Rössels Recht
Dietrich Rössel arbeitet nach über 20 Jahren als Rechtsanwalt in einer Naturschutzbehörde und stellt uns regelmäßig die neuesten Rechtsfragen rund um das Tier vor.
Haftung bei Miettieren außer Rand und Band
Der Halter eines vermieteten Tieres ist nach § 833 BGB auch für Schäden haftbar, die während der Beaufsichtigung des Tieres durch den Mieter entstehen. Das OLG Oldenburg (Az.: 8 U 7/20) sprach einem Kind Schmerzensgeld in ungekürzter Höhe zu. Die Mutter des Kindes hatte für einen Ausritt ein Pony gemietet und das Tier selbst geführt. Das Pony riss sich jedoch los, das Kind fiel herunter und verletzte sich.
Das Argument des Tierhalters, die Mutter des Kindes treffe ein Mitverschulden, ließ das Gericht nicht gelten. Sie sei zwar Tierhüterin i.S.d. § 834 BGB und hafte daher – wenn auch nicht aus Gefährdungshaftung – aufgrund vermuteten Verschuldens. Allerdings habe sie diese Vermutung widerlegt und nachgewiesen, dass sie kein Verschulden treffe. Als Mieterin habe sie davon ausgehen dürfen, dass das vermietete Tier nicht besonders gesichert werden müsse, sondern im Gelände sicher geführt werden könne. Der Vermieter habe das Tier auch nur mit einem einfachen Führstrick übergeben. Sie habe zudem keine Möglichkeit gehabt, das Tier zu stoppen. Daher sei ihr kein Mitverschulden anzulasten und die Haftung des Tierhalters bestehe ohne Einschränkung.
Wer ein Tier regelmäßig Dritten zur Verfügung stellt oder es sogar gewerblich vermietet, sollte unbedingt eine Haftpflichtversicherung abschließen, die ausdrücklich auch dieses besondere Risiko umfasst.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Auf ein Neues: Tierkauf
Wieder einmal musste der Bundesgerichtshof sich mit rechtlichen Fragen zum Tierkauf befassen (Urteil vom 27.05.2020, Az. VIII ZR 315/18).
Der Verkäufer eines Tieres haftet nach dieser Entscheidung nur dafür, dass es bei Übergabe („Gefahrübergang“) nicht krank ist und dass es sich auch nicht in einem Zustand befindet, aufgrund dessen es mit hoher Wahrscheinlichkeit erkranken wird. Eine anderslautende, individuelle Beschaffenheitsvereinbarung ist jedoch zulässig.
Wenn das Tier also von der „physiologischen Norm“ abweicht, dadurch aber nur eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es künftig aufgrund klinischer Symptome für seinen eigentlichen Verwendungszweck nicht genutzt werden kann, gilt das Tier nicht als mangelhaft. Das trifft auch für ein vom „Idealzustand abweichendes Verhalten zu: Nicht jedes abweichende Verhalten ist ein Mangel.
Gleichzeitig nahm der BGH nochmals zur Frage der kaufrechtlichen Beweislastumkehr beim Kauf von einem Händler an einen privaten Käufer Stellung: Die Beweislastumkehr zugunsten des Käufers tritt bereits dann ein, wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang ein Zustand am Tier zeigt, der eine Mangelhaftigkeit begründet, weil eben die geschuldete Beschaffenheit des Tieres bei Übergabe nicht vorlag (es sei denn, der Verkäufer kann tatsächlich beweisen, dass der Zustand bei Übergabe des Tieres noch nicht vorhanden und auch nicht angelegt war).
Damit hält der BGH an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Tierkauf fest, vgl. auch Az. VIII ZR 32/16 und VIII 69/18). Ein „optimales Tier“ darf also nicht erwartet werden.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Anspruch auf optimale Unterbringung eines in Betreuung gegebenen Tieres
Das AG München (Az.: 241 C 9143/21) hat den Antrag einer Tierhalterin zurückgewiesen, die im gerichtlichen Eilverfahren („einstweilige Verfügung“) gegenüber der Betreiberin einer Tierpension die bessere Unterbringung ihrer Tiere durchsetzen wollte.
Die Betreiberin der Pferdepension hatte der Besitzerin von zwei Pferden grundlos verwehrt, dass ihre Tiere noch auf die Weidekoppel gehen durften (was aber vertraglich vereinbart war). Die Tierhalterin versuchte, den Zugang zur Weide für ihre Pferde mithilfe einer Einstweiligen Verfügung zu erzwingen, scheiterte hiermit jedoch. Das Gericht ging hier davon aus, dass etwaige physische und psychische Belastungen der Tiere auch auf andere Weise vermieden werden könnten als durch die kurzfristige Gewährung des Weidezugangs, etwa durch das Ausführen der Tiere. Jedenfalls bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache sei dies zumutbar.
Nachdem sich zwischenzeitlich das Veterinäramt eingeschaltet hatte, hatte die Betreiberin der Pferdepension die Tiere wieder auf die Weidekoppel gelassen. Damit hatte sich der Grund für den Erlass der Einstweiligen Verfügung erledigt; das LG München I wies die sofortige Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung daher zurück.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Kein Honorar bei mangelnder tierärztlicher Untersuchung und Behandlung
Mit Urteil vom 22.04.2021 (Az.: 565 C 7082/19) hat das Amtsgericht Hannover die Honorarklage eines Tierarztes abgewiesen. Der Kläger hatte einen Tumor am Hund der Beklagten operativ entfernt und Folgeuntersuchungen durchgeführt. Zwei Monate später starb das Tier und die Beklagte weigerte sich, die Tierarztrechnung zu bezahlen.
Die Klage des Tierarztes hatte keinen Erfolg: Nach durchgeführter Beweisaufnahme ging das Gericht davon aus, dass der Tierarzt die Hundehalterin nicht ordnungsgemäß beraten habe und dass die Operation auch nicht nach den Regeln der tierärztlichen Kunst durchgeführt worden sei. Vor allem konnte der Tierarzt seine Behauptung, die Hundebesitzerin habe eine „Behandlung um jeden Preis“ verlangt, nicht beweisen. Der Tierarzt habe vor der Operation auch versäumt, das Tier ausreichend gründlich auf eine etwaige Metastasierung des Tumors zu untersuchen. Bei fachgerechter Untersuchung hätte er nämlich feststellen können und müssen, dass der Tumor bereits gestreut hatte und dass das Tier hätte euthanasiert werden müssen. Die mangelhafte Aufklärung der Tierhalterin und die ebenso mangelhafte Überprüfung des Gesundheitszustands des Tiers vor dem Eingriff machten den Honoraranspruch des Tierarztes daher zunichte.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Wohin mit dem Geld im Tierschutz?
Das VG Trier (Az.: 8 L 2530/21.TR) hat eine behördliche Anordnung bestätigt, mit der gegen einen Verein, dessen satzungsgemäßer Zweck der Tier- und Naturschutz ist, ein Sammlungsverbot ausgesprochen wurde.
Der Verein bot nach Ansicht des Gerichts keine ausreichende Gewähr für die satzungsgemäße und einwandfreie Verwendung der Erträge seiner Sammlung. Da der Verein allenfalls einen Bruchteil der gesammelten rund 10 Millionen Euro überhaupt ausgegeben habe, bestünden erhebliche sammlungsrechtliche Zweifel, ob eine zweckentsprechende Verwendung der Rücklagen überhaupt beabsichtigt sei. Der Verein habe auch nicht dargelegt, dass er seine Rücklage in den kommenden Jahren zweckentsprechend verwenden wolle. Da das Sammlungsgesetz das Ziel verfolge, das Vertrauen der Bevölkerung in die ordnungsgemäße Verwendung von Sammelerträgen zu bewahren und auch andere Veranstalter von Sammlungen vor unlauterer Konkurrenz zu schützen, sei das behördliche Eingreifen auch geboten.
RA Dietrich Rössel, Königstein