margin-right: 20px; margin-bottom: 10pxVon Peter Laufer. 280 Seiten, gebunden. Terra Mater Books, Elsbethen (Österreich), 2019. ISBN 978-3-99055-017-5. 24 €

Sie sind heilig, werden gejagt, sie dienen als Spielzeug oder Teile ihres Körpers
als vermeintliche Medizin, es wird illegaler Handel, Schmug­gel und Schindluder mit ihnen getrieben. Modehersteller von Schuhen und Handtaschen liebäugeln mit ihnen, und letztlich gibt es „Gourmands, die bereit sind, sich für eine einzige Mahlzeit strafbar zu machen“. Aber: Schildkröten sind vom Aussterben und durch den Klimawandel bedroht!
Zu Schildkröten haben wir eine besondere Beziehung, jeder kennt eine „Schildkröten-Geschichte“ aus Kinderzeiten, Schildkröten erinnern uns an unser kurzes Erdendasein, gemessen an ihrem doch seit Millionen von Jahren so unverwechselbar gebliebenen Äußeren. Schildkröten, groß oder klein, Fleisch- oder Pflanzenfresser – ihr Aussehen lässt Visionen an eine lange vergangene Zeit erwachen, klar, sind sie doch „eine Reminiszenz aus dem Dinosaurierzeitalter“.
Eines sei vorab versprochen: Es wird nur wenige Seiten dauern, bis Sie diesem Buch verfallen, und das auch, wenn Sie vorher zwar wussten, wie eine Schildkröte aussieht, aber eben auch nicht viel mehr. Lassen Sie sich ein auf das Buch – und überraschen!
Es sind viele Stationen, die Peter Laufer ansteuert, da sind viele Menschen, ­denen man begegnen wird, es gibt viele Geschichten, viele Perspektiven und viele verschiedene Schildkrötenarten. Ein buntes Kaleido­s­kop, gut lesbare Texte, Spannendes, Wissenswertes, Erhellendes und durchaus keine ausschließlich 280-seitige Anklage!
Dennoch haben alle Stationen eines gemeinsam: Entweder beschäftigt man sich mit dem Schutz der ­Tiere, ihrer Erhaltung und Bewahrung, oder es wird ­irgendwann zu spät sein.
„Der ‚Traum der Schild­kröte‘ ist ein Liebeslied für diese magischen, mystischen und mythologischen Lebewesen.“ Eine wunderbare Hommage, ein Buch, das Verständnis wecken möchte. Und das tut es eindrucksvoll.
Peter Laufer ist Autor, Journalismus-Professor und Dokumentarfilmer, und er kennt Schildkröten besser als irgendein anderer. In ­Kalifornien trifft er auf Lily, die eine Kalifornische Gopher-Schildkröte (Gopherus agassizii) bei sich zu Hause hat. Sie sei sehr langsam und still, und das sei wunderbar, erzählt Lily. „… alles heutzutage ist schnell und wird immer schneller. Ich glaube, das beeinflusst unser Gehirn. Und er trottet einfach nur gemütlich dahin.“
Laufer trifft aber auch ­einen Küchenchef in New ­Orleans. „Nehmen Sie eine lebende Sumpfschildkröte … und brühen Sie sie zwei ­Minuten lang in kochendem Wasser ab. Entfernen Sie die Haut von den Füßen und lassen Sie sie mit etwas Salz kochen, bis sie sich weich anfühlen.“ Haben Sie noch Interesse an dem ganzen ­Rezept?
Viel schöner das Beispiel aus Bangkok, wo Gläubige Schildkröten in Städten aufkaufen und sie dann freisetzen. Sie sammeln so quasi gutes Karma. „Diese Handlung soll zu Langlebigkeit, Fruchtbarkeit und Wohlstand führen.“
Man sieht, es sind sehr unterschiedliche Begegnungen, die in diesem Buch stattfinden, das macht es nicht nur als Sachbuch überaus interessant. Alles rundet sich zu einem Bild über ein Tier, das hilft, „die Evolution zu verstehen … Die Welt hat sich verändert, die Schildkröte aber nicht“.
Barbara Wegmann