Rössels Recht
Dietrich Rössel arbeitet nach über 20 Jahren als Rechtsanwalt in einer Naturschutzbehörde und stellt uns regelmäßig die neuesten Rechtsfragen rund um das Tier vor.
Leguan-Haltung: So geht es nicht!
Das Verwaltungsgericht (VG) Köln (Az. 21 K 6578/18) stufte die Haltung zweier Grüner Leguane (Iguana iguana) in einer Einzimmerwohnung als tierschutzwidrig ein. Die Tiere lebten hier seit über einem Jahr ohne Terrarium; die erforderliche Lufttemperatur von 25 °C und darüber sowie die Luftfeuchtigkeit von 95 % hatten die Tierhalter durch das Aufdrehen der Heizung und das Verdunstenlassen von Wasser, bis die Fensterscheiben beschlugen, herzustellen versucht.
Die Tiere wurden vom Veterinäramt beschlagnahmt und notveräußert. Außerdem wurde gegen die Halterin ein Haltungs- und Betreuungsverbot für Reptilien erlassen.
Mit der dagegen erhobenen Klage hatte die Tierhalterin keinen Erfolg. Das Gericht bezog sich auf tierärztliche Gutachten, die die Haltung als nicht artgerecht einstufte. Es habe an einem ausreichend großen Wasserbehältnis gefehlt, Lufttemperatur und -feuchtigkeit hätten nicht ausgereicht. Bewegungs- und Schwimmmöglichkeiten hätten gefehlt, im Übrigen seien die Echsen erheblich vernachlässigt gewesen, was sich in einem Bakterienbefall gezeigt habe. Obendrein habe die Halterin trotz Häutungsproblemen und offener Wunden der Tiere keine tierärztliche Behandlung veranlasst.
Tierschutzrechtliche Notveräußerung und Auskunftsanspruch des ehemaligen Eigentümers
Das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig (Az. 12 U 132/16) hatte sich mit dem Auskunftsverlangen eines – ehemaligen – Tiereigentümers zu befassen. Nachdem bei der Überprüfung einer Tierhaltung massive tierschutzrechtliche Mangel festgestellt worden waren, beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft die Tiere, und es wurde wegen zu hoher Unterkunftskosten anschließend die Notveräußerung angeordnet. Der Erlös wurde der ehemaligen Eigentümerin der Tiere übergeben.
Die klagte nun auf Auskunft über den Verbleib „ihrer“ Hunde. Mit diesem Verlangen scheiterte sie zunächst vor dem Landgericht und in zweiter Instanz auch vor dem OLG. Da die Tiere rechtmäßig beschlagnahmt und notveräußert worden seien, könne sie keinen Anspruch auf Herausgebe geltend machen. Somit sei auch ein Auskunftsanspruch nicht gegeben.
Der Auffassung der Klägerin, bereits die Beschlagnahme sei rechtswidrig gewesen und stelle eine Rechtsbeugung durch die Staatsanwaltschaft dar, folgte das Gericht nicht: Die massiv tierschutzwidrigen Zustände hätten einen ausreichenden Grund für die Wegnahme dargestellt, und die Notveräußerung habe wegen der zu erwartenden hohen Unterbringungskosten angeordnet werden dürfen. Somit habe die ehemalige Besitzerin ihre Eigentümerstellung verloren und könne keinen Auskunftsanspruch geltend machen.
Die Notveräußerung ist in § 16a Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes geregelt: www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__16a.
Qualzuchten: Behördliche Anordnung der Kastration ist rechtmäßig!
Das Verwaltungsgericht (VG) Ansbach (Az. AN 10 K 18.00952) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein Veterinäramt die Unfruchtbarmachung von Tieren, die als Qualzuchten einzuordnen sind, anordnen darf (Rössel 2015, 2018; hier weise ich auf zwei Entscheidungen hin, die das Kastrationsgebot als rechtmäßig einstuften).
Wie schon in den beiden früher entschiedenen Fällen wurde auch hier die Anordnung der Unfruchtbarkeitmachung als legal gewertet. Wieder ging es um Tiere, die derart extreme angezüchtete Merkmale aufwiesen, dass bestimmte Organe für den artgemäßen Gebrauch untauglich waren, sodass die Kreaturen Schmerzen, Leiden oder Schäden ertragen mussten.
In dem konkreten Fall ging es um die Katzenzuchtform „Scottish fold“. Sie leidet unter einer Knochen- und Knorpelkrankheit, die dominant vererblich ist. Die Tiere zeigen schmerzhafte Deformationen und Fehlbildungen, was allein schon ausreicht, um sie als Qualzuchten einzustufen.
Außerdem sind die Ohren der Zuchtform durch Auslese so gestaltet (abgeknickt), dass die Tiere ihren Gemütszustand nicht mehr durch deren natürliche Haltung auszudrücken in der Lage sind. Die Unmöglichkeit des artgemäßen Ohrengebrauchs wurde vom Gericht gleichfalls so eingestuft, dass die betroffenen Tiere eine Qualzucht seien.
Die Anordnung, solche Tiere zur Durchsetzung des Zuchtverbotes nach § 11b TierSchG unfruchtbar zu machen, stufte das Gericht daher als rechtmäßig ein.
Literatur
Rössel, D. (2015): Qualzuchten: Behörde darf Kastration anordnen. – D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 68 (12): 11.
Rössel, D. (2018): Zuchtverbot nach § 11 TierSchG. – D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 71 (11): 14.
Kosten der Tierhaltung – kein Anspruch gegen die Krankenkasse
Das Sozialgericht (SG) Dortmund (Az. S 8 KR 1740/18) entschied im April dieses Jahres, dass ein Tierhalter auch dann keinen Anspruch gegen seine Krankenkasse auf Übernahme der Kosten der Tierhaltung hat, wenn die Tiere geeignet sind, seine (seelische) Gesundheit zu stabilisieren.
Eine Tierhalterin wollte die laufenden Unterhaltskosten für einen Hund und eine Katze von ihrer Krankenkasse zurückerhalten. Sie trug vor, dass die Haltung aus Sicht ihres Arztes geeignet sei, ihr wieder Lebensmut
zu geben; ohne ihre Tiere bestehe die Gefahr, dass ihr Gesundheitszustand sich verschlechtere.
Das Sozialgericht wies die Klage ab: Eine Rechtsgrundlage für die Übernahme von Unterhaltskosten für ein Tier sei nicht gegeben. (Haus-)Tiere seien nicht als Hilfs- oder Heilmttel im Sinn der gesetzlichen Vorschriften einzustufen. Auch wenn Tieren im weitesten Sinn eine soziale Funktion zukomme, hätten sie nicht die bestimmungsgemäße Wirkung, den Gesundheitszustand von Kranken zu verbessern.
Selbst wenn Tiere sich positiv auf die menschliche Psyche auswirken, seien sie nach dem Gesetz nicht als Teil der Krankenbehandlung anzusehen. Da die Tierhaltung auch keiner drohenden Behinderung vorbeugen und (mit Ausnahme von Blindenhunden) keine Beeinträchtigung ausgleichen könne, seien ihre Kosten der privaten Lebensführung zuzuordnen und nicht von der Krankenkasse zu übernehmen.
Übertriebene Tierfreundschaft: Zu viel ist zu viel!
Das AG Bonn (Az. 204 C 204/17, Urteil vom 26.4.2018) hatte über das Räumungsverlangen eines Vermieters zu entscheiden. Die beklagte Mieterin hatte immer wieder Tauben auf dem Balkon gefüttert und dadurch Dutzende Stadttauben und anderes Getier angelockt.
Das Gericht gab der Klage statt: Auch wenn die Mieterin einige Brieftauben halte, sei es den Nachbarn nicht zuzumuten, dass durch das Anlocken von rund 80 Stadttauben in erheblichem Maß Taubenkot und Federn das Haus verunreinigen und die Mitbewohner belästigen. Auch müsse die Hausgemeinschaft nicht hinnehmen, dass durch die exzessive Vogelfütterung Ratten angelockt würden. Nachdem eine vorangehende Abmahnung erfolglos geblieben war, hatte die auf eine vorangegangene fristlose Kündigung gestützte Räumungsklage Erfolg.
Auch das AG Steinfurt (Az. 4 C 171/08) hatte in der Vergangenheit rücksichtslosem Verhalten eines Mieters Grenzen gesetzt und ihn zur Räumung seiner Wohnung verurteilt. Er hatte seinen Hund im Gemeinschaftsgarten regelmäßig koten lassen und den Hundekot trotz Aufforderung nicht beseitigt. Die Kündigung des Mietvertrags und der Verlust seiner Wohnung waren die Folge.