Erst kürzlich las ich in einer wissenschaftlichen Arbeit über Chromidotilapia guntheri, dass der Ernährungszustand von Individuen dieser Art sowohl in der Trockenzeit als auch in der Regenzeit fast immer „gleich schlecht“ sei. Die Tiere haben nämlich kaum nährstoffreiche Ressourcen, sondern müssen sich im Wesentlichen mit Algen und anderen pflanzlichen Bestandteilen zufriedengeben, die zusammen etwa 67 Prozent des gesamten Angebots ausmachen. An animalischer Kost nutzen sie Kleinkrebse und Insekten, die aber nur gut 15 Prozent ihrer Nahrung stellen. Gelegentlich werden auch kleine Schnecken gefressen oder ein paar Fischeier erbeutet. Hinzu kommen nicht näher identifizierte Organismen und (fast elf Prozent!) Sandkörner, die ebenfalls mit aufgenommen werden.

Wie man sieht, versorgen wir unsere Fische in der Regel deutlich nährstoffreicher als „Mutter Natur“, was womöglich nicht nur positiv zu sehen ist. Vielleicht sollten wir häufiger Flocken- anstelle von Frostfutter geben und, wenn man aus der Tiefkühltruhe füttert, in erster Linie Ballasthaltiges verabreichen wie Cyclops und Daphnien oder auch Mysis und Krill. Zumindest ab und zu – sagen wir, einmal für einen Tag pro Woche – sollten erwachsene Fische sogar ohne Fütterung auskommen können.

Letztendlich geht es aber nicht nur unseren Fischen, sondern auch uns viel zu gut. Dabei haben wir Männer noch das Glück, dass wir ja nicht „dick“ werden, sondern „stattlich“, etwa so wie ich. Außerdem kann man sich mit Sprüchen trösten, die besagen, dass ein Bauch vom Essen besser ist als ein Buckel vom Arbeiten und dass Jogger nach gewisser Zeit ziemlich „abgehärmt“ wirken. Ich habe auch schon gehört, dass ein Mann ohne Bauch „ein Krüppel“ ist.

Einen reichlich übergewichtigen Aquarianer, mit dem ich zwar durchaus vertraut war, den ich aber längere Zeit nicht gesehen hatte und plötzlich mit deutlich vergrößertem Leibesumfang wiedertraf, begrüßte ich frech mit dem Spruch: „Was ist denn das? Du bist ja nur noch ein Schatten deiner selbst!“ Er konterte eiskalt: „Ja, wir beide sehen aus wie Dick und Doof – aber ich könnte abnehmen!“ Übergewichtige Aquarianer gehen gelegentlich auch auf Fischfangreisen – und werden im armen Westafrika für noch wohlhabender gehalten als Weiße ohnehin. Mein afrikanischer Freund Nagando, der meinen niederländischen Bekannten Michel und mich in Kamerun begleitete, erzählte von einem reichen Amerikaner, der – wie dessen Freunde auch – am Ende der Reise seine Kleidung verschenkte. Alles, aber auch alles musste geändert, sprich enger und kleiner gemacht werden. Allein die Stiefel konnten die Afrikaner so verwenden: Sie benutzen sie noch heute, um aus dem nahen Fluss Wasser darin zu holen ...  Uwe Werner