den bereits mit einem schlechten Ruf versehenen Schaben finden sich in der Auflistung außer echten Schädlingen wie Wachsmotten oder Heimchen auch Tiere, die zwar keinen Schaden anrichten, die man aber dennoch nicht im Übermaß zu Hause haben möchte („Lästlinge“), wie Ofenfischchen, Stechmücken oder Asseln. Dieser Punkt sollte nicht bagatellisiert werden, denn es wäre nicht das erste Mal, dass sich eine ehemals harmlose Futterkultur zum Problemfall für die Wohnung oder die Nachbarschaft entwickelt. Selbst ungefährlich erscheinende Hausgrillen (Heimchen) können sich unter optimalen Bedingungen massenhaft vermehren und treten dann als Hygiene- (Krankheitskeime) wie auch Materialschädling (Möbel) auf. Sie lassen sich meist nur mit Hilfe eines Kammerjägers wieder entfernen.
Jedem Futtertier ist ein aus meiner Sicht ausreichendes Literaturverzeichnis beigefügt. Dabei wurde besonders Wert darauf gelegt, dass die gelisteten Literaturquellen meist kostenfrei im Internet bzw. (bei umfangreicheren Magazinen) gegen einen geringen Obolus vom jeweiligen Verlag erhältlich und, so weit möglich, in deutscher Sprache verfasst sind. Wer sich umfassender mit einem bestimmten Futtertier beschäftigen und nicht mit englischsprachigen Forschungsarbeiten herumschlagen will, weiß die komprimierten Informationen im Buch sicherlich zu schätzen. Soweit benötigt, kann sich dann jeder gerne tiefer in die Materie einarbeiten.
Selbst wenn ich gelegentlich als strenger Kritiker gelte: Aus fachlicher Sicht gibt es am Buch absolut nichts zu bemäkeln. Nährwertangaben zu einzelnen Gruppen findet man in einer den Porträts vorangestellten Tabelle. Artbezogene und umfassendere Hinweise zu den einzelnen Futtertieren wären eventuell vorteilhafter gewesen, hätten jedoch m. E. den bereits beträchtlichen Umfang des Buches gesprengt. Alternativ kann man für solche Angaben auf die von den Autoren zitierten Literaturquellen zurückgreifen.
Alles in allem habe ich hier ein praxistaugliches und interessantes Nachschlagewerk vorgefunden, das für kurzweiliges Lesevergnügen sorgt und in dem selbst „erfahrene Hasen“ gerne blättern und sich zum Basteln animieren lassen.
Text und Fotos von
Roland Schreiber
Für unterwegs
Düll, Ruprecht & Düll-Wunder, Barbara (2023): Feldbestimmungsschlüssel für die Moose Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. – Quelle & Meyer, 64 S; ISBN 978-3-494-01967-3; 14,95 € (D)
Moose sind ein wichtiger Teil der Bepflanzung von Aquarien und Terrarien. Wenngleich die heimische Diversität zur rein submersen Begrünung nicht allzu viel Auswahl bietet, eignen sich an Land oder im Halbfeuchten gedeihende Laub-, Leber- oder Hornmoose durchaus für eine Vielzahl an Terrarien oder Paludarien in Haus und Garten.
Für diejenigen, die sich in ihrer Umwelt vor der eigenen Türe nach Moosen umsehen möchten, stellt sich immer auch die Frage nach der Zuordnung und Eignung – z. B. hinsichtlich des Feuchtigkeitsbedarfs. Der neue Feldbestimmungsschlüssel stellt einen Auszug des Bestimmungsschlüssels aus dem im selben Verlag erschienenen Werk „Die Moose Mitteleuropas“ dar, mit dem unter Zuhilfenahme einer Lupe sämtliche bei uns vorkommenden Gattungen und viele Arten bestimmt werden können. Wobei bereits vorhandenes Wissen, insbesondere hinsichtlich der Terminologie, notwendig sein dürfte.
Darüber hinaus ist auch mit diesem reinen Bestimmungsschlüssel (der keinerlei Bilder enthält) ein Praxisnutzen aus vivaristischer Perspektive vorhanden, denn es finden sich jeweils Angaben zu den Standorten, etwa „schattig feuchte Plätze“, „nur in Mooren“ etc., und zu den bevorzugten Höhenlagen. Somit kann man die gefundenen Moose, wenn bestimmbar, auch gemäß ihrer Eignung einschätzen. Für diejenigen, die ernsthaft nach Kandidaten zur Vivarien-Bepflanzung suchen, kann das nützlich sein. Und zwar direkt vor Ort, denn das Büchlein passt in wirklich jede Tasche. Wichtig ist natürlich, eventuell bestehende Schutzbestimmungen zu respektieren.
Sebastian Wolf
Geschichten und Gefühle
Crump, Martha L. (2024): Lost Frogs & Hot Snakes: Herpetologists’ Tales from the Field. – Comstock Publishing Associates, Ithaca, NY, 320 S.; ISBN-10: 1501774484; 12,67 Euro (E-Book) bzw. 26,15 Euro (Taschenbuch).
Die amerikanische Ökologin und Herpetologin Martha L. Crump verfasste bereits interessante Werke zum Thema Herpetologie (besonders empfehlenswert: „In Search of the Golden Frog“). Dabei richtete sie sich nicht nur an spezialisierte Akademiker. Das gilt auch für ihr neues Buch „Lost Frogs & Hot Snakes“, in dem sie als Herausgeberin wirkt und die mehr oder minder abenteuerlichen Erlebnisse von insgesamt 49 Herpetologinnen und Herpetologen zusammengetragen hat. Namen von Rang sind dabei – Indraneil Das, Jodi Rowley, Aaron Bauer, William Lamar, Kate Jackson oder Dante Fenolio, um wenige zu nennen. Hinter jedem Namen steht eine Geschichte aus dem Feld, und den Protagonisten, also den Amphibien und Reptilien, deretwegen die Leute in Wald, Gebirge und Wüste unterwegs sind, wird inhaltlich durchaus Platz eingeräumt. Die Herpetofauna-Mischung ist bunt, Schlangen, Frösche, Echsen etc. Rein technisch ein diverses Werk.
Grundsätzlich hinterlässt es einen positiven Eindruck, wenngleich mit gemischtem Beigeschmack. Dafür gibt es drei Gründe, die nach und nach auffallen. Ein Großteil der Geschichten spielt auf dem amerikanischen Kontinent, während Asien und Ozeanien im Vergleich deutlich schwächer vertreten sind und Afrika sowie Europa nur marginal auftauchen. Zudem hängt es von den jeweiligen Wissenschaftlern ab, wie gut die Geschichten sind. Und leider driften so manche in die Beschreibung eigener Gefühlsregungen ab. Tut mir leid, aber in Zeiten, in denen selbst Politiker und Fußballtrainer in Interviews gefragt werden, wie sie sich „fühlen“, will ich nicht auch noch das Innenleben von Wissenschaftlern erkunden. Ergo: Nicht jedes Gefühl taugt zur Geschichte, nicht jede Geschichte zum veröffentlichten Abenteuer.
Sebastian Wolf
Sri Lankas Gewässer
Rohan Pethiyagoda & Hiranya Sudasinghe (2021): The Ecology and Biogeography of Sri Lanka: A Context for Freshwater Fishes. – WHT Publications (Private) Limited, Colombo. xiv+258 S. Kostenloser Download auf researchgate.net.
Das bereits 2021 veröffentlichte Buch wurde von Autoren und Verlag nun auch zur kostenlosen Nutzung bereitgestellt (dafür können Sie den abgebildeten QR-Code nutzen). Wenngleich der Fokus auf den Fischen liegt, findet sich eine Vielzahl an Informationen zu anderen Organismen in diesem Referenzwerk, das nicht ausschließlich Wissenschaftler als Zielgruppe hat, sondern an alle naturkundlich Interessierte adressiert ist. Zunächst werden Entstehungsgeschichte, Geologie, Klima, Vegetation und Biogeografie umfassend, aber gleichzeitig gut nachvollziehbar behandelt, und die Fülle an Informationen zu den Kernthemen Diversität, Verbreitung und Ökologie der Süßwasserfische ist überwältigend.
Auch der interessierte Aquarianer kann diesem Übersichtswerk eine Menge an Informationen entnehmen, wenn er nur bereit ist, sich etwas einzuarbeiten. Einige Arten Sri Lankas sind als Aquarienfische überaus beliebt, andere sind wieder aus dem Angebot verschwunden, was vor allem mit einem absolut restriktiven Ausfuhrverbot zusammenhängt.
Die Gestaltung empfinde ich über das ganze Buch hinweg als sehr gelungen. Karten sowie Grafiken sind gut lesbar, die Bilder (auch die Unterwasseraufnahmen) von hoher Qualität. Eingestreut zwischen den Kapiteln wurden Supplemente (in Form von Kurzartikeln), das lockert dieses doch umfangreiche Werk zusätzlich auf. Das Literaturverzeichnis am Ende ist in der Ausführlichkeit sicher einmalig. Ein fantastisches Buch, das wärmstens empfohlen werden kann!
Sebastian Wolf
Die Garnelen-Lücke wird kleiner
Requena, José María, Werner Klotz & Neli Martín (2020): Garnelen im Aquarium. Das Handbuch. – Dähne Verlag GmbH, Ettlingen; 343 S.; Klappenbroschur; ISBN: 978-3-944821-54-2
Süßwasser-Garnelen starteten in der Aquaristik richtig durch, als das Internet für den Großteil der Hobbyhalter so langsam zur meistgenutzten Informationsquelle wurde. Eins plus eins ist immer noch zwei, und so findet sich zu den kleinen Krebsen nur wenig populärwissenschaftliche Literatur in gedruckter Form. Natürlich gibt es diverse Buchtitel, deren Anzahl ist jedoch außerdordentlich gering, wenn man die enorme Beliebtheit der kleinen Wirbellosen gegenüberstellt. Die auf letztere Gruppe ausgerichtete Zeitschrift Caridina kommt dem Informationsbedarf nach – wie für alle Zeitschriften im Vivaristik-Segment gilt aber, dass man, um z. B. möglichst viele veröffentlichte Beiträge zu einem Thema (einer Art, Gattung etc.) zu sammeln, einige Recherche betreiben muss. Das kann mühsam sein, Zeit benötigt es auch.
„Garnelen im Aquarium“, das bereits 2020 erschien (und hier aufgrund des Titelthemas noch „nachgereicht“ werden soll), ist damit automatisch von einiger Relevanz. Die Aufgabe: eine Lücke füllen, also den Mangel an aggregiertem und in eine Publikation gestecktem Wissen über Süßwassergarnelen kompensieren. Das gelingt in diesem Werk auch absolut überzeugend. Den größten Teil nehmen die Art- bzw. Gattungskapitel ein – so ziemlich alles, was aquaristisch von Bedeutung ist, wird hier vorgestellt, zumindest in Bezug auf die Zwerggarnelen (Caridina und Neocaridina). Zentrales Element ist immer die Frage, zu welcher Art (sofern beschrieben) die im Hobby bekannten und beliebten Vertreter gehören. Hier hat sich über die Jahre doch einiges geändert. Besonders gelungen finde ich die Hinweise, welche Varianten denn nun auf Wildformen zurückgehen und welche auf Selektionszucht beruhen oder gar Hybriden darstellen. Diese Klarheit ist bei dem diffusen Informationsangebot elementar wichtig – vielleicht alleine schon deshalb, da einige der beliebtesten Arten hochgradig in ihren natürlichen Beständen bedroht sind. Auch die Hochzucht wird vorgestellt, und hier dürfte vieles nach dem Lesen klarer werden. Selbst allerlei eher selten gehaltene Arten finden Erwähnung, auch solche, die noch nicht lange in der Szene vertreten sind. Der allgemeine Teil ist vergleichsweise kürzer, der Wasserchemie wird dabei allerdings recht viel Raum bereitgestellt. Die Möglichkeiten der Wasseraufbereitung finden bedauerlicherweise nur am Rande Erwähnung, auch wenn es sich angeboten hätte, die verschiedenen aquaristisch angewandten Methoden der Aufbereitung gesondert zu erläutern. Denn nichts wird derart kontrovers diskutiert wie das richtige Wasser für die kleinen Krabbler. Sehr gut ist: garnelen-toxische Konzentrationen von Ammonium, Nitrit, Kupfer und Co werden dezidiert genannt. Auch die häufigsten Infektionen, Parasiten und Behandlungsmöglichkeiten (bei Garnelen leider eng begrenzt) werden am Buchende erwähnt. Im Grunde ist alles dabei, den Hauptteil stellen aber ganz klar die Artvorstellungen dar.
So lässt sich festhalten: ein ausgezeichnetes Werk, informationsdicht und qualitativ hochwertig bebildert. Auch Fortgeschrittene werden gut versorgt und Neulinge nicht ausgeschlossen, und wer noch keinerlei Faible für Garnelen verspürte, lässt sich bei der Ansicht vielleicht doch noch umstimmen. Wenn dies der Gegenpol zum digitalen Informationsangebot ist, dann gilt: Wer braucht schon Internet?
Sebastian Wolf