Buchbesprechungen
Die Garnelen-Lücke wird kleiner
Requena, José María, Werner Klotz & Neli Martín (2020): Garnelen im Aquarium. Das Handbuch. – Dähne Verlag GmbH, Ettlingen; 343 S.; Klappenbroschur; ISBN: 978-3-944821-54-2
Süßwasser-Garnelen starteten in der Aquaristik richtig durch, als das Internet für den Großteil der Hobbyhalter so langsam zur meistgenutzten Informationsquelle wurde. Eins plus eins ist immer noch zwei, und so findet sich zu den kleinen Krebsen nur wenig populärwissenschaftliche Literatur in gedruckter Form. Natürlich gibt es diverse Buchtitel, deren Anzahl ist jedoch außerdordentlich gering, wenn man die enorme Beliebtheit der kleinen Wirbellosen gegenüberstellt. Die auf letztere Gruppe ausgerichtete Zeitschrift Caridina kommt dem Informationsbedarf nach – wie für alle Zeitschriften im Vivaristik-Segment gilt aber, dass man, um z. B. möglichst viele veröffentlichte Beiträge zu einem Thema (einer Art, Gattung etc.) zu sammeln, einige Recherche betreiben muss. Das kann mühsam sein, Zeit benötigt es auch.
„Garnelen im Aquarium“, das bereits 2020 erschien (und hier aufgrund des Titelthemas noch „nachgereicht“ werden soll), ist damit automatisch von einiger Relevanz. Die Aufgabe: eine Lücke füllen, also den Mangel an aggregiertem und in eine Publikation gestecktem Wissen über Süßwassergarnelen kompensieren. Das gelingt in diesem Werk auch absolut überzeugend. Den größten Teil nehmen die Art- bzw. Gattungskapitel ein – so ziemlich alles, was aquaristisch von Bedeutung ist, wird hier vorgestellt, zumindest in Bezug auf die Zwerggarnelen (Caridina und Neocaridina). Zentrales Element ist immer die Frage, zu welcher Art (sofern beschrieben) die im Hobby bekannten und beliebten Vertreter gehören. Hier hat sich über die Jahre doch einiges geändert. Besonders gelungen finde ich die Hinweise, welche Varianten denn nun auf Wildformen zurückgehen und welche auf Selektionszucht beruhen oder gar Hybriden darstellen. Diese Klarheit ist bei dem diffusen Informationsangebot elementar wichtig – vielleicht alleine schon deshalb, da einige der beliebtesten Arten hochgradig in ihren natürlichen Beständen bedroht sind. Auch die Hochzucht wird vorgestellt, und hier dürfte vieles nach dem Lesen klarer werden. Selbst allerlei eher selten gehaltene Arten finden Erwähnung, auch solche, die noch nicht lange in der Szene vertreten sind. Der allgemeine Teil ist vergleichsweise kürzer, der Wasserchemie wird dabei allerdings recht viel Raum bereitgestellt. Die Möglichkeiten der Wasseraufbereitung finden bedauerlicherweise nur am Rande Erwähnung, auch wenn es sich angeboten hätte, die verschiedenen aquaristisch angewandten Methoden der Aufbereitung gesondert zu erläutern. Denn nichts wird derart kontrovers diskutiert wie das richtige Wasser für die kleinen Krabbler. Sehr gut ist: garnelen-toxische Konzentrationen von Ammonium, Nitrit, Kupfer und Co werden dezidiert genannt. Auch die häufigsten Infektionen, Parasiten und Behandlungsmöglichkeiten (bei Garnelen leider eng begrenzt) werden am Buchende erwähnt. Im Grunde ist alles dabei, den Hauptteil stellen aber ganz klar die Artvorstellungen dar.
So lässt sich festhalten: ein ausgezeichnetes Werk, informationsdicht und qualitativ hochwertig bebildert. Auch Fortgeschrittene werden gut versorgt und Neulinge nicht ausgeschlossen, und wer noch keinerlei Faible für Garnelen verspürte, lässt sich bei der Ansicht vielleicht doch noch umstimmen. Wenn dies der Gegenpol zum digitalen Informationsangebot ist, dann gilt: Wer braucht schon Internet?
Sebastian Wolf
Praxisbezug?
Levin Keller (2022): Aquaponik. Das Handbuch für Einsteiger. – Kleinstadt Fachbuch- und Medienverlag, Bamberg; 143 S.; ISBN-13: 979-8485547370; 8,99 € (E-Book), 16,90 € (Taschenbuch), 29,90 € (Gebundenes Buch)
Aquaponik ist eine Art Heilsversprechen: Die Kombination aus Aquakultur und Nutzpflanzenzucht soll Ressourcen schützen, insbesondere das Wasser besser nutzen, und den Einsatz von Kunstdünger unterbinden. Das System produziert meist Fische oder Krebse und essbare Pflanzen in einem Kreislaufsystem. Klingt natürlich super. So super, dass es längst auch entsprechend medial verwertet wurde. Das bekommt man zu spüren, wenn man sich nach den erforderlichen Systemen erkundigt: Die gibt es, aber sie sind kostspielig, wenn man nicht selber basteln will oder kann. Hier herrscht im Handel die Annahme, dass umweltbewusste Leute alle ein ordentlich gefülltes Bankkonto ihr Eigen nennen und wirklich jeden Preis bezahlen, wenn dem Produkt das Label Nachhaltigkeit zugeschrieben wird. Ein Fischbecken inklusive zweier Pflanzenbeete und Technik (Pumpe, Verrohrung) zur Be- und Entwässerung, halbwegs schmuck gestaltet (das Ganze ist ja auch „Lifestyle“), kostet dann einfach mal an die 4.000 €. Inklusive Blähton, immerhin.
Wer Bücher zum Thema sucht, hat die Qual der Wahl. Das hier vorgestellte „Handbuch für Einsteiger“ behandelt Grundlagen und Terminologie recht ausführlich, bietet aber in Relation wenig Konkretes zum Thema Selbstbau und Betrieb – das sind aber doch die eigentlich am meisten interessierenden Aspekte für neugierige, tatenwillige Einsteiger. Diese wollen anhand von Anleitungen nachvollziehen, wie sie ein solches System selber in die Tat umsetzen können.
Uns als Aquarianer interessiert davon abgesehen natürlich insbesondere, was solche Bücher zum Thema Wassertiere und deren Haltung so zu berichten haben. Im hier vorgestellten Ratgeber widmet der Autor mehrere Kapitel dem Thema Fische, und er unterscheidet zwischen Speise- und Zierfischen. Zu Recht weist er darauf hin, dass allerlei Vorüberlegungen wichtig sind, um den Besatz zu wählen, etwa Endgröße, Wachstumsgeschwindigkeit und Vermehrungstyp. In den Artkapiteln stellt er dann allerdings Fische vor, die aufgrund ihrer Größe und/oder sonstigen Ansprüche nun wirklich keinen geeigneten Besatz für Aquaponik-Systeme im trauten Heim darstellen. Bei allem Respekt: Die genannten Arten sind Nutzfische für größere, dann sicher kommerziell ausgelegte Anlagen in entsprechend isolierter und beheizter Umgebung (Tilapie, Barramundi) oder mit hohen Ansprüchen an das Wasser (Forelle). Das Buch wirbt allerdings um Einsteiger als Zielgruppe. Da wäre eher die Frage zu behandeln gewesen, ob es überhaupt (als Speisefische brauchbare) Arten gibt, die sich mit den begrenzten Kapazitäten einer Privathaushalt-Aquaponik abfinden. Immerhin wird der Karpfen noch vorgestellt.
Die Zierfisch-Alternativen sind laut Autor Koi und Goldfisch. Das ist extrem mau, zumal der Text dann alles andere als sauber bleibt: So werden Goldfische als schwieriger zu halten als Kois dargestellt, ihr Temperaturbedarf ist mit 25–27 °C angegeben. Vielsagend sind auch Sätze wie „Im Allgemeinen gibt es zwei Arten von Goldfischen – mit zwei Schwänzen und mit einem Schwanz“. Aha. Viel Vergnügen den Aquaponik-Einsteigern, die mit diesem Wissen auf Goldfisch-Einkauf gehen. Wobei Neulinge sich vielleicht doch auf Kois konzentrieren sollten: „Aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit und Unverwüstlichkeit sind sie bei Anfängern sehr erfolgreich.“ Viele werden jetzt konsterniert feststellen: Diese Koi-Anfängerphase haben wohl die meisten von uns übersprungen. Damals, da wusste man das alles aber einfach noch nicht, was man heute weiß. Glücklicherweise ließe sich die Koi-Initiation dank Aquaponik nachholen … Es ist erstaunlich, wie unverblümt heutzutage fehlendes Wissen, auch theoretischer Art, dargeboten wird.
Sebastian Wolf
Die beliebten Bartelträger
Seidel, Ingo (2024): Corydoras-Fibel. Die beliebten Panzerwelse im Aquarium. – Dähne Verlag, 93 S. und 147 Fotos; ISBN 978-3-944821-98-6, 93; 17,80 €
In der Corydoras-Fibel stellt Ingo Seidel aus der mittlerweile unerschöpflich zahlreich erscheinenden Gruppe der Panzerwelse 30 Arten genauer vor. Wissenschaftlich beschrieben sind mehr als 170 Arten, viele weitere warten noch auf eine formale Beschreibung, sind teilweise jedoch aquaristisch schon gut bekannt und verbreitet.
Wir erfahren in dem Buch viel über das Aussehen, etwa die unterschiedlichen Schnauzen-Profile, die Hinweise auf die Lebensweise und damit die Haltungsanforderungen geben. Für jede Art sind eine bis zwei Seiten reserviert, mit Foto, Beschreibung und Übersicht am Rand, welche Ansprüche die jeweilige Art stellt. Im Anschluss an diese Vorstellungen werden Verhalten, Pflege, Zucht und Krankheiten in einzelnen Kapiteln allgemein beschrieben.
Ingo Seidel ist ein versierter Kenner der Panzerwelse, dem schon viele Nachzuchten gelungen sind. Das Buch ist für Anfänger genauso wie für Fortgeschrittene zu empfehlen. Es ist gut verständlich geschrieben und aktuell gehalten. Ich wünsche der Corydoras-Fibel eine weite Verbreitung.
Elfriede Ehlers
Wanderer der Meere
Bagusche, Frauke (2023): Nomaden der Ozeane – Das Geheimnis der Meeresschildkröten. – Ludwig Buchverlag, München; 224 S.; ISBN 978-3453281394; 24,00 € (D), 24,70 €(A)
In diesem Sachbuch erwartet uns ein Rendezvous mit den Meeresschildkröten. Die Autorin, Meeresbiologin Frauke Bagusche, stellt uns die sieben Arten aus fünf Ozeanen vor. Zu jeder gibt es umfassende Informationen und am Ende der Porträts jeweils eine Karte mit den Verbreitungs- und Nistgebieten. Von einigen Arten weiß man inzwischen, dass sie ihre ersten Lebensjahre in der Sargassosee verbringen. Von anderen Arten ist noch nicht bekannt, wohin sie wandern, wenn sie geschlüpft sind. Sie tauchen nach Jahren wieder auf und finden den Strand, an dem sie das Ei und ihr Nest verlassen haben.
In ihren Lebensräumen sind sie vielerlei Gefahren ausgesetzt. Große Probleme stellen etwa die Umweltverschmutzung im Allgemeinen, Plastikmüll oder auch die Fischerei dar. Zu diesen Bedrohungsfaktoren gibt es am Ende des Buches eine bilderreiche Beschreibung. Mittlerweile existieren für die majestätischen Tiere Schutzprojekte, die hoffen lassen, dass sie Überlebenschancen haben.
Ein rundum informatives, gut verständliches Werk über die Meeresschildkröten. Es bleibt zu wünschen, dass noch mehr Geheimnisse rund um die faszinierenden Tiere gelüftet werden. Diesem spannenden und hochaktuellen Buch wünsche ich viele Leser.
Elfriede Ehlers
Pflanzen kompakt
Kasselmann, Christel (2023): Aquarienpflanzen – 200 Arten – das Taschenbuch. – Eigenverlag, 160 S., 268 Farbfotos, 14,90 Euro; nur direkt zu beziehen über www.christel-kasselmann.de
Christel Kasselmann hat nach ihrem großen, vierten Band über Aquarienpflanzen (Ulmer Verlag) nun ein neues Werk verfasst. Das Taschenbuch über Pflanzen im Aquarium ist vom Format sehr handlich, stabil und zur Mitnahme (beim Kauf von Pflanzen) von Nutzen. Die Pflanzenarten sind nach ihren wissenschaftlichen und im Register auch mit ihren deutschen Namen sortiert, soweit vorhanden.
Unter den Abbildungen findet sich jeweils ein Steckbrief mit zehn Kriterien. Vorkommen und Lebensraum werden stichpunktartig beschrieben. Manche Arten wurden auch neu angesiedelt oder ausgesetzt, manche sind als Hybriden im Handel. Merkmale, Voraussetzungen zur Haltung und Möglichkeiten der Vermehrung werden genannt, welche für Aquarianer bei der Kultur wichtig sind. Manche Arten lassen sich durch Rhizomteilung, andere nur über Stecklinge und wieder andere nur mit ihren Samen züchten. Dabei werden die Wachstumsgeschwindigkeiten submers und emers unterschieden, etwa in Hinsicht auf einen Überwassereinsatz vieler Arten in Aquaterrarien. Es wird auch auf langsamwüchsige Arten hingewiesen, die ein längeres, ruhiges Bild abgeben. Ob es sich um eine Vordergrund-, eine Solitär- oder eine Gruppenpflanze, eine Schwimm- oder bodendeckende Pflanze handelt, ist schnell erkennbar – für die Planung und Einrichtung eines Aquariums eine sehr gute Hilfe, besonders, wenn es sich um neue Pflanzen handelt oder jemand noch wenig Erfahrung hat.
Diese Bedürfnisse der einzelnen Arten sind gut erfasst und jede Art wird auf einer Seite beschrieben. Einige Gruppen werden wegen ihrer Artenfülle und Beliebtheit besonders gründlich behandelt (z. B. die Cryptocorynen; die meisten im Handel befindlichen Pflanzen sind im Buch zu finden). Es werden zudem Hinweise auf die Möglichkeiten des Wasserpflanzen-Erwerbs und die Häufigkeit im Handel gegeben. Sehr hilfreich beim Durchblättern vor Ort (Geschäft) ist eine Reihe von Piktogrammen auf jeder Seite, in der die wichtigsten Kriterien (Größe, Wuchsgeschwindigkeit, Temperatur, empfohlene Beckengröße und pH-Wert) übersichtlich dargestellt sind. Schon ein schnelles Durchblättern kann selektiv informieren. Die über 50-jährige Beschäftigung der Autorin mit Wasserpflanzen zeigt ihre Kenntnis und einen Pragmatismus, ihre Erfahrungen weiterzugeben.
Ingo Botho Reize