margin-right: 20px; margin-bottom: 10pxVon Klaus Henle und Alain Dubois (Herausgeber). 240 Seiten, 137 Farbfotos, 30 Schwarzweiß-Abbildungen, 25 Grafiken und 23 Tabellen, gebunden. Mertensiella-Band 25, Supplement zu „Salamandra“. Mannheim, 2017. ISBN 978-3-899735-70-3. 59,80 €

Der Band kommt im Groß­format daher und ist solide gebunden. Er ist durchgehend farbig bebildert und beschäftigt sich mit Lurchen. Aber er bietet keine schönen Bilder von Amphibien in ihren Lebensräumen.
Das Buch dokumentiert Schwanz- und Froschlurche, die anders sind, anders als ihre Artgenossen. Es geht um Farbanomalien, fehlende Gliedmaßen, überzählige Zehen … Ein seltsamer Gegensatz.
Was findet der interessierte Leser in dem Werk? Insgesamt fünf Großkapitel von unterschiedlichen Autorenteams.
Kapitel eins bietet ein kommentiertes Begriffsverzeichnis. Dieser Abschnitt gibt einen Überblick zu allen Formen von Anomalien, die bei Untersuchungen an Amphibien im Freiland gefunden wurden oder bei Nachzuchten in Gefangenschaft auftraten. Er liefert jeweils eine kurze Definition und in vielen Fällen auch ein Farbfoto. Dieser Teil ist unverzichtbar für alle ambitionierten Liebhaber und berufs­bedingt mit Amphibien befasste Zeitgenossen.
An dieser Stelle ein Wort zur Veröffentlichung des Bandes in englischer Sprache. Sicher ist es sinnvoll, den Markt möglichst breit abzudecken. Zu dem Abschnitt zur Terminologie wäre aber zumindest eine Benennung der entsprechenden deutschen Fach­begriffe sinnvoll gewesen.
In Kapitel zwei geht es um Defekte, die bei Grünfrosch-Populationen (Gattung Pelophylax) beobachtet wurden. Tiere mit unterschiedlichen Zahlen von Gliedmaßen tauchen immer wieder auf und sind nicht auf genetische Ursachen ­zurückzuführen. Stattdessen wird in dem Artikel die Möglichkeit der Infek­tion mit einem von Fischen übertragenen Virus diskutiert.
Der dritte Abschnitt stellt den Hauptteil des Buches dar – und eine Fleiß­arbeit zur Geschichte der bei Amphibien gefundenen Anomalien. Dafür ausgewertet wurden Arbeiten über 3.517 Lurch-Populationen aus 98 Ländern. Dieser umfassende Überblick beginnt mit dem Jahr 1554 und führt bis zu ­aktuellen Pub­likationen der Gegenwart.
In den Kapiteln vier und fünf geht es um Phänomene von Anomalien bei Amphi­bien, die über einen längeren Zeitraum in einem Steinbruch in der Nähe von Roßwag (Baden-Württemberg) festgestellt wur­den.
Seit 1980 werden diese Funde gemacht, und es wurden viele Hypothesen zu ­ihren Ursachen diskutiert. Letztlich kommen aber nur mutagen wirkende Chemikalien oder eine stark erhöhte Radioaktivität infrage. Bis heute konnte jedoch nicht geklärt werden, welche Stoffe in die Deponie in diesem Steinbruch eingebracht wurden.
Der letzte Teil liefert ­methodische Hinweise zur Durchführung einschlägiger Untersuchungen und Forschungen.
Ambitionierten Vivarianern, insbesondere natürlich Amphibienliebhabern, und im Freiland tätigen Biologen liefert dieser Band eine umfassende Sammlung in­teressanter Publikationen zu Themen, die man sonst in Einzelar­tikeln – gewissermaßen mit der Lupe – suchen muss.
Ob es insgesamt sinnvoll war, das Buch nicht in deutscher Sprache zu veröffentlichen, werden die Verkaufs- und Zitationszahlen zeigen.
Gestaltung und Druck sind jedenfalls vorbildlich, und es ist zu wünschen, dass das Werk seinen Weg in viele private Literatursammlungen und zahlreiche öffentliche Bibliotheken findet!
Hans-Peter Ziemek