Auf fast alle Arten hätte man jedoch durchaus auch aus einer anderen Blickrichtung schauen können, und zwar mit der Frage, wie der Mensch die Entwicklung dieser Tiere beeinflusst hat, wenn etwa über den Amerikanischen Bison oder die Dronte geschrieben wird, dass einzig und allein H. sapiens es ist, die für ihr Aussterben oder ihr Beinahe- Verschwinden verantwortlich zeichnet. Erfreulicherweise greift Chaline das Thema der Massentierhaltung am Beispiel des Rinds auf. Seine Betrachtungsweise, dass aus dem (aggressiven) Jäger der (friedfertige) Hirte wurde, müsste in dem Sinn ergänzt werden, dass die Nutztierhaltung längst auf eine abstoßende Weise industrialisiert wurde. Die Auswahl hätte durchaus noch andere Spezies umfassen können. So fehlen mir die Ameisen ebenso wie zahlreiche weitere Arten, die mittlerweile einen regelrechten „Haustier“-Status haben und somit in erster Linie dem Großstädter häufig den einzigen Zugang zu andersartigen Lebewesen verschaffen. Auch die Moskitokärpflinge (Gambusia affinis, G. holbrooki) und der Guppy (Poecilia reticulata) hätten Erwähnung finden müssen. Schließlich wurden diese Fische in vielen tropischen und subtropischen Regionen der Erde angesiedelt, um der in dem Buch erwähnten „Schädlinge“, beispielsweise der Malariamücke, Herr zu werden. Nicht bestätigten Berichten zufolge wäre der Bau des Panamakanals – der ja seinerseits mit der neuen Verbindung zwischen Karibik und Pazifik massiv Einfluss auf die Ökologie nahm – ohne diese Lebendgebärenden Zahnkarpfen nicht möglich gewesen. Aber das ist ein anderes Thema. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich bei „50 Tiere, die unsere Welt veränderten“ um ein informatives, manchmal sogar kurzweiliges Buch handelt. Zur Pflichtlektüre biologisch interessierter Menschen gehört es allerdings nicht. Michael Kempkes

Literatur Reichholf, J. H. (2008): Warum die Menschen sesshaft wurden. Das größte Rätsel unserer Geschichte. – S. Fischer Verlag, Frankfurt (Main).