„Und dann ist da noch der Herr Gogolin, er besitzt ein herrliches Riffaquarium, einen Super-Blickfang!“, schwärmt Michele Forster auf Seite 81 in DATZ 11/2012. Wie recht sie hat! | Von Rainer Stawikowski

Wenige Wochen nach meinem Besuch bei Michele und Harald Forster in der Resser Mark sitze ich vor dem Aquarium der Familie Gogolin im benachbarten Stadtteil Resse und bin dankbar für diese Empfehlung; das Riffbecken mit seinem Besatz ist in der Tat eine Augenweide. Doch der Besitzer wehrt ab: „Das Becken steht erst seit drei Jahren und ist noch gar nicht ganz fertig.“ Aber alles der Reihe nach.

Karl-Heinz Gogolin ist Jahrgang 1953. Also nehme ich an, dass er – wie so viele unserer Generation – den Einstieg in die Wasserwelt „draußen“ fand, als Kind, das erforschen wollte, welche Tiere wohl in den heimischen Bächen und Weihern leben.



Doch es war anders. Er kam zwar auch schon mit elf oder mit zwölf Jahren zur Aquaristik, als Hauptschüler in Gelsenkirchen-Erle. Einem Lehrer blieb nicht verborgen, dass einer seiner Zöglinge sich für Fische interessierte, und der kleine Karl-Heinz war ganz überrascht, als dieser Lehrer ihm eines Tages ein altes Eisengestell aus dem Fundus des Werkraums überreichte und ihn fragte, ob er nicht Lust hätte, daraus ein Aqua­rium zu bauen? Karl-Heinz musste nicht lange über­legen, und so bekam er den Auftrag, in einer Glaserei passende Scheiben und Fensterkitt zu besorgen, und ging zügig ans Werk.

Wenige Wochen später stand im Klassenraum ein 60-Liter-Süßwasserbecken, besetzt mit Guppys und Black Mollys, die der Lehrer ebenso großzügig spendiert hatte wie schon Glas und Kitt. Dieses Klassenaquarium begeisterte alle Mitschüler, die anfallenden Pflegearbeiten wurden nach einem verbindlichen Plan erledigt, sodass jeder beim Füttern, Scheibenputzen und so weiter an die Reihe kam.

Das Becken erweckte in seinem Erbauer aber auch den Wunsch, zu Hause ein eigenes zu besitzen. Seine Eltern willigten ein: „Du bekommst ein Aquarium, aber du musst es selbst pflegen!“ Und da Karl-Heinz ja schon Erfahrung hatte, war es ein Leichtes, ein weiteres Gestellbecken zu bauen, ebenso groß, wie das in der Schule.

Fünf oder sechs Jahre lang hatte der Schüler Gogolin Freude an seinen Fischen, dann folgte erst einmal eine Pause: Lehre, Sport, Freundin ... das Übliche. Aber wie der Zufall es wollte, fand auch seine liebe Regina, die er ­inzwischen kennengelernt und 1976 geheiratet hatte, Gefallen an einem schön eingerichteten Aquarium, wobei die Betonung auf „schön“ lag: „Ein Blickfang in der Wohnung sollte es sein“, erinnert sie sich.

Also baute ihr Gatte sein drittes Aquarium, sein erstes silikonverklebtes Ganzglasbecken – und eine Nummer größer: 150 x 50 x 50 Zentimeter! Aber noch etwas war anders: Es sollte ein Meerwasserbecken werden, und dazu kam es durch einen Zufall. In den 1970er- und 1980er-Jahren gab es in Gelsenkirchen-Bismarck ein bemerkenswertes Aquariengeschäft: Die Familie Patalla genoss einen guten Ruf, sogar über die Stadtgrenzen hinaus, nicht zuletzt, weil sie selbst importierte, und zwar sowohl Süß- als auch Meerwasserfische. Eines Tages fanden Regina und Karl-Heinz Gogolin in diesen Laden und standen staunend vor der Farbenpracht der dort schwimmenden Meeresfische.

Karl-Heinz erinnert sich noch genau: Ein Philippinen-Doktorfisch und die Clownfische hatten es ihm ganz besonders angetan. Die Gogolins waren sich sofort einig: Sie wollten ein Meerwasseraquarium!

Schon bald war das heimische Becken mit Meeresfischen besetzt. Doch aller Anfang ist schwer, und so gab es – trotz Patallas fachlicher Unterstützung – den einen oder anderen unvermeidlichen Rückschlag.

Aber die Liebe zu den tropischen Meeresbewohnern war dadurch nicht zu erschüttern. „Mehrmals zogen wir um, und immer hatten wir ein Aqua­rium“, erzählt Karl-Heinz. So auch in dem Haus, das die Gogolins nun schon seit 24 Jahren bewohnen: zuerst ein „Partykeller-Aquarium“, dann (nach krankheitsbedingter Pause) ein Würfel, der immerhin zehn Jahre im Wohnzimmer stand. Und vor drei Jahren wurde der Blickfang gebaut, vor dem wir jetzt sitzen.

Als man sich von dem gealterten Würfel trennen wollte, wusste man nicht so recht, wie ein Nachfolge-Aquarium aussehen und wo es stehen sollte. Man zog einen Raumteiler in Erwägung, konnte sich mit dieser Idee aber doch nicht anfreunden.

Als Regina eines Tages vorschlug, das neue Riffbecken einfach in jene Wohnzimmerwand zu setzen, hinter der sich die Garage befindet, „hätte mein Mann am liebsten sofort einen Hammer in die Hand genommen“, erzählt sie lachend und fährt fort: „Das ist doch toll, im Wohnzimmer nur die Sichtscheibe, keine Eimer, Schläuche und Wasserpanscherei mehr.“ „Und jenseits der Mauer ist nicht nur genug Platz, um die Technik nebst Wasseranschluss und Waschbecken unterzubringen, sondern ich kann dort auch ungestört alle anfallenden Pflegearbeiten verrichten“, ergänzt Karl-Heinz, als er mir später die Garage zeigt.

Stimmt, die „Riffwand“ zwischen Polstergarnitur und Auto „hat schon etwas“! Das Becken misst 200 x 90 x 75 Zentimeter (L x B x H) und fasst über 1.300 Liter Wasser. Erhellt wird es – noch – mit zwei HQI-Leuchten à 250 Watt (14.000 Kelvin), die aber einer LED-Beleuchtung weichen sollen. Die Zeitschaltuhr lässt sie täglich acht Stunden brennen. Eine halbe Stunde vor dem „Sonnenauf-“ (14.30 Uhr) und nach dem „-untergang“ (23.30 Uhr) ist eine T5-Blaulicht-Röhre in Betrieb.

Das 200-Liter-Filter­becken in der Garage hat drei mit Watte gefüllte Kammern. Hinzu kommen ein Eiweißabschäumer und zwei Dosierpumpen, die für die notwendigen Jod-, Stron­tium-, Natriumkarbonat- und Kalziumchlorid-Gaben sorgen (Balling-System). Wöchentlich werden zehn Prozent des Beckenvolumens durch aufbereitetes Frischwasser ersetzt und die wichtigsten Wasserwerte kontrolliert.

Da das Aquarium an Seiten und Rückwand mit Dämmplatten sehr gut isoliert ist, reicht ein 300-Watt-Heizstab aus, um eine konstante Wassertemperatur von etwa 26 °C zu halten.

Karl-Heinz Gogolin ist Schachtmeister. So spannend sein Beruf sein mag, so gefährlich ist er manchmal aber auch. Er erzählt von einer Baustelle auf der A 40, in die kürzlich ein Lkw raste, „ziemlich genau dorthin, wo wir 24 Stunden vorher arbeiteten. An solchen Tagen – gerade jetzt, wenn es draußen dunkel, nass und kalt ist – bin ich froh, wenn ich Feierabend habe und mich abends vor unserem Aquarium entspannen kann“.

Der Schachtmeister Gogolin macht keinen Hehl daraus, dass ihn die wissenschaftlichen Namen seiner Tiere nicht sonderlich interessieren. Er hat auch keine großen Nachzuchtambitionen. Viel wichtiger ist dem Aquarianer Gogolin, dass der Besatz seines Blickfangs „ein harmonisches Ganzes“ ergibt. „Ohne eine größere Zahl an ­Fischen kämen die Korallen doch gar nicht so gut zur Geltung“, sagt er und zählt einige auf. Ungefähr 35 Indivi­duen müssten es sein, darunter drei Lippfische (drei Arten), fünf Doktor­fische (natürlich auch ein Philippinendoktor), drei Fahnenbarscharten und Clownfische.

An Wirbellosen bevölkern einige Seesterne, zwei Tridacnen, drei Weißband- und zwei Kardinalsgarnelen sowie eine (störende) Krabbe das Riff.

Ganz besonders beeindrucken jedoch die vielen sessilen Wirbellosen, die sich in einem tadellosen Zustand befinden: prächtig gefärbte Scheiben- (Discosoma) und Krustenanemonen (Zoanthus), vor allem aber zahlreiche Stein- und Oktokorallen, wie Seriatopora cf. caliendrum, Acanthas­trea cf. lordhowensis oder Stolonifera sp.
Karl-Heinz Gogolin hat offensichtlich „ein Händchen“ für die Pflege seiner Fische und Blumentiere. Zwei- oder dreimal täglich verfüttert er Flocken (auf Algenbasis) und vitaminisierte Mysis, die Korallen bekommen außerdem Spurenelemente.

Aber er kann es sich nicht verkneifen, noch einmal darauf hinzuweisen, dass das Aquarium erst kurz in Betrieb ist: „Für ein Riffbecken sind drei Jahre wirklich nicht viel.“ Er wünscht sich, dass vor allem die Steinkorallen weiter so gut gedeihen, aber auch ihre ­Artenzahl soll noch steigen. „30 oder 40 dürfen es auf Dauer schon sein.“
Und was die Fische betrifft, stellt er sich vor, vielleicht einen Zwergkaiser hinzuzusetzen, „oder einen kleinen Schwarm einer Fahnenbarschart“.

„Ich hätte ja gern einen Kofferfisch“, verrät Regina Gogolin, „aber der passt leider nicht zum Besatz“. Und sonst gibt es keine Wünsche? „Doch, ein tropisches Riff einmal ‚live‘ zu erleben – das wäre schön!“