Einen Namen – sowohl bei Ichthyologen als auch bei Aquarianern – machte sich Dr. Joachim Knaack bereits in den frühen 1960er-Jahren: Damals beschrieb er mehrere Corydoras-Arten, die sich schon bald als Aquarienfische großer Beliebtheit erfreuten. Knaack war nicht etwa in einem Museum tä­-tig, sondern trieb Fischforschung als Hobby, um nicht zu sagen aus Leidenschaft.
Seine erste Neubeschreibung – Corydoras guapore – veröffentlichte er 1961, ein Jahr später folgten C. haraldschultzi und C. sterbai. Diese drei Arten waren im Guaporé-Einzug in Brasilien gesammelt worden, und zwar während jener Ein-Mann-Unternehmung, die wir als ­„Harald-Schultz-Expedition“ kennen. Zwei weitere Spe­zies aus dieser Quelle waren C. caudimaculatus RÖSSEL, 1961 und C. cervinus RÖSSEL, 1962. Alle fünf Arten wurden durch die Firma „Tropica­rium“ (Frankfurt am Main) lebend importiert.
Zu jener Zeit war die Aquaristik in Europa und in den USA eine ausgesprochen populäre Liebhaberei, und Knaack war zeitlebens eine der führenden Autoritäten der Aquarienkunde der DDR, die ein sehr hohes Niveau ­erreichte.
Aber schon recht bald, nachdem er mit seinen Artbeschreibungen begonnen hatte, legten ihm politische Kreise in der Deutschen ­Demokratischen Republik nahe, seine wissenschaftlichen Studien einzustellen. Danach erschien nur noch die Beschreibung des Zwergpanzerwelses C. pygmaeus (1966), dann verschwand ­Joachim Knaack still und ­leise aus der „Szene“.
Kurz nach der Wende und mittlerweile im wohl­verdienten Ruhestand, hatte Knaack endlich viel Zeit und – noch wichtiger – die Freiheit, uneingeschränkt zu ­reisen. So zog es ihn in den späten 1990er-Jahren nach Brasilien, um den Rio Guaporé zu besuchen – und dort jene Orte, an denen H. Schultz in den 1960er-Jahren seine fünf Corydoras-Arten gefangen hatte.
Neben den Panzerwelsen fand Knaack weitere wissenschaftlich neue Welsarten, die er in den Jahren 1999
bis 2007 beschrieb. Etliche seiner Arbeiten erschienen in verschiedenen Aquarienzeitschriften.
Seine ersten Beschreibungen aus dieser „zweiten Periode“ seines Schaffens – nach einer Pause von ungefähr 33 Jahren – waren gut und verlässlich, aber verfasst in Stil und Geist seiner früheren Publikationen. Vor allem seine Veröffentlichungen aus den Jahren 1999 und 2000 wurden von mehreren jungen Kollegen eher skeptisch aufgenommen; ihnen war natürlich nicht bewusst, unter welchen Umständen Knaack arbeiten musste, insbesondere im Vergleich zu den Ichthyologen in etablierten zoologischen Institutionen. Er war stets auf sich gestellt – beim Reisen wie beim Beobachten, beim Sammeln und beim Transportieren seiner Fische, vor allem auch lebender. Es ist erstaunlich, was Knaack in diesen Jahren leistete. Es gab keine Häuser oder gar Hotels an den vielen Flussufern, die er aufsuchte und an denen er – oftmals für lange Zeit – ohne jeg­lichen Zivi­li­sations-Komfort lebte.
Als erfahrener Aquarianer nahm Knaack sich Monate, wenn nicht gar Jahre Zeit, um seine Fische genau zu beobachten und, wenn möglich, zu vermehren, und häufig zog er die Jungfische anschließend auch noch bis zur Geschlechtsreife auf. So kannte er sie am Ende wirklich gründlich, und oftmals entdeckte er Merkmale, die sich an konservierten Exemplaren überhaupt nicht finden lassen.
In seinen höchst interessanten Vorträgen erzählte Knaack oft, wie er in „seinen“ Flüssen schnorchelte, um so nah und intensiv wie möglich alles zu beobachten, was jene bodenbewohnenden Fische, für die er sich so begeisterte, in ihrer natürlichen Umgebung trieben. Da war er bereits über 70 Jahre alt.
Joachim Knaack war etwa 67 Jahre jung, als wir uns zum ersten Mal begeg­neten, es war im Herbst 2000 (oder ein Jahr davor oder ein Jahr danach), auf dem bekannten Welstreffen in Negast (Mecklenburg-Vorpommern). Schon kurz darauf kam er nach Amsterdam, um die Fischsammlungen des Zoologischen Museums der Universität zu besichtigen. Fortan besuchte er unsere Kollektion mehrmals jährlich. Jedes Mal musste er aber schon nach wenigen Stunden seine Heimreise nach Neuglobsow antreten, weil in seinen Aquarien immer Jungfische schwammen, die versorgt sein wollten. Dabei dauerte die Fahrt von seinem Haus zum Museum mindestens zehn Stunden! Er pflegte, sechs bis acht Stunden zu bleiben, und brach dann zu seiner Rückreise auf, wieder rund zehn Stunden. Nie schien er müde zu werden.
Zweimal lud er mich sogar ein, ihn nach Neuglobsow zu begleiten, um dort ein paar Tage zu verbringen. Dann ließ er es sich nicht nehmen, mich zurück nach Amsterdam zu fahren, also noch einmal 20 Stunden Autofahrt auf sich zu nehmen. Ich weiß genau, dass er diese Touren sogar genoss, und ich erlebte ihn immer noch nicht müde, Joachim Knaack schien mir fast unsterblich zu sein ... Ich vermisse ihn sehr.
Mit wertvollen Informationen für das Verfassen dieser Zeilen halfen mir Ingo Seidel (Werneuchen) und ­Erwin Schraml (Augsburg). Beiden danke ich herzlich.
Isaäc J. H. Isbrücker