Ob Fischliebhaber, Pflanzenfreund oder Technik-Freak – mit einem Aquarium kommt (fast) jeder auf seine Kosten, so auch im Hause Lattasch. | Von Rainer Stawikowski

Familie Lattasch wohnt in einem schmucken Einfamilienhaus in einer hübschen Neubausiedlung am Stadtrand von Dorsten, dort wo das Ruhr­gebiet in das Münsterland übergeht. Verabredet bin ich mit Martin Lattasch, doch begrüßt werde ich von der ganzen Familie. Ehefrau Kirsten, Tochter Julia und Sohn Nils sitzen schon im Wohnzimmer. In der Ecke, gleich neben der Sitzgruppe, steht „unser Blickfang“.



Es stellt sich heraus, dass der elfjährige Nils ebenfalls Aquarianer ist – und in den folgenden zwei Stunden kaum zu bremsen. Aufmerksam verfolgt er unsere Unterhaltung, trägt eigene Erlebnisse und Beobachtungen bei, korrigiert auch schon mal seinen Vater, was zu der einen oder an­deren amüsanten Diskussion zwischen den beiden führt.

Doch alles der Reihe nach, zuerst möchte ich wissen, wie Martin Lattasch, Jahrgang 1969, zu seinem Hobby gefunden hat. Er ging nicht den „klassischen“ Weg, fing als Kind also keine Stichlinge und Kaulquappen. Es war auch nicht sein Vater, der seine Leidenschaft an ihn weitergegeben hätte. Nein, seine Mutter wollte ein Aquarium für die gute Stube, damals in Dinslaken, als Martin fünf oder sechs Jahre alt war! Der Vater, gar nicht begeistert, genehmigte es aber doch, und so wurde ein kleines, nur 50 x 30 x 35 Zentimeter großes Becken angeschafft. Es war spartanisch ausgestattet: Deckscheibe, darüber eine Neun-Watt-Reflektorlampe mit Glühbirne, darunter als Gestell eine Blumenbank. Besetzt war es mit Zahnkarpfen (Guppys, Mollys und Platys), Skalaren und einer Saugschmerle (ein solcher „Putzerfisch“ gehörte damals einfach dazu).

Als Familie Lattasch in eine größere Wohnung zog, hatte Martin, inzwischen elf oder zwölf Jahre alt, längst selbst Gefallen an grünen Wasserpflanzen und bunten Fischen. Jetzt gab es zwar mehr Platz, aber sein Vater wollte partout kein Wohnzimmer-Aquarium mehr, und das Kinderzimmer war zu klein. Also fand man einen Kompromiss: Ein sage und schreibe 200 Liter großes Aquarium bekam seinen Standort in der elterlichen Kellerbar. Es war sogar mit einer CO2-Anlage ausgerüstet, denn man legte nach wie vor großen Wert auf prächtigen Pflanzenwuchs.

Seit seinen aquaristischen Anfängen entwickelte Martin übrigens keine besonderen Vorlieben oder Spezialisierungen. Immer waren es Süßwasser-Gesellschaftsaquarien, die er betrieb; die Meerwasseraquaristik reizte ihn nie. Er gesteht mir auch, dass er nicht sonderlich viel las; weitaus lieber ließ er sich persönlich beraten, aber die DATZ kennt er natürlich schon lange ...

Wie auch immer, irgendwann wurde Martin erwachsen, studierte und stieg in das Berufsleben ein, was einige „Wanderjahre“ nach sich zog. Die Zeit von 1994 bis 1997 musste er ohne Aquarium überstehen. Aber nach Familiengründung und Sesshaft-Werden sollte doch wieder ein Blickfang mit tropischen Fischen in die eigenen vier Wände, und seitdem gehört ein schön bepflanztes Gesellschaftsbecken zum Interieur des Wohnzimmers.

So wachsen also Julia und Nils in „aquaris­tischer“ Umgebung auf, und dass Nils selbst ein „Fischnarr“ ist, wissen wir ja bereits. Die 14jährige ­Julia hat es zwar auch mit dem nassen Element, aber sie steigt lieber hinein; sie ist leidenschaftliche und erfolgreiche Schwimmerin, wie ihr Vater stolz berichtet. Julia ergänzt aber gleich, dass ihr durchaus gefällt, was ihr ­Vater und ihr Bruder da treiben. Außerdem fotografiert sie sehr gern, am liebsten Naturmotive.

Nils hingegen bekam sein erstes ­eigenes Aquarium zu Weihnachten 2010, ein 60-Liter-Becken. Seitdem machen Vater und Sohn aquaristisch gemeinsame Sache, was sich auch auf den Besatz des Wohnzimmerbeckens auswirkt: Einige der darin lebenden Fische gehören nämlich eigentlich Nils. Doch der wollte unbedingt Diskusbuntbarsche pflegen – die sah er bei dem Vater seiner Freundin Lea. Also mussten die Kupfersalmler und Otocinclus-Welse vom Kinderzimmer ins Wohnzimmer umziehen. Außerdem wurde für die Diskusfische noch ein 240-Liter-Aquarium angeschafft. Nun wachsen dort vier jugendliche Symphysodon heran (Nils weiß, dass diese Fische irgendwann noch mehr Platz benötigen).

Aber zurück ins Wohnzimmer. Das 150 x 60 x 50 Zentimeter große Gesellschaftsaquarium steht auf einem zur Einrichtung passenden Unterschrank, einem Aluminium-Gestell der Firma Giesemann, von der auch die Beckenabdeckung stammt, in das Martin Lattasch die massiven Buchenholzwände und -türen selbst eingepasst hat. Der Schrank bietet genug Platz, um die notwendigen Utensilien und Teile der Technik aufzunehmen.

Die „Back-to-Nature“-Rückwand verbirgt einen Drei-Kammern-Filter, der von einer Eheim-Pumpe (maxi­male Leistung 2000 Liter pro Stunde) betrieben wird; eingestellt ist sie auf rund 1000 Liter. Die Beleuchtung besteht aus vier LED-Leisten von Econlux, die – einschließlich Vorschaltgerät – ungefähr 140 Watt verbrauchen (Lichtfarben Weiß und Blau sowie, speziell für den Pflanzenwuchs, Rot und Orange).

Man sollte wissen, dass Martin ­Lattasch Elektroingenieur ist. Die ursprünglich verwendeten HQI-Strahler „fraßen“ ihm zu viel Strom, und mit der jetzigen Beleuchtung scheinen die Pflanzen ganz gut zurechtzukommen, jedenfalls wachsen sie. Das Sortiment umfasst unter anderem Echinodorus und Helanthium, Vallisneria, Hydrocotyle und Microsorum, also keine sonderlich anspruchsvollen Spezialisten.

Vervollständigt wird die Technik durch einen 50-Watt-Bodenfluter (nebst Heizstab als Reserve), der die Wassertemperatur auf 25 bis 26 °C hält. Eine CO2-Anlage ist natürlich ebenfalls angeschlossen, und alles wird über einen Computer gesteuert.

Kirsten Lattasch erzählt, dass ihr Mann ein richtiger Technik-Freak ist (als ob ich das noch nicht bemerkt hätte). Der streitet das nicht ab, im ­Gegenteil: Ausführlich erklärt er mir, dass es sehr viele Gründe gibt, um ­vernünftig, sprich sparsam, mit dem häuslichen Energieverbrauch umzugehen. Allein die heute schon hohen und in naher Zukunft sicher noch ­weiter steigenden Stromkosten zwingen zum Nachdenken, deswegen die LED-Beleuchtung und der Computer, der auch für eine angenehme abend­liche Dämmerung im Reich der Fische sorgt.

Jetzt ist Martin in seinem Element. Begeistert gesteht er, dass er am liebsten die Lichtverhältnisse eines Ortes in Amazonien, etwa der Stadt Belém nahe der Amazonas-Mündung, so exakt wie möglich nachahmen würde – aber nicht nur die durchschnittliche Tageslänge, sondern auch die täglichen Sonnenstunden im gesamten Jahresverlauf, unter Berücksichtigung der mehr oder weniger regelmäßig auftretenden Gewitter ... Die Berechnungen und Grafiken, die er mir zeigt, haben sicher Hand und Fuß (jedenfalls glaube ich dem Elektroingenieur). Aber dies alles in die Praxis umzusetzen, sprich zu programmieren, scheint denn doch ein wenig zu kompliziert, selbst für den Experten. Außerdem: Wie wichtig ist ein solcher Hang zum lichtenergetischen Perfektionismus für die in dem Aquarium lebenden Fische? Was mögen wohl der Mosaikfadenfisch und die Prachtschmerle davon halten? Aber Technik darf ja auch Spaß machen.

Da wir gerade bei den Fischen sind: Der Besatz des Beckens umfasst den schon erwähnten Otocinclus und die Kupfersalmler, zwei bunt marmorierte Segelflosser-Paare, einige Boden- und Rotkopfsalmler, Rote Neon, Schwertträger, blaue Platys und Panzerwelse. Kirsten Lattasch kommentiert die bunte Gesellschaft so: „Es ist eben ein Ruhrgebiets-Aquarium, die Bevölkerung im ‚Pott‘ ist ja auch multikul­turell.“

Natürlich muss ich vor dem Abschied einen Blick in Nils’ Zimmer werfen. Was hatte Martin mir doch gleich am Telefon gesagt? Eigentlich sei Sohnemanns Aquarium im Augenblick das sehenswertere der beiden Becken im Hause Lattasch. Er hat Recht, denn es sieht wirklich gut aus! Und selbstverständlich ist es so auf­gestellt, dass sein Besitzer es vom Schreibtisch (beim Hausaufgabenmachen) ebenso gut betrachten kann wie vom Bett aus (vor dem Einschlafen). Also noch ein Blickfang ...

diesen Artikel finden Sie in Ausgabe 06|12