Der mareverlag hat mit Doyles Tagebuch-Aufzeichnungen, den ergänzenden, umfangreichen Erläuterungen und dem Abdruck des Originalmanuskripts einen richtigen kleinen Schatz auf den Büchermarkt gebracht, und das nicht nur wegen der bemerkenswert schönen Aufmachung des Buchs, dekorativ in einem Schuber, im roten Leineneinband, schon äußerlich etwas Besonderes! Der Inhalt steht dem in Nichts nach: Doyles Aufzeichnungen entführen in die raue Seefahrerwelt zu einer Zeit, als der Walfang noch eine wichtige Einnahmequelle und – wie die Robbenjagd – ein blutiges und gefährliches Geschäft war. „Die Tiere lagen auf einer Fläche von ungefähr 15 mal 8 Meilen dicht gedrängt auf dem Eis, es waren buchstäblich Millionen.“ So beschreibt Doyle den Anblick. Ein höchst riskantes Unterfangen: Mit kleinen Booten nähern sich die Männer den Tieren, begeben sich auf Eisschollen, erschlagen und erschießen ihre Beute. „Diese Arbeit zeigt, aus welchem Holz ein Mann geschnitzt ist, denn wir töten oft weit vom Schiff entfernt und ... müssen die Beute meilenweit schleppen ...“ Nicht selten fällt man ins tödlich kalte Wasser, Doyle so oft, dass der Kapitän ihn den „großen Eistaucher“ nennt. Seine Tagebuch-Einträge sind häufig kurz, manchmal gibt es außer Nebel und Windstille nichts zu berichten, Zeit genug, um Vieles zu hinterfragen: „ ...wir sichteten unsere erste Robbe, eine Klappmützenrobbe ... sie war schwarz-weiß gesprenkelt, lag auf dem Eis, als das Schiff nur rund ein Dutzend Meter entfernt vorbeidampfte und bedachte es mit ruhigen Blicken. Armes Vieh, wenn die alle so zahm sind, scheint es schändlich, sie zu töten.“ Seine Eintragungen haben aber auch viel Humor und Selbstironie, schildern die Atmosphäre an Bord ebenso wie die Naturbedingungen rundum. Doyle, der angehende Akademiker, gemeinsam mit den ungeschliffenen Kerlen, es geht gut, bis auf gelegentliche Schlägereien, eine Crew, die seltsam anders ist, als man zunächst denken mag, die sich über Literatur unterhält und Kameradschaftsgeist zeigt. Ein männliches Abenteuer für den jungen Doyle, der es an Bord den Jungs zeigen und beweisen muss. Seiner Mutter schreibt er, dass er sein Leben lang nie glücklicher gewesen sei. „Ich fürchte, ich habe eine starke bohemehafte Ader, und dieses Leben scheint wie für mich geschaffen.“ Ein spannend schönes Buch aus lange vergangenen Abenteuertagen! Barbara Wegmann