Als wir beispielsweise von Aban, einem kleinen Dorf mitten im Urwald nicht weit von der Grenze zu Gabun, zurück in die erste größere Stadt kamen, nämlich nach Ebolowa, erwartete uns am Ortseingang eine Straßensperre. Ausführlichst prüften zwei grimmig dreinschauende Polizisten erst unsere, dann die Papiere unserer afrikanischen Helfer und schließlich die des Mietwagens. Als sie nichts fanden, was sie beanstanden konnten, behaupteten sie, unser Wagen sei ein Transporter, der durch ein Schild mit roten und weißen Streifen gekennzeichnet sein müsse. Die Strafe betrage 20 amerikanische Dollar. Michel wehrte sich vehement und argumentierte, unser Auto sei ein Pkw, genauso wie die beiden anderen Wagen, die in der Nähe geparkt waren und ebenfalls kein solches Schild aufwiesen.

Während die Diskussion hin und her ging, begann ein junger Afrikaner in Zivil mit mir einen zweiten Streit. Er behauptete, der Naturschutzbeauftragte von Ebolowa zu sein, und wir dürften Fische weder fangen noch transportieren. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich verlangte, er möge sich erst einmal ausweisen. Das konnte er nicht, gestikulierte aber weiter und meinte, wenn wir die Tiere behalten wollten, müssten wir auch an ihn 20 Dollar zahlen, denn es sei illegal, Fische zu fangen und mitzunehmen. Wieder hatten wir gute Karten, denn Philip und Ngando verfügten über die entsprechenden Papiere, holten sie hervor und hielten sie ihm unter die Nase. Er schluckte kurz und meinte dann, es könne ja sein, dass wir geschützte Arten gefangen hätten, und das sei in jedem Fall verboten. Da kam er bei Philip aber an den Richtigen, der ihm auf den Kopf zusagte, dass er sich ohne Berechtigung aufspiele und nur Geld erpressen wolle. Und er konnte sich nicht verkneifen hinzuzufügen: „Du bist so dumm, dass du nicht einmal den wissenschaftlichen Namen irgendeines Fisches kennst, geschweige denn den einer geschützten Art!“ Das war auch so, doch jetzt ging das Gezeter umso heftiger weiter, sodass ich befürchtete, die Situation könnte eskalieren und die beiden Polizisten, die noch immer mit Michel verhandelten, würden sich auch noch in diese Angelegenheit einmischen. Also winkte ich ihn beiseite, ging mit ihm nach vorn zur Beifahrertür und deutete in den Wagen. Dann griff ich hinein, holte ein paar Bonbons hervor und, während ich meinen Arm um seine Schultern legte, verriet ihm leise und vertraulich, dass dies Bonbons aus Deutschland seien, mit gesunden Vitaminen; ich würde ihm gern ein paar schenken. Er solle aber kein Theater machen, damit die übrigen Leute nicht auf uns aufmerksam würden, denn schließlich seien nur noch wenige Bonbons übrig. Er nahm sie, lächelte stolz und steckte sie schnurstracks in seine Tasche, damit weder Philip noch Ngando sie sahen, und gab sich wie ausgewechselt. Als wir endlich weiter konnten, schimpfte Michel wie ein Rohrspatz, obwohl er die Strafe auf zehn Dollar heruntergehandelt hatte. Doch Ngando klopfte ihm beruhigend auf die Schulter und meinte nur: „Keep cool. This is Africa!“ Und damit hatte er wohl Recht.  Uwe Werner