margin-right: 20px; margin-bottom: 10pxMüller, Thorolf & Gerd Hoffmann-Wiek (2020): Tiefsee – Vielfalt in der Dunkelheit. – Senckenberg-Buch 83, E. Schweizerbart‘sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 204 S., 177 Abbildungen; ISBN 978-3-510-61415-8; 17,90 €

Das hier besprochene Buch nimmt den Leser mit auf eine Reise in die Tiefsee, jene immer noch (zumindest im Verhältnis zu anderen Lebensräumen) unbekannte Welt. Eine Menge zu entdecken gibt es jedenfalls – die teils fabelhaft anmutenden Wesen werden im mit vielen Bildern aufgelockerten Werk von Müller und Hoffmann-Wiek vorgestellt, und ganz zeitgemäß werden auch Probleme aufgezeigt, die deutlich publiker gemacht werden müssten.
Die Erforschung dieser für uns so unzugänglichen Welt begann vor gut 150 Jahren – zu einer Zeit, als die Menschen glaubten, die Tiefsee sei unbewohnt. Eine Anekdote zeigt, wie überrascht man gewesen sein musste, dass dem gar nicht so ist: 1860 wurde im Mittelmeer ein defektes Kabel aus der Tiefe gehoben, das repariert werden sollte. Daran hatten sich Lebewesen angesiedelt – der Forschungsdrang war geweckt. 1898 stieg Deutschland mit der Valdivia-Expedition in dieses Forschungsfeld ein. Auch heute kennen wir den Lebensraum erst bruchstückhaft, trotzdem sollten wir ihn schützen.
Leben gibt es bis in eine Tiefe von 11.000 m, ab 1.000 m liegt alles in ewiger Dunkelheit. Und je tiefer es geht, desto kälter wird es: von +4 °C bis -1 °C. Vor allem aber der hohe Wasserdruck ist eine große Herausforderung an die Anpassungsfähigkeit der Organismen. Bei den extremen Bedingungen leben dort z. B. Tiefsee-Anglerfische (Ceratioidei), Pelikan-Aale (Eurypharynx pelecanoides) und Fangzahn (Anoplogaster cornuta), um nur wenige der im Buch Erwähnten zu nennen.
Hartes Substrat (Felsen, Schalen und Manganknollen) macht prozentual den weitaus geringeren Anteil an der Gesamtmenge des Untergrundes aus, und mit 85 % dominiert weiches Substrat (feinkörniger Grund aus Verwitterungen und Überresten von Organismen). Schwämme, Korallen und Muscheln siedeln sich auf den harten Untergründen an. Schnecken, Muscheln und Stachelhäuter bewohnen die weichen Böden.
Vulkanisch aktive Bereiche mit schwarzen und anderen Rauchern bilden Hotspots für Lebewesen. Genannt werden etwa die im Golf von Mexiko 2003 entdeckten Asphaltablagerungen. Auch auf diesen Asphaltmatten haben sich Mikroben angesiedelt.
Selbst an den Manganknollen gibt es Leben, dort siedeln sich verschiedene Krebstiere wie die dreigliedrigen Eichelwürmer, Borstenwürmer und Wasserbären an. Erläutert werden auch die Gefahren des Tiefseebergbaus: Beim Abbau der Manganknollen wird deren Umgebung zerstört, beim Transport an die Oberfläche entstehen Schäden durch „Abfälle“, die wieder nach unten sinken (und dann da landen, wo andere Lebewesen sitzen und siedeln).
In den großen Tiefen sind die Sichtverhältnisse schlecht, manche Tiere erzeugen selber Licht, andere verständigen sich mit Geräuschen. Wo Leben ist, wird auch gestorben, anschaulich beschrieben an einem Wal, dessen Überreste in der Tiefe als Nahrung für die verschiedensten anderen Lebewesen herhalten; je nach Art der Zersetzung sind etwa spezielle Aasfresser, Schwefelliebhaber sowie Knochenfresser beteiligt.
Das Team von Senckenberg und Geomar hat ein spannendes Buch geschrieben, trotz der Fülle an Informationen ist es gut und verständlich zu lesen. Meine Neugierde am Thema „Tiefsee“ ist gewachsen.
Elfriede Ehlers