Buchbesprechungen
Die Mischung macht‘s
Schäfer, Frank (2020): Faszination Brackwasser – Bookazine Nr. 10. – Aqualog animalbook, Rodgau, 184 S., Softcover; ISBN 978-3-939759-45-4; 14,90 € (D), 15,40 € (A)
Das Booakzine aus Rodgau feiert ein kleines Jubiläum – mittlerweile ist schon die 10. Ausgabe erschienen. Und natürlich wird wie üblich ein Hauptthema wirklich gründlich beleuchtet. Diesmal geht es in die Übergangszone zwischen Süß- und Meerwasser. Nach einem steckbriefartigen dreiseitigen Exkurs („Brackwasserfische aus aller Welt“) nimmt sich der Hauptartikel auf annähernd 60 Seiten des Themas an, und das auf verschiedenen Ebenen: Wie definiert sich Brackwasser, was bedeutet das für die Physiologie der Fische, wo liegen – vor allem aus praktischer Sicht – die Unterschiede zwischen einem Aquarium mit reinem Süßwasser und einem mit gewissem Salzgehalt, was gilt es zu beachten bzgl. Technik und Einrichtung (auch hinsichtlich salztoleranter Pflanzen)?
Eine informative Lektüre, zudem abgeschmeckt durch einen persönlichen Bericht des Autors (und Chefredakteurs) über seinen Erstkontakt mit dem Brackwasser Indonesiens im jugendlichen Alter. Eine ganz „typische“ Brackwasserart wird anschließend in einem eigenen Beitrag vorgestellt, und wie so oft gilt: Altbekannt heißt kaum einmal langweilig. Ich verrate hier nicht, um welche Art es sich handelt – tippen Sie doch einfach mal und dann überprüfen Sie bei der Lektüre, ob Sie dabei richtig lagen ...
Der zweite Schwerpunkt der Ausgabe liegt bei großen Bärblingen aus Westafrika und Indien, inklusive eines Erstnachzucht-Berichtes. Und ein Exkurs ins Thema Schwarm-Mimikry (mit Beispielen aus Süß- wie Meerwasser) hat es auch noch in das wieder prall gefüllte Büchlein geschafft. Eine Ausgabe mit tollem Hauptthema, das anhand vieler Facetten erläutert wird. Ich hätte gerne noch in ein paar mehr (Fisch-)Kurzporträts geschmökert, aber auch beim Bookazine gilt wie bei anderen Druckerzeugnissen: Irgendwann ist der Platz weg. Wer Inspiration sucht zu dieser interessanten, aber ziemlich vernachlässigten Form der Aquaristik, wird auch dieses Mal wieder gut bedient. Auf die nächsten 90 Ausgaben!
Sebastian Wolf
Übersicht über die Schlangenkopffische
Armitage, David M. (Herausgeber) (2020): Special Issue 4 – Annotated Catalogue of the Snakeheads. – Anabantoid Association of Great Britain, Sprotbrough, Doncaster, United Kingdom, 62 S., Softcover; ISSN 0953-0029; 10,00 £ (ca. 11,70 €)
Aquarienfische im klassischen Sinne sind Schlangenköpfe nicht. Dafür sind die Ansprüche besonders in Bezug auf ihr Verhalten anderen Fischarten und ihresgleichen gegenüber zu speziell – populär sind sie dennoch, zumindest in eingeschworenen Kreisen. Die AAGB (Anabantoid Association of Great Britain) widmet ihren 4. Sonderband diesen Individualisten (den Fischen), und es ist beachtlich, was alles an Infos bei vergleichsweise wenig Platz (DIN A5) untergebracht werden konnte. Die Bilder fallen dementsprechend auch klein aus, sind in den meisten Fällen dennoch geeignet, sich einen Überblick zu verschaffen.
Die Einführung ist sehr kurz gehalten, den allergrößten Teil nehmen die Artbeschreibungen ein, inklusive wichtiger Angaben für die Praxis, etwa Größe, Verträglichkeit, Temperaturbedürfnisse und Geschlechtsunterschiede. Auch die jüngst beschriebenen Arten aus der gachua-Gruppe sind dabei, etwa die fantastisch gefärbten C. aristonei und C. bipuli, zudem die sensationellen, stammesgeschichtlich alten Aenigmachanna aus Südindien. Falls Letztere irgendwann eingeführt werden – man wird dafür wohl tief in die Tasche greifen müssen …
Das Literaturverzeichnis ist sehr kurz ausgefallen, hier wäre es vielleicht von höherem praktischen Nutzen gewesen, etwas mehr Platz zu spendieren, um das Suchen und Finden der Publikationen zu erleichtern. Aufgrund der Klebebindung sollte das Heftlein sorgsam behandelt werden. Es ist ein Sammler- bzw. Liebhaberwerk, Interessierte können ihre Anfrage richten an:
Sebastian Wolf
Von Mücken und Menschen
Fischer, Frauke & Oberhansberg, Hilke (2020): Was hat die Mücke je für uns getan? – Endlich verstehen, was biologische Vielfalt für unser Leben bedeutet. – oekom Verlag, GmbH, 224 Seiten; ISBN 978-3-96238-209-4; 20 €
Ein aktuelles Buch über die Vielfalt der Arten und Ökosysteme, geschrieben von einer Biologin und einer Wirtschaftswissenschaftlerin, die in den Bereichen Unternehmensberatung und Umweltbildung tätig sind. Es geht um die großen Fragen, wie wir in einer an Arten verarmenden Umwelt zurechtkommen (wollen) und welche Funktionen unterschiedliche Lebensräume und Organismen übernehmen. Die Autorinnen beschreiben anschaulich, welche Ökosystemleistungen es gibt: Auf höchster Ebene sind das Versorgung, Regulierung, Lebensbasis und Kultur.
Wie für Sachbücher üblich, werden viele zum Thema passende Beispiele genannt. Naturwissenschaftlich interessierte Menschen dürften manche davon kennen. Lebensräume verändern sich immer schneller – Grünflächen werden versiegelt, Regenwälder in atemberaubendem Tempo gerodet, Fischbestände dezimiert, Pflanzenschutzmittel und Düngemittel gefährden Insektenbestände und die Güte von Gewässern, invasive Arten werden über den Waren- und Personentransport verschleppt. Die Veränderungen im Ökosystem sind auf höheren Ebenen erkannt und benennbar. Dies einem allgemeinen Publikum zu vermitteln, gelingt im Buch gut.
Warum die Frage nach der Mücke im Titel? Ein aufgezeigtes Beispiel handelt von der kleinen Blüte der Kakao-Pflanze. Sie wird von Bartmücken bestäubt (nach neuerer Erkenntnis gibt es allerdings weitere, bisher übersehene Bestäuber, wie Zweiflügler und Ameisen). Für mich ein tolles Lehrstück, welche herausragende Funktion ein den meisten gänzlich unbekanntes Kleintier hat.
Auf gut verständliche und leicht lesbare Art werden uns so viele Zusammenhänge dargestellt. Ein toll gestaltetes und geschriebenes Buch, das durchgängig und mit hervorragenden Fotos bebildert ist. Es kann Interesse wecken, und so wünsche ich dem Werk des ambitionierten Münchner Verlages, dass es von vielen gelesen wird.
Elfriede Ehlers
Spannende Systematik
Gutjahr, Axel (2021): Die Süßwasserfische Europas – Merkmale, Verbreitung und Lebensweise der häufigsten Arten. – Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co., Wiebelsheim, 195 S.; ISBN 978-3-494-0185; 19,95 €
Ein Bestimmungsbuch im klassischen Sinn ist das durchgängig mit guten Fotos ausgestattete Werk nicht, sondern es richtet sich an interessierte Laien. Vorgestellt werden 65 Fischarten sowie drei Neunaugen, alphabetisch geordnet anhand der deutschen Namen (ein Register der wissenschaftlichen Namen sucht man vergebens, auch wenn diese in den Porträts genannt werden). Dass der Autor allerlei invasive Spezies, z. B. Blaubandbärbling, Dickkopfelritze und Guppy, nahtlos in die Auflistung eingefügt hat, mag eine Frage des Geschmacks sein. Keine Frage des Geschmacks dagegen ist der Exkurs zu Beginn (S. 7) in die Systematik der Rundmäuler: „Diese unterteilen sich wiederum in die Ordnung der Neunaugen, Petromyzontiformes, und die Familie der Stachelaale, Mastacembelidae, wobei letztere zur Ordnung der Kiemenschlitzaalartigen, Synbranchiformes, gehören.“ Offenbar kam hier bei der Recherche mit den diversen „Aalen“ etwas durcheinander, denn zu den Rundmäulern zählen ausschließlich die Neunaugen und die Schleimaale, während die Stachelaale natürlich Knochenfische sind. Unglücklich, wenn der gröbste Schnitzer gleich in der Einführung passiert. Davon abgesehen gibt das Buch jedem Naturliebhaber die Gelegenheit, etwas mehr über die heimische Ichthyofauna zu erfahren, auch wenn es schön gewesen wäre, die invasiven und teils von einem Haltungsverbot betroffenen Arten gesondert zu behandeln.
Sebastian Wolf
Endlich: ein Buch über Raubwelse
Grant, Steven (2021): Pims; Pimelodidae, Heptapteridae and Pseudopimelodidae Catfishes. – ATS-Aquashop, Neustadt am Rübenberge, 224 S., Hardcover; ISBN: 978-3-98575-001-6; 39,95 €
Im Englischen liebevoll als „Pims“ bezeichnet, werden die oft großen Arten der Echten Antennenwelse (Pimelodidae) in der Aquaristik stetig populärer. Das hat den englischen Aquarianer Steven Grant veranlasst, sich intensiv mit dieser und den nahe verwandten Familien Pseudopimelodidae und Heptapteridae zu beschäftigen. Der Autor bezeichnet sich selbst als „Hobbyichthyologen“ und ist in der britischen Welsszene sehr aktiv, u. A. ist er im Führungskomitee der Catfish Study Group und Redakteur des Vereinsmagazins, veröffentlicht aber auch regelmäßig im BSSW-Report. Zum ersten Mal wird diesen Raubwelsen ein eigenes Buch gewidmet, das sowohl den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zusammenfasst als auch dem Aquarianer eine Lektüre sein soll.
120 Arten aus 41 Gattungen der Überfamilie Pimelodoidea werden mit Bildern vorgestellt und mindestens auf Gattungsebene besprochen. Dabei widmet sich der Autor zu Beginn jedes Gattungskapitels sowohl dem taxonomischen Status wie auch der Identifikation und Ökologie. Im Artenteil werden die Ansprüche der Tiere in Aquarienhaltung vorgestellt und Ratschläge zu Fütterung, Größe und Gestaltung des Beckens gegeben. Da sich viele Arten diesbezüglich sehr ähneln, wiederholt sich hier des Öfteren der Inhalt – „Pims“ ist als Nachschlagewerk zu verstehen und so haben Wiederholungen durchaus ihre Berechtigung, möchte der Leser doch alle Informationen zur gesuchten Art schnell erhalten.
Die Texte sind so geschrieben, dass man sie auch mit basalen Englischkenntnissen versteht, man sollte sich also nicht abschrecken lassen. Das Buch zeichnet sich durch die zahlreichen, auf durchgehend schwarzem Hintergrund gut präsentierten Bilder aus. Die Aufnahmen stammen von unterschiedlichen Fotografen und zeigen die „Pims“ vor allem in Fotobecken, aber auch im Biotop und auf dem Fischmarkt, und die Mehrheit ist von guter bis sehr guter Qualität. Besonders hervorzuheben sind die für ihre stimmungsvollen Kompositionen bereits bekannten Aufnahmen von Enrico Richter. Unterstützt wird die Präsentation der Bilder durch das „etwas andere“ Buchformat von 22 × 21 cm.
Die Stärke des Buchs liegt klar in der Kombination wissenschaftlicher Erkenntnisse mit aquaristischen Erfahrungen. Mit dieser Zusammenführung geht der Autor einen sich seit Längerem anbahnenden Weg in der Aquaristik-Literatur. Ausnahmslos alle derzeit gehandelten Arten sind vertreten, zu vielen werden (bisher nicht in populärwissenschaftlicher Literatur thematisierte) Naturbeobachtungen geliefert. Auch – aber bei Weitem nicht nur – deswegen sollte „Pims“ bei keinem Freund der Raubwelse fehlen.
Daniel Konn-Vetterlein