Sie setzt es auf das Veilchen, das in einem Topf neben ihr auf dem Nachttisch gedeiht. Im Lauf der Zeit entwickelt sich ein Verhältnis zwischen Patientin und Schnecke, die nachts Ausflüge unternimmt und dabei auch schon mal Papiere anknabbert und viereckige Löcher in Briefen hinterlässt. Die nächtliche Aktivität der Molluske und ihre Passivität tagsüber passen perfekt zum Lebensrhythmus der kranken Frau. Mit zunehmender Zeit überträgt sich nicht nur die von der Schnecke ausgehende Ruhe auf die Autorin, sondern sie erweckt auch einen Wissensdurst, den man bei der Lektüre dieses wunderbaren Werks zunehmend spürt. Immer tiefer dringt die Autorin in die Biologie dieser Wirbellosen vor. An dieser Stelle will ich gar nicht verraten, wie die autobiografische Geschichte der jungen Frau und die ihrer so liebgewonnenen Schnecke weitergehen; das möge der nun – hoffentlich! – neugierig gewordene Leser selbst herausfinden. Vielmehr möchte ich mit der Vorstellung dieses Buchs Naturfreunde dazu ermuntern, dass sie sich auch einmal mit den nur scheinbar kleinen Dingen intensiver auseinandersetzen und sie mehr wertschätzen. Dafür ist dieses Buch eine ganz besondere Werbung. Es erzählt nicht nur die anrührende Geschichte jener jungen Frau, die durch ihre plötzliche Erkrankung mitten aus dem Leben gerissen wird, sondern es berichtet auch von den kleinen, aber wertvol- len Begegnungen zwischen Mensch und Tier – und was sich eben daraus entwickeln kann. Beim Lesen der Geschichte erfährt man ganz nebenbei viele interessante Fakten zur Biologie der Schnecken. Für mich ist „Das Geräusch einer Schnecke beim Essen“ ein außergewöhnliches Buch, dem ich eine weite Verbreitung gönne. Michael Kempkes