Das Bundesamt fur Naturschutz (BfN) startete ein dreijähriges Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben, in dem erstmalig die mögliche Wiederherstellung der Bestände der einheimischen Europäischen Auster (Ostrea edulis) in der deutschen Nordsee eingehend im Freiland erforscht wird. Projektpartner ist das Alfred-Wegener- Institut Helmholtz-Zentrum fur Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven. Die Bestände der Europäischen Auster werden in ganz Europa als stark gefährdet eingestuft. Durch einen seit etwa 1850 intensivierten und andauernden massiven Fischereidruck kam es bereits im Lauf des 20. Jahrhunderts europaweit zu einem Zusammenbruch der natürlichen Austernpopulationen. Zusätzlich erschwerten schwindender Lebensraum, kalte Winter und Krankheiten die Erholung dieser langsam wachsenden Art. „In weiten Teilen Europas, auch in der deutschen Nordsee, gilt die Europäische Auster daher inzwischen als ausgestorben“, erklarte BfN-Präsidentin Beate Jessel. „Austernriffe sind jedoch ‚Hotspots‘ der biologischen Vielfalt, die eine wichtige Rolle im Ökosystem des Meeres spielen und daher unserer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.“ Austernbänke bieten Nahrung und Lebensraum fur viele Tierarten und dienen unter anderem als Kinderstube fur zahlreiche Fische. Durch ihre hohe Filtrationsleistung verbessern sie außerdem die Wasserqualität und können lokal zu einer Verringerung toxischer Algenblüten beitragen. Das im April gestartete Projekt basiert auf einer 2014 erstellten Machbarkeitsstudie des BfN zur potenziellen Wiederansiedelung der Europäischen Auster. Wissenschaftler des AWI werden nun Methoden und Verfahren zum nachhaltigen Wiederaufbau eines Austernbestands in der deutschen Nordsee entwickeln, modellhaft in die Praxis umsetzen und testen. Das Projekt wird fachlich durch die Abteilung Meeresnaturschutz des BfN betreut. Die dafür verantwortliche AWI-Wissenschaftlerin Bernadette Pogoda, ausgewiesene Expertin in der Austernbiologie, wird zunächst Erfahrungen internationaler Austern-Restaurationsvorhaben heranziehen, um Methoden und Technologien an die Situation in der deutschen Nordsee anzupassen. Anhand von Probennahmen und Daten-Recherchen sollen dann geeignete Wiederansiedelungsflächen in der Deutschen Bucht bestimmt werden. Eine wichtige Voraussetzung für die Eignung bestimmter Meeresgebiete ist der Ausschluss jeglicher Boden verändernder Aktivitaten, also Fischerei mit bodenberührendem Fanggerät oder Sand- und Kiesabbau. Nach erfolgreichem Abschluss der Eignungsprüfung sollen zwei oder drei Standorte für Wiederansiedelungsversuche ausgewählt werden. Für eine nachhaltige Wiederherstellung von Austernbänken werden zudem Besatz- und Monitoring- Konzepte entwickelt und erprobt sowie ein internationales Team kooperierender Institutionen aufgebaut. Im Zug dieses auf drei Jahre angelegten Erprobungsvorhabens soll die Basis fur eine langfristige Wiederherstellung der Bestände der Europäischen Auster in der Deutschen Bucht und der durch die Muschel gebildeten biogenen Riffe geschaffen werden. BfN