Die Buntbarsche des ostafrikanischen Malawisees sind beliebt und entsprechend häufig Malawisee-Becken bei Aquarianern zu besichtigen. Ein ganz außergewöhnliches Aquarium dieser Art steht in den Geschäftsräumen der Zoofachmarktkette Fressnapf in Krefeld.

Ehrlich gesagt, verband ich bis vor gar nicht allzu langer Zeit den Heimtierbedarfs-Fachmarkt „Fressnapf“ in erster Linie mit Artikeln für Hunde- und Katzenlieb­ha­ber. Klar, einige Filialen haben auch Aquaristik-Abteilungen, das war mir schon geläufig; dennoch war ich höchst überrascht, als ich von einem sage und schreibe fünf Meter langen Malawisee-Aqua­rium im Krefelder Fressnapf erfuhr.

Nach einem Vortrag in Duisburg, den ich im Rahmen einer Veranstaltung der Deutschen Cichliden-Gesellschaft über die farbenprächtigen Buntbarsche des wohl bekanntesten ostafrikanischen Gewässers hielt, sprach mich Boris Scholven, seines Zeichens Lebendtier-Manager in dem großen Unternehmen, an und berichtete, wie gut sich das Aquarium ent­wickele. Natürlich hatte ich Interesse daran, dieses Bassin einmal zu sehen; war es doch nicht mit irgendwelchen Aquarienfischen besetzt, sondern mit meinen Lieblingsbuntbarschen, Malawisee-Cichliden eben.

Für einen Samstag im Juli 2012 hatten wir uns verabredet.1 Da ich selbstverständlich auch einige Fotos von dem Aquarium schießen wollte, frage ich nach einer passenden Uhrzeit – ich wollte vermeiden, dass zu viel ­Publikumsverkehr Gesamtaufnahmen unmöglich machen würde. Das sei aber, so teilte Boris Scholven mir am Telefon mit, gar kein Problem. Das große Aquarium befindet sich nicht etwa in den Verkaufsräumen, sondern in der Verwaltungszentrale des Unternehmens.

Bereits vom Parkplatz aus kann man das hell erleuchtete Becken sehen. Es ist im Haupteingangsbereich des großen Verwaltungsgebäudes untergebracht. Die gläserne Front des Hauses gestattet schon von draußen den ersten Blick auf den überdimen­sionalen Glaskasten. Aber erst, wenn man die Eingangshalle betreten hat, erschließen sich dem Betrachter die gewaltigen Abmessungen dieses außergewöhnlichen Aquariums. Bei fünf Metern Länge, einem Meter Tiefe und 1,2 Metern Höhe ergibt sich ein Bruttovolumen von 6.000 Litern.

Eine gemischte Horde von Malawiseebuntbarschen tummelt sich vor einer täuschend echt wirkenden Felsrückwand. Sämtliche Fische fühlen sich in dem großen Behälter offensichtlich pudelwohl. Es ist zwar viel Bewegung in dem Becken, doch sind Atembewegungen kaum zu sehen; die Sauerstoffversorgung scheint also sehr gut.

Als Boris an das Becken herantritt, versammelt sich der ganze Pulk direkt vor ihm an der Frontscheibe – es könnte ja Futter geben. Doch die Cichliden sind nicht besonders hungrig, sie bleiben nicht lange vorn.

Unvermittelt schießt wenig später ein großer Teil der Belegschaft nach hinten an das obere Ende der Felsrückwand. Einige in dem Becken aufgewachsene Junge haben sich hier zurückgezogen. Die Rückwand ragt an manchen Stellen nicht ganz bis zur Wasseroberfläche, sodass oberhalb der Kunstfelsen, sozusagen in der ganz flachen Uferzone, eine Art Refugium für den Nachwuchs entstanden ist.

Auch die maulbrütenden Weibchen halten sich offenbar bevorzugt hier auf. Lugt mal einer der Kleinen über die Kante oder schwimmt gar ins offene Wasser, zieht das selbst die Aufwuchs fressenden Felsbuntbarsche (Mbunas) magisch an – vielleicht kann man ja doch den einen oder anderen Kleinfisch erbeuten. Aber das wird nichts, die Jungfische flüchten rasch zurück und bringen sich in Sicherheit, die Meute verliert das Interesse, und so verteilen sich die Buntbarsche wieder im gesamten Becken.

Es ist das so lebhafte, muntere Treiben der farbenprächtigen Cichliden, das die Aufmerksamkeit des Betrachters unwillkürlich fesselt. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass der riesige Behälter – abgesehen von der Rückwand – so gut wie keine weitere Dekoration enthält. Die für Malawisee-Aquarien so typischen Felsaufbauten fehlen völlig. Ein zweistufiger, in Kastenform ausgebildeter, hohler Kunstfelsen dient als Pflanzschale. Allerdings sind nur im zweiten, oberen Fach einige kleinere Pflanzen der Gattung Crinum vorhanden. Abgesehen von etwas Javafarn und einigen Anubias, die nahe der Oberfläche an der Rückwand wachsen, ist dies das einzige Grün.

Der Pflanzenkasten wurde eingebracht, so erläutert B. Scholven, weil der Bodengrund aus einer nur wenige Zentimeter dicken Sandschicht besteht, die größeren Pflanzen keinen ausreichenden Wurzelraum bietet. Außerdem sind weite Teile des Untergrunds mit flachen, künstlichen Felsen belegt. Es sollte verhindert werden, so das Konzept, dass die Buntbarsche Gruben ausheben und den Bodengrund gegen die Frontscheibe schaufeln oder dort auftürmen.

Allerdings zählen gar keine typischen Sandgruben- oder Sandbur­genbauer zum Besatz. Und die wenigen Mbuna-Cichliden, von denen die Männchen gern einmal den einen oder anderen (hier allerdings nicht vorhandenen) Stein unterwühlen, um eine geschützte Ablaichhöhle zu schaffen, dürften in dem Riesenbecken in dieser Hinsicht kaum ins Gewicht fallen.

Ein weiterer Grund, der gegen ­üppiges Pflanzenwachstum sprechen könnte, ist der Wasserchemismus. Das Becken war anfangs gar nicht mit ­ostafrikanischen Buntbarschen besetzt, sondern als südamerikanisches Gesellschaftsaquarium eingerichtet. Etwa drei bis vier Jahre wurde es so betrieben, doch entwickelte sich die Bepflanzung nicht zufriedenstellend. Das Krefelder Leitungswasser ist recht hart. Die eigene Messung des Füllwassers ergab eine Gesamthärte von rund 20 °dGH, eine Karbonathärte von 13 bis 14 °KH und einen pH-Wert von pH 7,8. Im Becken selbst war der zuletzt genannte Wert mit pH 8,1 sogar noch etwas höher; vermutlich wird durch die starke Wasserbewegung mittels kräftiger Motorpumpen gelöstes Kohlenstoffdioxid vollständig ausgetrieben, sodass der pH-Wert noch ein wenig steigt.

Es liegt auf der Hand, dass ein solcher Wasserchemismus für Cichliden der ostafrikanischen Grabenseen perfekt ist. Die hohe Karbonathärte hält den pH-Wert stabil im leicht alkalischen Bereich, wie es diese Fische mögen. Insofern war die Entscheidung, das Becken mit Malawisee-Cichliden zu besetzen, aus meiner Sicht nur folgerichtig und eine gute Wahl.

Besonders zu erwähnen ist das glasklare Wasser. Man kann selbst in Längsrichtung, von Seitenscheibe zu Seitenscheibe, durch das Aquarium schauen und die Fische am anderen Ende deutlich erkennen. Eine sehr umfangreiche Filteranlage, unter dem Becken aufgebaut, sorgt dafür. Die ­Abmessungen des aus vier Modulen bestehenden Hauptfilters entsprechen denen eines großen Wohnzimmer­aquariums (insgesamt 200 x 70 x 60 Zentimeter). Um auch die letzten feinen Trübstoffe zu entfernen, ist ein gesonderter Papierfilter (EVO 3, 500 Liter) installiert. Drei Motorpumpen (Förderleistung jeweils 14.000 Liter pro Stunde) sorgen für kräftigen Wasserdurchsatz und Strömung.

Die Beleuchtung besteht aus einer Mischung verschiedenfarbiger LED-Leisten. Das Becken wird auf diese Weise komplett ausgeleuchtet; es wirkt sehr hell, wozu nicht zuletzt das klare Wasser beiträgt.

Ganz bewusst wurde der Besatz nur aus Nachzuchten zusammengesetzt. Dabei wurde eine Mischung aus rund 100 beliebten Mbunas (Felsenbuntbarsche) und Nicht-Mbunas ausgewählt. Von den Mbunas fallen vor allem die Gelben Labidochromis (L. sp. „Yellow“), die „Greshakei-Zebras“ („Red Top Ice Blue“, Maylandia greshakei), Pseudotropheus saulosi, Maingano-Melanochromis (M. cyaneorhabdos) und einige Kobalt-Zebrabuntbarsche (Maylandia callainos) ins Auge.

Die Nicht-Mbunas sind vertreten durch jeweils eine Handvoll Baenschs Kaiserbuntbarsche (Aulonocara baenschi), Beulenkopf-Maulbrüter (Cyrtocara moorii), Azurcichliden (Sciae­no­chromsi fryeri) sowie wunderschön blaurote Protomelas taeniolatus aus der Namalenji-Population („Red Empress“).

Wie erwähnt, bietet das Aquarium prinzipiell keine Versteckmöglichkeiten. Die Rückwand wirkt zwar sehr zerklüftet, doch enthält sie keine Eingänge oder Durchlässe und somit keinerlei Unterschlupf. Abgesehen von dem hohlen Pflanzkasten2 sind keinerlei Spalten oder Höhlen vorhanden. Trotzdem gibt es keine Probleme bei der Vergesellschaftung, auch nicht mit den potenziell aggressiven Arten wie Maylandia greshakei oder Pseudotropheus saulosi. Es ist die schiere Größe des Behälters, die allen Bewohnern genügend Raum zum Ausweichen bietet. Eine strukturierte Einrichtung ist deshalb gar nicht nötig. 

von Andreas Spreinat