Rössels Recht
Dietrich Rössel arbeitet nach über 20 Jahren als Rechtsanwalt in einer Naturschutzbehörde und stellt uns regelmäßig die neuesten Rechtsfragen rund um das Tier vor.
Mietrecht: Störung und Gefährdung durch Tiere kann weiterhin zur fristlosen Kündigung führen!
Mit Beschluss vom 02.01.2020 (Az.: VIII ZR 328/19) hat der BGH entschieden, dass die fristlose Kündigung eines Mietvertrags jedenfalls dann zulässig ist, wenn ein Mieter trotz mehrerer Abmahnungen durch vertragswidrige Tierhaltung seine mietvertraglichen Pflichten massiv verletzt.
Im konkreten Fall ging es um Hunde eines Mieters, die immer wieder frei auf dem Grundstück und auch auf einem Kinderspielplatz herumliefen; allerdings dürfte die Entscheidung im Zweifel beispielsweise auf eine geruchs- oder lärmverursachende Tierhaltung übertragbar sein. Die fristlose Kündigung nach mehreren Abmahnungen wurde schon erst- und zweitinstanzlich bestätigt und in der letzten Instanz auch vom Bundesgerichtshof.
Erhebliche Vertragsverletzungen und die beharrliche Verletzung der Mieterpflichten seien in einem solchen Fall so schwerwiegend, dass eine fristlose Kündigung, gerade nach mehreren Abmahnungen, zulässig sei.
RA Dietrich Rössel, Königstein
„Animal hoarding“ durch Tierärztin
Das OLG Zweibrücken (Urteil vom 22.06.2020, Az. 1 OLG 2 Ss 73/19) hatte in dritter Instanz abschließend in der Strafsache gegen eine Tierärztin wegen Tierquälerei durch „animal hoarding“ zu entscheiden. Es blieb bei einer Freiheitsstrafe von neun Monaten ohne Bewährung und einem befristeten Tierhaltungsverbot, wie schon in der Berufungsinstanz vom Landgericht ausgeurteilt. Die erstinstanzlich ausgeurteilte Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren sowie ein dreijähriges Berufsverbot hatten somit keinen Bestand.
Das Gericht stellte hier u. a. klar, dass § 17 TierschG nicht das Ansehen des tierärztlichen Berufsstandes schützen soll, sondern Leben und Wohlbefinden von Tieren. Die rein private Misshandlung von Tieren sei daher nicht ausreichend, um dem Tierarzt das für die Ausübung seines Berufes notwendige Vertrauen abzusprechen. (Dass die Tierärztin aber auch Hunde schlecht hielt, die sie gegen Entlohnung in Pension genommen hatte, wurde hier nicht berücksichtigt.)
Darüber hinaus wurde, wie schon vor dem Landgericht, strafmildernd berücksichtigt, dass die Tierärztin an einer Persönlichkeitsstörung litt. Diese hatte sich in einem übermäßigen Tierzüchten und -horten ausgewirkt. Der „Rettertypus“ , so das Gericht, nehme oft viele Tiere auf, beschränke sich aber auf ordentliches Füttern und vernachlässige die weiteren Aspekte des tierischen Wohlbefindens. Eine derartige Persönlichkeitsstörung sei strafmildernd zu berücksichtigen, wenn auch (noch) nicht im Sinne einer geminderten Schuldfähigkeit nach § 21 StGB.
Die vollständige Entscheidung finden Sie über den angegebenen QR-Code.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Aufwendungen für das Tier begründen keine Eigentümerstellung!
Das Landgericht Koblenz (Az.: 13 S 41/20) hat entschieden, dass derjenige, der ein Tier als Geschenk erhält, sein Eigentum an dem Tier auch dann nicht verliert, wenn seine Lebensgefährtin die Kosten für das Tier größtenteils trägt und sich das Paar irgendwann trennt.
Der spätere Kläger hatte zwei Katzen als Geschenk erhalten. Abgeholt hatte er sie gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin. Im Impfpass für die Tiere waren beide Parteien eingetragen. Nach der Trennung verblieben die Tiere noch einige Zeit einvernehmlich bei der früheren Lebensgefährtin, bis der Kläger sie herausverlangte.
Nachdem ihm die Katzen nicht überlassen wurden, verklagte er seine frühere Partnerin auf Herausgabe – mit Erfolg: Das Gericht stellte klar, dass die Beklagte nur so lange zum Besitz der Tiere berechtigt war, bis der Kläger als alleiniger Eigentümer die Tiere herausverlangte. Auch dass die Beklagte die Kosten größtenteils trug und sich um die Tiere kümmerte, änderte nichts an der Eigentümerstellung. Die Nennung der Beklagten in den Impfpässen der Tiere sei ebenfalls nicht relevant: Daraus ergebe sich nichts zu der Frage, wer denn tatsächlich Eigentümer der Tiere sei. Da der Kläger nachweisen konnte, dass die Tiere ursprünglich ausschließlich ihm geschenkt worden waren, war sein Herausgabeverlangen erfolgreich.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Tierarztkosten und (vermeintliche) Behandlungsfehler
Das AG Hannover (Az.: 565 C 848/18) hatte sich mit der Klage einer tierärztlichen Hochschule zu befassen, die die Behandlungskosten in Höhe von knapp 450 Euro von einer – nun ehemaligen – Halterin zweier Chinchillas verlangte.
Die Tiere waren im Verlauf der Behandlung gestorben, was dazu führte, dass ihre Eigentümerin Behandlungsfehler behauptete und der Honorarforderung der Tierärzte eigene Schadensersatzansprüche entgegenstellte. Diese Fehler konnte sie aber nicht nachweisen.
Insbesondere, so das Gericht, sei die Narkotisierung der Tiere ohne Behandlungsfehler erfolgt. Die Tierhalterin sei für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers beweispflichtig. Dass man im Rahmen einer Zahnsanierung die Narkose etwas verlängert habe, um auch noch Röntgenbilder zu erstellen, sei im Vergleich zu der erneuten Narkotisierung für die Erstellung dieser Röntgenbilder mit einem geringeren Komplikationsrisiko verbunden gewesen. Im Übrigen sei die Tierhalterin ordnungsgemäß über die Narkoserisiken aufgeklärt worden. Dass jedenfalls eines der Tiere erst nach vollständigem Durchlaufen der Aufwachphase gestorben sei, spreche gleichfalls gegen einen Zusammenhang zwischen der Verlängerung der Narkosezeit und dem Tod der Tiere.
Da der Zusammenhang zwischen der Art der Narkose – einer Injektionsnarkose – und dem Tod der Tiere schon nicht nachgewiesen sei, spiele die Auffassung der Tierhalterin zu einer geeigneteren (kombinierten) Narkosemethode aus Injektions- und Inhalationsnarkose keine Rolle mehr.
Die Tierhalterin hatte noch vorgetragen, die Tiere könnten auch durch eine Tympanie (eine Darmerkrankung mit Gasansammlungen im Darm, meist aufgrund falscher Ernährung) eingegangen sein. Sie konnte jedoch schon eine fehlerhafte Fütterung nicht nachweisen.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Auflösung eines gewerblichen Tierbestandes
Nach § 16a Tierschutzgesetz kann ein Veterinäramt unter bestimmten Umständen anordnen, dass ein Tierbestand aufgelöst wird. Das kann beispielsweise deshalb der Fall sein, weil ein nach § 11 TierSchG erlaubnispflichtiger Betrieb (gewerbliche Tierhaltung) ohne Genehmigung betrieben wird, aber natürlich auch bei Mängeln in der Tierhaltung.
Allerdings muss die Behörde zuvor die Tierhaltung ausdrücklich untersagen. Das Verwaltungsgericht Regensburg (Az.: RN S 20.1049, Beschluss vom 10.07.2020) entschied, dass die Auflösung eines Tierbestandes nicht schon deshalb angeordnet werden könne, weil der Tierhalter die notwendige Genehmigung zur gewerblichen Tierhaltung nicht habe.
Das Veterinäramt hatte – unanfechtbar – eine beantragte Genehmigung zur gewerblichen Tierhaltung nicht erteilt. Sodann wurde die Auflösung des Tierbestandes angeordnet – wie in solchen Fällen üblich, unter Anordnung des Sofortvollzuges. Allerdings hatte das Veterinäramt vorher keine Untersagung der gewerblichen Haltung (es ging um Strauße) ausgesprochen. Das führte dazu, dass das Gericht die Auflösung des Tierbestandes stoppte.
Zwar sei davon auszugehen, dass das Veterinäramt im vorliegenden Falle ohne Weiteres in wirksamer Weise ein Tierhaltungsverbot werde anordnen können, da es offensichtlich bei den Antragstellern an Sachkunde fehle und auch tierschutzrechtliche Missstände bestünden. Allerdings habe die Behörde die Verfügung zur Auflösung des Tierbestandes so gestaltet, dass auch bei weitestmöglicher Auslegung ein Tierhaltungsverbot nicht in ihr enthalten sei. Da die unbedingt notwendige Vorstufe zur Auflösungsverfügung, nämlich die Haltungsuntersagung, fehle, könne die Auflösung des Tierbestandes in der Folge auch nicht angeordnet werden.
Im Übrigen sei die Auflösung nur auf den vorhandenen Tierbestand bezogen, während das vorher auszusprechende Verbot auch die Neuanschaffung umfasse. Zudem sei zu beachten, dass die Auflösung auch und vor allem den Sinn habe, einen betreuungslosen Zustand – der durch das Haltungsverbot geschaffen werde – zu vermeiden. Durch das Fehlen des Haltungsverbotes falle also auch der Zweck der Auflösungsanordnung weitgehend weg. Die Haltungsuntersagung, so das Gericht, sei also stets Voraussetzung für die folgende Bestandsauflösung.
RA Dietrich Rössel, Königstein