Buchbesprechungen
Praxisbezug?
Levin Keller (2022): Aquaponik. Das Handbuch für Einsteiger. – Kleinstadt Fachbuch- und Medienverlag, Bamberg; 143 S.; ISBN-13: 979-8485547370; 8,99 € (E-Book), 16,90 € (Taschenbuch), 29,90 € (Gebundenes Buch)
Aquaponik ist eine Art Heilsversprechen: Die Kombination aus Aquakultur und Nutzpflanzenzucht soll Ressourcen schützen, insbesondere das Wasser besser nutzen, und den Einsatz von Kunstdünger unterbinden. Das System produziert meist Fische oder Krebse und essbare Pflanzen in einem Kreislaufsystem. Klingt natürlich super. So super, dass es längst auch entsprechend medial verwertet wurde. Das bekommt man zu spüren, wenn man sich nach den erforderlichen Systemen erkundigt: Die gibt es, aber sie sind kostspielig, wenn man nicht selber basteln will oder kann. Hier herrscht im Handel die Annahme, dass umweltbewusste Leute alle ein ordentlich gefülltes Bankkonto ihr Eigen nennen und wirklich jeden Preis bezahlen, wenn dem Produkt das Label Nachhaltigkeit zugeschrieben wird. Ein Fischbecken inklusive zweier Pflanzenbeete und Technik (Pumpe, Verrohrung) zur Be- und Entwässerung, halbwegs schmuck gestaltet (das Ganze ist ja auch „Lifestyle“), kostet dann einfach mal an die 4.000 €. Inklusive Blähton, immerhin.
Wer Bücher zum Thema sucht, hat die Qual der Wahl. Das hier vorgestellte „Handbuch für Einsteiger“ behandelt Grundlagen und Terminologie recht ausführlich, bietet aber in Relation wenig Konkretes zum Thema Selbstbau und Betrieb – das sind aber doch die eigentlich am meisten interessierenden Aspekte für neugierige, tatenwillige Einsteiger. Diese wollen anhand von Anleitungen nachvollziehen, wie sie ein solches System selber in die Tat umsetzen können.
Uns als Aquarianer interessiert davon abgesehen natürlich insbesondere, was solche Bücher zum Thema Wassertiere und deren Haltung so zu berichten haben. Im hier vorgestellten Ratgeber widmet der Autor mehrere Kapitel dem Thema Fische, und er unterscheidet zwischen Speise- und Zierfischen. Zu Recht weist er darauf hin, dass allerlei Vorüberlegungen wichtig sind, um den Besatz zu wählen, etwa Endgröße, Wachstumsgeschwindigkeit und Vermehrungstyp. In den Artkapiteln stellt er dann allerdings Fische vor, die aufgrund ihrer Größe und/oder sonstigen Ansprüche nun wirklich keinen geeigneten Besatz für Aquaponik-Systeme im trauten Heim darstellen. Bei allem Respekt: Die genannten Arten sind Nutzfische für größere, dann sicher kommerziell ausgelegte Anlagen in entsprechend isolierter und beheizter Umgebung (Tilapie, Barramundi) oder mit hohen Ansprüchen an das Wasser (Forelle). Das Buch wirbt allerdings um Einsteiger als Zielgruppe. Da wäre eher die Frage zu behandeln gewesen, ob es überhaupt (als Speisefische brauchbare) Arten gibt, die sich mit den begrenzten Kapazitäten einer Privathaushalt-Aquaponik abfinden. Immerhin wird der Karpfen noch vorgestellt.
Die Zierfisch-Alternativen sind laut Autor Koi und Goldfisch. Das ist extrem mau, zumal der Text dann alles andere als sauber bleibt: So werden Goldfische als schwieriger zu halten als Kois dargestellt, ihr Temperaturbedarf ist mit 25–27 °C angegeben. Vielsagend sind auch Sätze wie „Im Allgemeinen gibt es zwei Arten von Goldfischen – mit zwei Schwänzen und mit einem Schwanz“. Aha. Viel Vergnügen den Aquaponik-Einsteigern, die mit diesem Wissen auf Goldfisch-Einkauf gehen. Wobei Neulinge sich vielleicht doch auf Kois konzentrieren sollten: „Aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit und Unverwüstlichkeit sind sie bei Anfängern sehr erfolgreich.“ Viele werden jetzt konsterniert feststellen: Diese Koi-Anfängerphase haben wohl die meisten von uns übersprungen. Damals, da wusste man das alles aber einfach noch nicht, was man heute weiß. Glücklicherweise ließe sich die Koi-Initiation dank Aquaponik nachholen … Es ist erstaunlich, wie unverblümt heutzutage fehlendes Wissen, auch theoretischer Art, dargeboten wird.
Sebastian Wolf
Die beliebten Bartelträger
Seidel, Ingo (2024): Corydoras-Fibel. Die beliebten Panzerwelse im Aquarium. – Dähne Verlag, 93 S. und 147 Fotos; ISBN 978-3-944821-98-6, 93; 17,80 €
In der Corydoras-Fibel stellt Ingo Seidel aus der mittlerweile unerschöpflich zahlreich erscheinenden Gruppe der Panzerwelse 30 Arten genauer vor. Wissenschaftlich beschrieben sind mehr als 170 Arten, viele weitere warten noch auf eine formale Beschreibung, sind teilweise jedoch aquaristisch schon gut bekannt und verbreitet.
Wir erfahren in dem Buch viel über das Aussehen, etwa die unterschiedlichen Schnauzen-Profile, die Hinweise auf die Lebensweise und damit die Haltungsanforderungen geben. Für jede Art sind eine bis zwei Seiten reserviert, mit Foto, Beschreibung und Übersicht am Rand, welche Ansprüche die jeweilige Art stellt. Im Anschluss an diese Vorstellungen werden Verhalten, Pflege, Zucht und Krankheiten in einzelnen Kapiteln allgemein beschrieben.
Ingo Seidel ist ein versierter Kenner der Panzerwelse, dem schon viele Nachzuchten gelungen sind. Das Buch ist für Anfänger genauso wie für Fortgeschrittene zu empfehlen. Es ist gut verständlich geschrieben und aktuell gehalten. Ich wünsche der Corydoras-Fibel eine weite Verbreitung.
Elfriede Ehlers
Wanderer der Meere
Bagusche, Frauke (2023): Nomaden der Ozeane – Das Geheimnis der Meeresschildkröten. – Ludwig Buchverlag, München; 224 S.; ISBN 978-3453281394; 24,00 € (D), 24,70 €(A)
In diesem Sachbuch erwartet uns ein Rendezvous mit den Meeresschildkröten. Die Autorin, Meeresbiologin Frauke Bagusche, stellt uns die sieben Arten aus fünf Ozeanen vor. Zu jeder gibt es umfassende Informationen und am Ende der Porträts jeweils eine Karte mit den Verbreitungs- und Nistgebieten. Von einigen Arten weiß man inzwischen, dass sie ihre ersten Lebensjahre in der Sargassosee verbringen. Von anderen Arten ist noch nicht bekannt, wohin sie wandern, wenn sie geschlüpft sind. Sie tauchen nach Jahren wieder auf und finden den Strand, an dem sie das Ei und ihr Nest verlassen haben.
In ihren Lebensräumen sind sie vielerlei Gefahren ausgesetzt. Große Probleme stellen etwa die Umweltverschmutzung im Allgemeinen, Plastikmüll oder auch die Fischerei dar. Zu diesen Bedrohungsfaktoren gibt es am Ende des Buches eine bilderreiche Beschreibung. Mittlerweile existieren für die majestätischen Tiere Schutzprojekte, die hoffen lassen, dass sie Überlebenschancen haben.
Ein rundum informatives, gut verständliches Werk über die Meeresschildkröten. Es bleibt zu wünschen, dass noch mehr Geheimnisse rund um die faszinierenden Tiere gelüftet werden. Diesem spannenden und hochaktuellen Buch wünsche ich viele Leser.
Elfriede Ehlers
Pflanzen kompakt
Kasselmann, Christel (2023): Aquarienpflanzen – 200 Arten – das Taschenbuch. – Eigenverlag, 160 S., 268 Farbfotos, 14,90 Euro; nur direkt zu beziehen über www.christel-kasselmann.de
Christel Kasselmann hat nach ihrem großen, vierten Band über Aquarienpflanzen (Ulmer Verlag) nun ein neues Werk verfasst. Das Taschenbuch über Pflanzen im Aquarium ist vom Format sehr handlich, stabil und zur Mitnahme (beim Kauf von Pflanzen) von Nutzen. Die Pflanzenarten sind nach ihren wissenschaftlichen und im Register auch mit ihren deutschen Namen sortiert, soweit vorhanden.
Unter den Abbildungen findet sich jeweils ein Steckbrief mit zehn Kriterien. Vorkommen und Lebensraum werden stichpunktartig beschrieben. Manche Arten wurden auch neu angesiedelt oder ausgesetzt, manche sind als Hybriden im Handel. Merkmale, Voraussetzungen zur Haltung und Möglichkeiten der Vermehrung werden genannt, welche für Aquarianer bei der Kultur wichtig sind. Manche Arten lassen sich durch Rhizomteilung, andere nur über Stecklinge und wieder andere nur mit ihren Samen züchten. Dabei werden die Wachstumsgeschwindigkeiten submers und emers unterschieden, etwa in Hinsicht auf einen Überwassereinsatz vieler Arten in Aquaterrarien. Es wird auch auf langsamwüchsige Arten hingewiesen, die ein längeres, ruhiges Bild abgeben. Ob es sich um eine Vordergrund-, eine Solitär- oder eine Gruppenpflanze, eine Schwimm- oder bodendeckende Pflanze handelt, ist schnell erkennbar – für die Planung und Einrichtung eines Aquariums eine sehr gute Hilfe, besonders, wenn es sich um neue Pflanzen handelt oder jemand noch wenig Erfahrung hat.
Diese Bedürfnisse der einzelnen Arten sind gut erfasst und jede Art wird auf einer Seite beschrieben. Einige Gruppen werden wegen ihrer Artenfülle und Beliebtheit besonders gründlich behandelt (z. B. die Cryptocorynen; die meisten im Handel befindlichen Pflanzen sind im Buch zu finden). Es werden zudem Hinweise auf die Möglichkeiten des Wasserpflanzen-Erwerbs und die Häufigkeit im Handel gegeben. Sehr hilfreich beim Durchblättern vor Ort (Geschäft) ist eine Reihe von Piktogrammen auf jeder Seite, in der die wichtigsten Kriterien (Größe, Wuchsgeschwindigkeit, Temperatur, empfohlene Beckengröße und pH-Wert) übersichtlich dargestellt sind. Schon ein schnelles Durchblättern kann selektiv informieren. Die über 50-jährige Beschäftigung der Autorin mit Wasserpflanzen zeigt ihre Kenntnis und einen Pragmatismus, ihre Erfahrungen weiterzugeben.
Ingo Botho Reize
Hohe Informationsdichte
Michael Kempkes (2023): Guppys. – Tetra Verlag, Rheda-Wiedenbrück; 64 S., Paperback; ISBN 978-3-89745-257-2; 11,90 €
In der nunmehr 4. Auflage erscheint das kleine, aber wichtige Büchlein über den bekanntesten aller Aquarienfische, aktualisiert, großzügig bebildert und im schicken Layout. Und man muss sagen: Auf den relativ wenigen Seiten hat wirklich eine Menge an Wissenswertem Platz gefunden und das, obwohl die Bilder einigen Umfang beanspruchen. Behandelt werden Entdeckungsgeschichte, Biologie, Verhalten, Pflege, Färbungslehre, Aspekte bei der Hochzucht, und sogar die Themen Guppykauf und -eingewöhnung sind dabei.
Viele der abgebildeten Tiere zeigen hervorragend gefärbte und gebaute Hochzuchtguppys aus etablierten Stämmen. Aquaristikbeginner, die daran Gefallen finden, dürften vielleicht etwas enttäuscht sein, wenn sie solche Tiere im Handel oder in Onlineshops eher vergeblich suchen. Vielleicht gelangen manche der Neulinge aber auf diesem Wege in eine der auf Guppyzucht spezialisierten Vereinigungen oder suchen den Kontakt zu Züchtern. Diese haben auch immer mal wieder Neues zu bieten, wie etwa die asiatischen Neukreationen der letzten Jahre, von denen einige wirklich spektakulär sind.
Wie das Coverbild preisgibt, findet neben Poecilia reticulata auch P. wingei Erwähnung – manch einer hätte sich bestimmt auch über eine separate Veröffentlichung zu Letzterem gefreut, da kaum gebündeltes Wissen über den Endler verfügbar ist. Wer bisher von Guppys „unberührt“ blieb und sich einmal rundherum informieren will, dem sei diese Neuauflage wärmstens empfohlen – auch für die Mitnahme ins Zoogeschäft (falls die Guppys dort erworben werden sollen). Und wer schon eigene Praxis vorweisen kann, schwelgt in den Fotos wunderschöner Zuchtformen. Der Verkaufspreis ist unschlagbar, in Anbetracht des Inhalts.
Sebastian Wolf