Rössels Recht
Dietrich Rössel arbeitet nach über 20 Jahren als Rechtsanwalt in einer Naturschutzbehörde und stellt uns regelmäßig die neuesten Rechtsfragen rund um das Tier vor.
Anspruch auf optimale Unterbringung eines in Betreuung gegebenen Tieres
Das AG München (Az.: 241 C 9143/21) hat den Antrag einer Tierhalterin zurückgewiesen, die im gerichtlichen Eilverfahren („einstweilige Verfügung“) gegenüber der Betreiberin einer Tierpension die bessere Unterbringung ihrer Tiere durchsetzen wollte.
Die Betreiberin der Pferdepension hatte der Besitzerin von zwei Pferden grundlos verwehrt, dass ihre Tiere noch auf die Weidekoppel gehen durften (was aber vertraglich vereinbart war). Die Tierhalterin versuchte, den Zugang zur Weide für ihre Pferde mithilfe einer Einstweiligen Verfügung zu erzwingen, scheiterte hiermit jedoch. Das Gericht ging hier davon aus, dass etwaige physische und psychische Belastungen der Tiere auch auf andere Weise vermieden werden könnten als durch die kurzfristige Gewährung des Weidezugangs, etwa durch das Ausführen der Tiere. Jedenfalls bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache sei dies zumutbar.
Nachdem sich zwischenzeitlich das Veterinäramt eingeschaltet hatte, hatte die Betreiberin der Pferdepension die Tiere wieder auf die Weidekoppel gelassen. Damit hatte sich der Grund für den Erlass der Einstweiligen Verfügung erledigt; das LG München I wies die sofortige Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung daher zurück.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Kein Honorar bei mangelnder tierärztlicher Untersuchung und Behandlung
Mit Urteil vom 22.04.2021 (Az.: 565 C 7082/19) hat das Amtsgericht Hannover die Honorarklage eines Tierarztes abgewiesen. Der Kläger hatte einen Tumor am Hund der Beklagten operativ entfernt und Folgeuntersuchungen durchgeführt. Zwei Monate später starb das Tier und die Beklagte weigerte sich, die Tierarztrechnung zu bezahlen.
Die Klage des Tierarztes hatte keinen Erfolg: Nach durchgeführter Beweisaufnahme ging das Gericht davon aus, dass der Tierarzt die Hundehalterin nicht ordnungsgemäß beraten habe und dass die Operation auch nicht nach den Regeln der tierärztlichen Kunst durchgeführt worden sei. Vor allem konnte der Tierarzt seine Behauptung, die Hundebesitzerin habe eine „Behandlung um jeden Preis“ verlangt, nicht beweisen. Der Tierarzt habe vor der Operation auch versäumt, das Tier ausreichend gründlich auf eine etwaige Metastasierung des Tumors zu untersuchen. Bei fachgerechter Untersuchung hätte er nämlich feststellen können und müssen, dass der Tumor bereits gestreut hatte und dass das Tier hätte euthanasiert werden müssen. Die mangelhafte Aufklärung der Tierhalterin und die ebenso mangelhafte Überprüfung des Gesundheitszustands des Tiers vor dem Eingriff machten den Honoraranspruch des Tierarztes daher zunichte.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Wohin mit dem Geld im Tierschutz?
Das VG Trier (Az.: 8 L 2530/21.TR) hat eine behördliche Anordnung bestätigt, mit der gegen einen Verein, dessen satzungsgemäßer Zweck der Tier- und Naturschutz ist, ein Sammlungsverbot ausgesprochen wurde.
Der Verein bot nach Ansicht des Gerichts keine ausreichende Gewähr für die satzungsgemäße und einwandfreie Verwendung der Erträge seiner Sammlung. Da der Verein allenfalls einen Bruchteil der gesammelten rund 10 Millionen Euro überhaupt ausgegeben habe, bestünden erhebliche sammlungsrechtliche Zweifel, ob eine zweckentsprechende Verwendung der Rücklagen überhaupt beabsichtigt sei. Der Verein habe auch nicht dargelegt, dass er seine Rücklage in den kommenden Jahren zweckentsprechend verwenden wolle. Da das Sammlungsgesetz das Ziel verfolge, das Vertrauen der Bevölkerung in die ordnungsgemäße Verwendung von Sammelerträgen zu bewahren und auch andere Veranstalter von Sammlungen vor unlauterer Konkurrenz zu schützen, sei das behördliche Eingreifen auch geboten.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Tierhalterhaftung: Kein automatischer Haftungsausschluss zwischen Tierhalter und Tiernutzer!
Das LG München I (Az.: 20 O 2974/19) hat entschieden, dass die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB auch dann weiterbesteht, wenn eine verletzte Person vertraglich mit dem Tierhalter verbunden ist.
Im konkreten Fall ging es um die Ansprüche einer Reiterin, die mit der Halterin eines Pferdes eine Reitbeteiligung vereinbart hatte und von dem Tier verletzt wurde. Die Halterin des Tieres – bzw. wohl ihre Haftpflichtversicherung – versuchte sich aus der Haftung mit dem Argument zu befreien, zwischen Halter und Reitbeteiligter sei ein stillschweigender Haftungsausschluss zustande gekommen.
Diese Argumentation überzeugte das Gericht nicht. Ein Haftungsausschluss sei ausdrücklich vertraglich zwischen den Parteien zu regeln. Wenn dies nicht der Fall sei, könne wegen der oft weitreichenden Konsequenzen nur im Ausnahmefall von einem solchen Haftungsausschluss ausgegangen werden.
Da im vorliegenden Fall die Reiterin auch in die Tierhalter-Haftpflichtversicherung mit aufgenommen worden und selbst verpflichtet gewesen sei, eine Unfallversicherung abzuschließen, sei von einem solchen Ausnahmefall keinesfalls auszugehen.
Grundsätzlich sollte allerdings jeder, der privat mit fremden Tieren umgeht, vorab die haftungsrechtlichen Fragen klären.
- Wer ein Tier „hütet“, haftet aus Tierhüterhaftung neben dem Tierhalter nach § 834 BGB. Als – auch gelegentlicher – Tierhüter sollte man mit seiner Privathaftpflichtversicherung klären, ob die Tierhüterhaftung mit eingeschlossen ist (meist ist das der Fall, wenn man nur gelegentlich beispielsweise gefälligkeitshalber auf das Tier des Nachbarn aufpasst).
- Wer sein Tier Dritten überlässt oder Dritte auch nur auf sein Tier aufpassen lässt, sollte mit seiner eigenen Tierhalter-Haftpflichtversicherung klären, dass eine etwaige Haftung des Tierhüters gegenüber Dritten mitversichert ist. Soweit es sich um kleinere Tiere handelt, wird in der Regel die „normale“ Privathaftpflichtversicherung die Risiken des Tierhalters abdecken. Insbesondere bei Hunden, Pferden und gefährlichen Tieren muss jedoch vom Halter immer eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden, um eine unbeschränkte persönliche Haftung für Schäden, die das Tier verursacht, auszuschließen.
- Zwischen dem Tierhalter und demjenigen, der mit dem Tier umgeht, sollte eine klare Regelung bezüglich der Frage bestehen, ob ein Haftungsausschluss gewollt ist, falls das Tier den Tierhüter verletzt. Das sollte auch der Haftpflichtversicherung bekanntgegeben werden.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Kaufrecht beim Tier: Wie ist das eigentlich mit der Arglist?
Wer eine Sache oder ein Tier verkauft, hat in der Regel für den mangelfreien Zustand der Kaufsache einzustehen. Bei einem lebenden Tier – das wurde schon in zahlreichen Urteilen festgestellt – kann kein „perfektes Exemplar“ verlangt werden, und auch die denkbare Möglichkeit, dass sich beim zum Zeitpunkt der Übergabe „mangelfreien“ Tier im Lauf der Jahre eine Situation entwickelt, die als Krankheitsbild gewertet werden kann, wird in der Regel nicht als Mangel angesehen.
Der Käufer kann zunächst Nacherfüllung verlangen – also entweder Ersatzlieferung oder Nachbesserung an der Kauf-„Sache“; schlägt diese zwei Mal fehl, besteht die Möglichkeit der Kaufpreisminderung oder des Rücktritts. Schadensersatz kann hingegen nur gefordert werden, wenn der Verkäufer arglistig gehandelt, insbesondere also dem Käufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat.
Das „Wann“ dieses Verschweigens kann eine Rolle spielen! Ein Fall aus der Praxis: Die Käuferin schloss mit einem gewerblichen Züchter (der also jedenfalls die Gewährleistung nicht ausschließen konnte) einen Kaufvertrag über einen Hund, an dem zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses – wenige Wochen nach der Geburt – noch keine Mängel erkennbar waren. Der Hund blieb allerdings noch einige weitere Wochen beim Verkäufer; in diesem Zeitraum entwickelte sich eine massive Fehlstellung des Unterkiefers, die für die Käuferin nicht zu erkennen war (wäre dieser Mangel auf den ersten Blick zu sehen gewesen, wäre es einem Käufer schwergefallen, sich auf Arglist zu berufen). Der Verkäufer übergab das Tier im Wissen um dessen gesundheitliche Problematik; der Käuferin entstanden hohe Tierarztkosten. Auch war der Hund damit nicht zuchttauglich und somit wesentlich im Wert gemindert.
Der Verkäufer bestritt zunächst jede Arglist, allerdings hatte er der Käuferin Papiere nachgereicht, aus denen sich der Mangel ergab. Damit wäre es nach Auffassung des Verfassers ohne weiteres möglich gewesen, die gesamten Tierarztkosten zu verlangen. Der Verkäufer wäre nämlich verpflichtet gewesen, diesen Mangel vor der Übergabe anzugeben und der Käuferin die Rückabwicklung des Vertrags anzubieten. Sein Schweigen ist daher als Arglist einzustufen, das den weitergehenden Schadensersatzanspruch der Käuferin auslöste.
Der Fall zeigt, wie wichtig eine Rechtsschutzversicherung ist: Da die Käuferin eine solche nicht hatte und der Verkäufer nicht bereit war, die vollen Tierarztkosten sowie die Wertminderung zu bezahlen, scheute sie die Kosten für eine Klage, die gerade durch ein gerichtliches Sachverständigengutachten schnell mehrere tausend Euro verschlingt. Immerhin konnte außergerichtlich eine akzeptable Vergleichszahlung erzielt werden.
RA Dietrich Rössel, Königstein