margin-right: 20px; margin-bottom: 10pxFritz, Uwe (2020): Medaka: Japanische Reisfische. – E-Book; ASIN B08C8XP5CQ; 3,99 €

Die vielen Farbvarianten des genügsamen Japanischen Reisfisches (Oryzias latipes) haben sich ja ein klein wenig zur Mode der letzten Jahre gemausert. Ob man nun Farbmutationen mag oder nicht (es gäbe die Art ja – wenn auch deutlich seltener erhältlich – noch in ihrer Wildform): Es ist heutzutage durchaus etwas Besonderes, wenn bei neuen Trends in der Aquaristik mal nicht Zubehör, Gestaltungstechniken oder Garnelenhybriden im Mittelpunkt stehen. An praxisorientierten, aktuellen deutschsprachigen Büchern zu dieser Art mangelte es bisher aber völlig. Es wurde also Zeit!
Der Autor hat sich der kleinen Oberflächenschwimmer in seinem selber herausgegebenen E-Book (eine gedruckte Version gibt es nicht) angenommen. Die erste Überraschung bereits im Vorwort, wo es sehr direkt und ehrlich heißt: „Bilder werden Sie hier übrigens nicht finden, mein kleines Buch kann mit der Flut von Bildern und Filmen auf Instagram oder Youtube einfach nicht mithalten. Suchen Sie dort einfach mal nach „Medaka Ricefish“, Sie werden überrascht sein“. Ich mag mich täuschen, aber ein bisschen klingt das nach „weniger soll mehr sein“.
Ein (selber verfasstes) Buch braucht auch gar nicht zwingend den Anspruch, mit der Informationsflut im Netz mitzuhalten, dafür sind die Verhältnisse sowieso völlig verschoben. Vielleicht kann es sich heute aber auch als schwer erweisen, vor allem Neueinsteiger ohne visuelle Beigabe zu erreichen – und auch an sie dürfte sich diese Veröffentlichung richten. Zumal sich Medakas auch grundsätzlich dazu eignen, im Freien von oben fotografiert zu werden. Diverse Schwierigkeiten des Fotografierens durch eine Glasscheibe entfallen somit.
Zum Inhalt: Uwe Fritz gibt einleitend einen historischen Überblick über die Geschichte der gar nicht mehr jungen Medaka-Kultur in Japan, die ohne die Vorliebe, kleine Gefäße mit Wasser zu füllen und ansprechend zu bepflanzen, so vermutlich nicht entstanden wäre. Er erläutert, welchen Einfluss die Veränderung der Reisanbau-Methoden auf die wildlebenden Bestände hat und widmet dann vier (teils ganz knappe) Kapitel denjenigen Exemplaren, die als Testorganismus in höhere Sphären gelangten, nämlich auf die ISS. Auf die Ansprüche an die Umwelt, die Biologie sowie Vererbungsregeln wird direkt nachfolgend eingegangen. Ich finde es generell kein leichtes Unterfangen, in populärwissenschaftlichen Werken so knapp wie möglich, aber so präzise wie nötig derart komplexe Sachverhalte wiederzugeben – ganz sicher wären aber spätestens hier Grafiken und andere visuelle Mittel wirklich eine gute Sache (gewesen).
Zwei Kapitel werden der Vielfalt der Varianten gewidmet. Beide sind – in Anbetracht der auch hierzulande erhältlichen Fische – bedauerlicherweise viel zu knapp ausgefallen (das Kapitel „Zuchtformen“ listet vier Varianten, zwei davon für Abweichungen in der Morphologie, die zwei anderen den Panda- und den Albinovarianten; „Farbvererbung“ gibt eine Zusammenfassung der Untersuchungen vom Anfang des 20. Jahrhunderts, als man die Mendel’schen Regeln an Medaka bestätigt sah; namentlich genannt werden hier weiße und goldene Medaka).
Sehr gut gelungen ist der zweite Buchabschnitt, in dem wirklich umfassend alle Aspekte rund um die Medakahaltung und -zucht besprochen werden – hier sollte jeder etwas mitnehmen an Erkenntnis. Sowohl die Aquarien- als auch die Freilandhaltung werden ausreichend gewürdigt, es wird begründet, warum man eigentlich nicht viel Technik braucht oder besser ganz darauf verzichten sollte, die Bedeutung natürlicher Sonneneinstrahlung findet Erwähnung, das Für und Wider der diversen Kunstfuttersorten wird geschildert, und auch die Ideen zu Vergesellschaftungsmöglichkeiten sind vielleicht anders als erwartet, aber interessant zu lesen.
Auch treffend platziert ist das Kapitel „Folgen der Hochzucht“, bei dem es darum geht, was eigentlich mit den ganzen Nachkommen geschieht (bzw. geschehen kann), die nicht dem Ziel des Züchters entsprechen. Das knappe Kapitel „Auswahl der Elterntiere“ mag als Hilfe für Neueinsteiger dienen. Und – Killifisch-Aquarianer machen es seit Langem vor – auch der Versand von Eiern bekommt seinen Platz. Der Praxisteil ist also eine „runde Sache“.
Abgeschlossen wird das Buch durch einen Exkurs („Zuchtanlagen für Labore“) und einen Anhang mit einer Handvoll Verweisen auf Internetseiten – sowie der Anmerkung, dass aufgrund der Kurzlebigkeit vieler Online-Quellen auf die Angabe eben dieser verzichtet wurde. Kann man so machen – mich hat das nicht ganz überzeugt.
Fazit: Der Praxisteil ist ein absoluter Pluspunkt des Buches, und auf ihn kommt es auch an – jedenfalls was die vermutliche Zielgruppe betrifft. Schwierig einzuordnen ist die erste Buchhälfte mit ihren vielen (Kleinst-)Kapiteln, einer mehr als groben Übersicht über die Varianten und diversen sprachlichen Schnitzern und Stilblüten (mein Favorit – Kapitel „Schwerelosigkeit“ – ist der Satz „Mit den Rücktransporten zur Erde wurden präparierte Medaka aus der ISS zurück transportiert, die mit präparierten Medaka aus der Kontrollgruppe verglichen wurden.“). Auch wenn dies den Wert des guten praktischen Buchabschnittes nicht schmälern soll: Da hätte weniger vielleicht wirklich mehr sein können.
Sebastian Wolf