Rössels Recht
Dietrich Rössel arbeitet nach über 20 Jahren als Rechtsanwalt in einer Naturschutzbehörde und stellt uns regelmäßig die neuesten Rechtsfragen rund um das Tier vor.
Die Fundtierproblematik und die Übernahme von Tierarztkosten durch die Fundbehörde
Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten um die Kostenübernahme der Behandlung und Unterbringung von Fundtieren. Grundsätzlich gilt, dass bei Fundtieren die Fundbehörde in einem gewissen Umfang zur Kostenübernahme verpflichtet ist. Bei herrenlosen Tieren gibt es eine solche Übernahmepflicht nicht. Die Abgrenzung führt immer wieder zu Problemen.
Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein (Az.: 4 LA 11/22) hatte sich mit einer Klage zu befassen, mit der die Finderin einer Katze die Erstattung der von ihr verauslagten Tierarztkosten von der zuständigen Fundbehörde begehrte. Sie scheiterte mit ihrer Klage durch zwei Instanzen. Das Gericht hielt zunächst fest, dass die Klägerin nicht in „Geschäftsführung ohne Auftrag“ nach §§ 683, 670 ff. BGB gehandelt habe. Die Anzeige des Fundes sei erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Kosten bereits entstanden seien. Auch sei die tierärztliche Behandlung nicht so dringend gewesen, dass sie nicht bis zur Anzeige des Fundes hätte aufgeschoben werden können.
Im Übrigen sei die Übergabe des Tieres an einen Tierarzt nicht ausreichend, um die Anzeigepflicht, die sich bei einem Fund nach § 965 BGB richtet, zu erfüllen. Allenfalls in einer (tierschutzbezogenen) Notsituation könne eine Übergabe an die Fundbehörde verzichtbar sein. Dann müsse die Fundbehörde jedoch unverzüglich über den Fund und über die Notwendigkeit sofortiger tierärztlicher Behandlung informiert werden.
Wichtig beim Umgang mit Fundtieren ist daher (sonst bleiben Sie unter Umständen auf den verauslagten Tierarztkosten sitzen):
Melden Sie den Fund sofort, möglichst per E-Mail, bei der zuständigen Fundbehörde (i.d.R. ist das die Stadt oder die Gemeinde).
Rufen Sie anschließend so schnell wie möglich an.
Informieren Sie auch die zuständige Polizei (kein Notruf!), oft hat diese auch außerhalb der Öffnungszeiten Kontaktmöglichkeiten zum zuständigen Tierheim.
Eine andere Frage ist übrigens, ob der Finder gegen die Eigentümerin oder den Eigentümer des Tieres einen Anspruch auf Ersatz der Tierarztkosten hat. Hier wären die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag eher anwendbar.
Dietrich Rössel, Königstein
Tiere auf Ausstellungen
Das VG Düsseldorf (Az.: 23 K 7084/22) hatte sich mit einer Qualzuchtproblematik zu befassen. Die Kläger wollten Tiere, bei denen rassebedingt häufig Qualzucht-Merkmale auftragen, ausstellen. Es gab ein mit den Veterinärämtern und anderen zuständigen Stellen abgestimmtes Ausstellungskonzept, nach dem u. a. Tiere mit Qualzuchtmerkmalen von der Ausstellung ausgeschlossen werden konnten. Nachdem das klägerische Tier aufgrund einer Begutachtung vor Ort von der Ausstellung ausgeschlossen worden war, kam es zur Klageerhebung mit dem Ziel, feststellen zu lassen, dass der Ausschluss des klägerischen Tieres von der Ausstellung rechtswidrig war.
Die Klage blieb ohne Erfolg: das Gericht stellte fest, dass die Ausstellung eines Tieres mit Qualzuchtmerkmalen unzulässig sei. Das Tier sei in seinen körperlichen Merkmalen durch Zuchtauslese so beeinflusst, dass der artgemäße Gebrauch aller Organe nicht mehr sichergestellt sei. Der körperliche Zustand des Tieres sei dauerhaft zum Schlechteren hin verändert, es liege also ein Schaden i.S.d. TierSchG vor. Eine Qualzucht liege auch dann vor, wenn es keine Verhaltensauffälligkeiten gebe und wenn ein „zufriedenes Weiterleben“ eines Tieres möglich sei. Im Ergebnis sei daher ein behördliches Einschreiten der Behörde nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG gerechtfertigt gewesen. Ein Ausschluss des Tieres von der Ausstellung habe stattfinden dürfen.
In der vorliegenden Entscheidung ging es um einen Hund, weshalb zusätzlich die Tierschutz-HundeVO Anwendung fand. Die Entscheidung sollte sich jedoch auch auf Qualzuchten anderer Tiergruppen übertragen lassen.
Zum Thema Qualzuchten finden Sie mehr Informationen unter: www.qualzucht-datenbank.eu
Dietrich Rössel, Königstein
Gefahrenabwehr: nein zu Vogelspinnen
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Az.: 16 K 2862/21) hatte sich mit der Haltung gefährlicher Tiere zu befassen. Der terraristisch erfahrene Kläger beabsichtigte, sich ein Paar Ornamentvogelspinnen (Poecilotheria metallica) anzuschaffen, was aber nach dem nordrhein-westfälischen Gifttiergesetz verboten (und sogar eine Straftat) ist. Die zuständige Behörde teilte ihm mit, dies sei nicht genehmigungsfähig. Der Kläger erhob Feststellungsklage mit dem Ziel, gerichtlich feststellen zu lassen, dass er zur Haltung der Tiere berechtigt sei. Hiermit scheiterte er vor dem Verwaltungsgericht. Dieses ging zwar davon aus, dass die Klage zulässig sei, der Kläger begehre die Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses. Allerdings wurde die Klage als unbegründet abgewiesen. Das Verbot der Haltung gefährlicher Tiere sei eindeutig und umfassend geregelt, die gesetzlichen Ausnahmen (Haltungserlaubnis für Zoos, andere Einrichtungen sowie Altbestände) seien nicht einschlägig.
Der Rechtsstreit sei auch nicht unter verfassungsrechtlichen Bedenken auszusetzen. Das würde bedeuten: Nach Art. 100 GG muss ein Gericht, wenn es ein entscheidungserhebliches Gesetz – z. B. wegen der Verletzung von Eigentumsrechten oder dem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit – für verfassungswidrig hält, den Rechtsstreit aussetzen und die entscheidenden Rechtsfragen dem Bundesverfassungsgericht oder (bei Verletzung der Landesverfassung) dem zuständigen Landesverfassungsgericht vorlegen. Dies wurde hier nicht als notwendig erachtet: Das Gericht ging nicht davon aus, dass das nordrhein-westfälische Gefahrtiergesetz verfassungswidrig sein könnte. Die allgemeine Handlungsfreiheit des Artikels 2 GG sei dadurch zwar eingeschränkt, dies sei aber hinsichtlich des Schutzgutes „Vermeidung von Gefahren für die Allgemeinheit“ hinzunehmen. Gerade vom Biss von Vogelspinnen könnten erhebliche Gesundheitsschäden für den Menschen ausgehen. Auch die Tatsache, dass andere Bundesländer die Gattung nicht mehr als gefährlich auflisten (z. B. Hessen seit 2011), sei nicht geeignet, eine andere Entscheidung herbeizuführen.
Auch wenn die Zahl von Beißvorfällen durch Vogelspinnen verschwindend gering sei, sei es nicht abwegig, durch Erlass einer entsprechenden gesetzlichen Regelung tätig zu werden. Das vorbeugende Haltungsverbot für die im Gesetz aufgeführten Arten sei zur präventiven Gefahrenabwehr geeignet. Die Gefahr sei größer als bei Hunden: Diese seien im Gegensatz zu Spinnen durchaus erziehbar, und Spinnen ließen sich nach einem Ausbruch kaum noch lokalisieren, sodass die Gefahr bestehen bleibe.
Im Übrigen sei das Verbot der „Neuhaltung“ (im Gegensatz zu Altbeständen) gefährlicher Tierarten auch erforderlich: Mildere Mittel, z.B. strikte Kontrollen der Haltungen auf Sicherheit und Kontrollen der Halter auf Sachkunde und Zuverlässigkeit, seien nicht ersichtlich. Das vollständige Verbot von Neuhaltungen sei auch nicht unverhältnismäßig. Zwar sei damit ein starker Eingriff in die Handlungsfreiheit gegeben, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr wiege aber schwerer. Ebenso wenig könne sich der Kläger auf Artikel 5 GG (Wissenschaftsfreiheit) berufen. Selbst wenn dies ginge, dürfe man sich nicht unter Bezugnahme auf die Wissenschaftsfreiheit über das Recht der Mitbürger auf Leben und Gesundheit hinwegsetzen. Einen Anspruch auf Feststellung, dass er die Spinnen halten dürfe, habe der Kläger daher nicht.
Dietrich Rössel, Königstein
Nachbars Liebling
Wieder einmal hat die Katze in Nachbars Garten ein Gericht beschäftigt: Das AG Ahrensburg (Az.: 49b 505/21) wies die Klage einer Nachbarin ab, die sich gegen die Katze einer (nicht direkten) Nachbarin auf ihrem Grundstück wehren wollte: In einer Wohnhaussiedlung müsse jedenfalls eine Katze geduldet werden, anderenfalls könne nämlich die Klägerin der gesamten Nachbarschaft aufzwingen, dass diese ihre Katzen nur noch als „Stubenkatzen“ oder ständig angeleint halten dürfe. Wer im Übrigen Speisen offen stehen lasse und die Terrassentür nicht schließe, der provoziere, dass fremde Katzen ins Haus kämen.
Auch die von der Klägerseite behaupteten Verschmutzungen durch Katzenkot und die angebliche Beschädigung ihrer Gartenmöbel halfen ihr nicht weiter, da insoweit ein etwaiger Unterlassungsanspruch daran scheiterte, dass die Klägerseite die Verursachung gerade durch die Katze der Beklagten nicht nachweisen konnte.
Dietrich Rössel, Königstein
Der Gartenteich im Außenbereich
Mit Beschluss vom 23.05.2022 (Az.: M 1 S 21.2155) hat das VG München sich mit einem Gartenteich befasst, der im Außenbereich angelegt worden war und in dem sich u. a. invasive Pflanzenarten befanden. Im Außenbereich (§ 35 BauGB) ist das Bauen nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Das gilt nicht nur für Häuser und Hütten, sondern auch für das Anlegen von Teichen. Bauliche Anlagen sind insbesondere dann zulässig, wenn das Bauvorhaben einem land- oder fortwirtschaftlichen Betrieb oder einem „Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung“ dient. Die weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Bauvorhabens finden Sie hier: https://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/__35.html
Die Klägerin plante einen Imkereibetrieb – auf dem Grundstück befand sich u. a. ein Gartenteich, der relativ steile Ufer hatte (und damit für Kleintiere bedenklich war) und in dem sich invasive Pflanzenarten befanden. Der Versuch der Klägerin, sich gegen die Beseitigungsverfügung (betreffend andere bauliche Anlagen und auch den Teich) zu wenden, scheiterte. Bezüglich des Gartenteiches hielt das Gericht fest, dass die Anlage nicht der in § 35 BauGB genannten Nutzung diene und „der Landschaft wesensfremd“ sei. Die Naturschutzbehörde hatte zusätzlich auf ihre Bedenken hingewiesen, weil der Teich invasive Pflanzenarten beinhaltete und weil seine steilen Ufer geeignet waren, Kleintiere zu gefährden. Darauf kam es nach Auffassung des Gerichts aber nicht mehr an.
Auch die Anlage eines einfachen Teichs im Außengebiet ist daher rechtlich sehr problematisch!
Dietrich Rössel, Königstein