all ruediger_riehlAm 27.9.2012 verstarb Dr. Rüdiger Knut Riehl, Akademischer Oberrat am Institut für Zoologie der Universität Düsseldorf, zuständig für Großgeräte und die Organisation des Mediziner-Praktikums. Wir fühlen mit seiner Familie und werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren, etc. etc. So oder ähnlich werden wohl die eher amtlichen Erklärungen lauten, eventuell ergänzt durch einigen Daten zum Werdegang, die natürlich auch hier genannt werden.

Rüdiger Riehl wurde am 14.2.1949 in Gombeth bei Kassel geboren, besuchte dort die Schule, legte 1967 sein Abitur ab, studierte Biologie an der Universität Gießen, wo er 1976 zum Dr. rer. nat. mit Untersuchungen zur Oogenese (Eibildung) einheimischer Fische und Bildung der Mikropyle (Öffnung in der Eihülle, über die die Spermien in das Ei eindringen) promovierte. Seine Liebe zum Taxon „Fische“ war ihm aber wohl schon viel früher in die Wiege gelegt worden. Bis 1979 war er am Gießener Institut für Zoologie tätig, arbeitete dann an der Hautklinik der Universität Heidelberg und ab 1982 am Institut für Zoologie in Düsseldorf, wo er neben seinen Hauptaufgaben bis zum Schluss mit unvermindertem Elan einen Kurs über „Biologe der Knochenfische“ anbot.

Als ich ihn Ende der 1970er-Jahre kennenlernte, war ich zunächst etwas irritiert. Da stand jemand vor mir, den man nur als „Fischfreak“ bezeichnen konnte, der alles, was irgendwie mit Fischen zusammenhing, sammelte. Seine Bibliothek und Sonderdrucksammlung legen ein beredtes Zeugnis davon ab. Da kam es schon einmal vor, dass er, obwohl sehr penibel, ein Buch zweimal kaufte, weil ihm entfallen war, dass er es schon besaß.

Rüdiger Riehl scheute sich nicht, populär zu schreiben, so im TI-Magazin und in anderen Aquarienzeitschriften, um auch dem Nichtfachmann mitzuteilen, was ihm am Herzen lag. Er war eine Zeit lang Redakteur der Deutschen Cichliden-Gesellschaft e. V. (DCG), wurde immer wieder zu Vorträgen eingeladen und war maßgeblich an der Organisation der Düsseldorfer Symposien zur „Biologie der Aquarienfische“ beteiligt, die zum Ziel hatten, dem ambi­tionierten Aquarianer Hintergrundwissen zu vermitteln und ihn zu ermuntern, eigene Beobachtungen zu Papier zu bringen. Rüdiger Riehl betrieb federführend die Gründung der Gesellschaft für Ichthyologie (GfI), eine wissenschaftliche Gesellschaft, die sich auch der Aquaristik verbunden fühlt.

Für den Aquarianer ist der Name Riehl untrennbar mit dem „Aquarien-Atlas“ verbunden, ein auch heute noch willkommenes Nachschlagewerk. Ich glaube, das akribische Sammeln und Aufarbeiten von Daten lagen ihm ganz besonders, und er ärgerte sich tierisch (über sich), wenn er auf Unzulänglichkeiten aufmerksam gemacht wurde.

Diese Sorgfalt kennzeichnet auch seine wissenschaftlichen Publikationen, vor allem über die Mikropyle, deren strukturelle Variabilität er „abzuarbeiten“ versuchte. Ein endloses Thema, denn, so pflegte er bisweilen zu sagen, es gebe ja über 20.000 Teleosteer. Sicher ruht noch einiges Unbeschriebene in seiner Sammlung. Er hat allerdings die Aquarienfische, deren Mikropyle er untersuchte, nie selbst gezüchtet; ein „Netzwerk“ von Züchtern lieferte ihm stets das Gewünschte.

Ausflüge in andere Gebiete der Zoologie waren eher selten, und methodisch war er der „klassischen“ Morphologie verhaftet. Deskriptive Lichtmikroskopie, vor allem aber Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) und Rasterelektronenmikroskopie (REM) waren sein Metier, und mit Hilfe der REM beschrieb er immer wieder Eihüllen und Mikropylen, letztlich, um deren Merkmale praktisch zu verwerten (Bestimmungsschlüssel) und sie in einem phylogenetisch-systematischen Kontext zu diskutieren (dazu kam er leider nicht mehr).

Betroffen mussten wir bei der Trauerfeier erfahren, dass er es nie ganz verwunden hat, dass seine Bemühungen von akademischer Seite nicht entsprechend gewürdigt worden sind. Wer sich jedoch mit der Mikropyle von Teleosteern befassen will, kommt an Riehls Arbeiten nicht vorbei.

Es wäre allerdings verfehlt, Rüdiger Riehl auf Mikropyle und Eientwicklung zu reduzieren. Auf meine Frage, was er denn nach seiner Pension zu tun gedenke, erwiderte er – ich war ein wenig überrascht –, er wolle sich wohl vermehrt sozial engagieren.

Rüdiger Riehl war gesellig, kommunikativ und – für alle, die ihn kannten, unnachahmlich und unvergesslich – ein Meister im Kalauern, im Erfinden von Wortspielen. Man sah es ihm an, wie es in ihm arbeitete, hatte ihm jemand freiwillig oder unfreiwillig ein passendes Stichwort zugespielt. Als Antwort war ihm keine Plattitüde zu schade, und während unserer Kaffeerunden im Institut bewerteten wir sie nach einer unten offenen Riehl-Skala. Er nahm das gelassen hin, und wir hatten unseren Spaß daran.

Er kalauerte noch, als er bereits im Hospiz war. Sicher wäre ihm auch ein Wortspiel zu seinem eigenen Nachruf eingefallen, oder es hätte ihn gefreut, wenn ich einen gescheiten Kalauer (gibt es so etwas überhaupt?) dazu hätte beitragen können. Dazu war ich aber nicht in der Lage.

Wir haben uns am 12. Oktober 2012 in einer berührenden Trauerfeier von Rüdiger Riehl verabschiedet.

Autor: Hartmut Greven