margin-right: 20px; margin-bottom: 10pxVon Christel Kasselmann. Vierte, erweiterte Auflage. 640 Seiten, 830 Farbfotos, acht Zeichnungen, elf Tabellen, gebunden. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 2019. ISBN 978-3-8186-0699-2. 69,95 €

Als ich die Neuauflage von Christel Kasselmanns „Aquarienpflanzen“ zum ersten Mal in der Hand hielt, war ich beeindruckt von der großen Zahl der ­behandelten Arten. Auf 480 Seiten des 640 Seiten starken Werks werden nicht ­weniger als 500 Wasserpflanzenarten in alphabe­tischer Folge aufgeführt, in brillanten Fotos abgebildet und in einem sinnvoll gegliederten, verständlich formulierten Text erläutert.
Zu Beginn erklärt die Autorin in mehreren Kapiteln Grundlegendes über Wasserpflanzen: die öko­logischen Faktoren an den Standorten wie Temperatur und Licht, Bodengrund, Gewässertypen und Wasserwerte.
Allgemeines zum Aufbau, zur Vermehrung und zur Anzucht von Pflanzen schließt sich an. Kasselmanns Ausführungen sind so gründlich und fundiert, dass ihr Buch sowohl als Lehr- wie auch als Nachschlagewerk für botanische Gärten und Gärtnereien zu empfehlen ist.
Die Beschreibungen von nicht weniger als 78 Lebensräumen füllen ­allein 34 Seiten des Buchs. Hier werden die geologischen, physika­lischen und chemischen Merkmale der Gewässer sowie ihre sai­sonalen Veränderungen geschildert.
Die Schwankungen des Wasserstands, die zu Überschwemmungen und trockenen Phasen führen, verlangen von vielen Pflanzen besondere Anpassungen, etwa die Ausbildung fein gegliederter Blätter unter Wasser, aber robusten Laubs für die terrestrische Lebensphase. So trägt beispielsweise der Hornfarn (Ceratopteris) submers aufgefächerte, schmale Blätter, um den Stoffaustausch im Wasser zu begünstigen. Bei sinkendem Pegel bilden sich runde, längliche Strukturen, die die Verdunstung herabsetzen.
Andere Anpassungen sind bei starker Strömung oder kräftigem Wellengang erforderlich, Bedingungen, unter denen die Pflanzen besonders stabil sein müssen.
Manche Arten weisen gleichzeitig Merkmale auf, wie sie für submerse und für emerse Pflanzen charakteristisch sind. So sind die Blätter der Seerosen an ihrer Unterseite an aquatische Bedingungen angepasst, sodass sie Nährstoffe aus dem Wasser aufnehmen können, auf der Oberseite hingegen mit einer Cuticula vor Verdunstung geschützt.
Schwimmpflanzen wie Azolla- oder Salvinia-Arten verfügen über lufthaltige Schwimmzellen, sodass sie atmosphärischen Gaswechsel treiben und dem Was­ser mit bestimmten Organen mineralische Nährstoffe entnehmen können.
Zu diesen Themen gibt es in Kasselmanns Buch viele weitere Beispiele, und manchen Leser wird es wundern, dass viele Aqua­rienpflanzen sowohl submerse als auch emerse Lebensformen bilden, obwohl sie meist nur untergetaucht zu sehen sind.
Damit der Lesefluss nicht durch die Aufzählung der einzelnen Wasserparameter beeinträchtigt wird, gibt es zu jedem Standort im letzten Teil des Buchs eine ausführliche Tabelle (Kapitel „Service“).
Im Vergleich zu den Bedingungen an den natür­lichen Standorten werden Licht und Lichtdauer, Wassertempe­ratur und pH-Wert, Nährstoffe, Wasser­bewegung, Sauerstoffgehalt und weitere Faktoren im Aquarium beschrieben.
Beim Thema „Beleuchtung“ geht die Autorin sowohl auf die einzelnen Leuchtmittel und ihre besonderen Lichtqualitäten ein als auch auf die Messung
des für die Pflanzen zur Fo­tosynthese nutzbaren Lichtes, ermittelt als par-Wert. Dabei ist neben der Beleuchtungsstärke die Beleuchtungsdauer von Bedeutung.
Physiologische Aspekte wie Wasserchemismus und Bodengrund kommen ebenfalls nicht zu kurz. Hier findet der Leser weitere hilf­reiche Hinweise für die ei­gene Pflanzenkultur.
Da verschiedene Arten innerhalb einer Gattung sich in vegetativen Merk­malen, also in der Blattform, nur wenig unterscheiden, ist die Blütenform ein hilfreiches Kriterium zur Bestimmung und Abgrenzung. Deswegen wird der Blütenaufbau verschiedener Wasserpflanzen ausgiebig behandelt, unterstützt von anschaulichen ­Fotos und Zeichnungen.
Es folgt das interessante Thema der Pflanzenver­mehrung über Samen, Stecklinge, Ableger, Teilungen, Brutknospen oder Knollen.
Neben der generativen und der vegetativen Vermehrung wird auch die Gewebekultur erwähnt, der ja viele Aquarienpflanzen entstammen. Gärtnereien mit der ­entsprechenden apparativen Ausrüstung und den notwendigen Kenntnissen können den Handel effektiv bedienen. Meist schneidet man aus den Wachstumszonen der Blätter kleine Stückchen heraus, die man auf einem Nähr-Gel auswachsen lässt. Das muss steril erfolgen, und die Nährmedien müssen die richtige Zusammensetzung an ­Mineralien, Vitaminen und Wachstumshormonen haben.
Vor den Steckbriefen der einzelnen Arten stellt Kasselmann für Anfänger eine Reihe einfach zu pflegender Arten mit einer übersicht­lichen Tabelle zum Pflege­aufwand vor.
Der alphabetische Teil der Einzelbeschreibungen umfasst 480 Seiten. Von den Wasserähren (Apono­geton) werden sicher ein paar allgemein bekannt sein, aber insgesamt 41 Arten sind doch eine beeindruckende Zahl; auf Fotos ist der Habitus jeder einzelnen Spezies dargestellt. Neben den vegetativen Merkmalen sind oft die Blüten oder die Blütenstände ein wichtiges Bestimmungsmerkmal.
Eine weitere bekannte umfangreiche Gattung ist Cryptocoryne. Neben reinen Arten gibt es in der Natur auch Hybriden. Eine Tabelle mit 69 Wasserkelcharten veranschaulicht die Vielfalt und die Kreuzungsmög­lichkeiten dieser populären Pflanzen, denen 50 Seiten des Buchs gewidmet sind. Eine nicht minder beliebte Gruppe sind die Schwertpflanzen (Echinodorus), ihnen gehören 57 Seiten.
Neben diesen drei artenreichen Gattungen gibt es aber noch viele weitere Genera und Spezies, die den Botaniker und den Aquarianer ebenso interessieren.
Mit der übersichtlichen Gliederung, dem professionelle Layout und der Fülle an Artbeschreibungen  ist das Buch eine Fundgrube mit wertvollen Informationen für den Leser. Die Fotos zu den beschriebenen Arten sind wichtige Elemente bei der Bestimmung. Die alphabetische Darstellung macht die Lektüre übersichtlich und erleichtert das Auffinden der gesuchten Pflanze.
Der Service-Teil bietet weitere nützliche Informationen. Eine Tabelle führt für nicht weniger als 174 Arten die Mindest-, Optimal- und Maximaltemperaturen auf (und belegt die Erfahrungen der Autorin mit der praktischen Kultur von Aquarienpflanzen).
Eine weitere Tabelle beschreibt den Lichtumfang, innerhalb dessen die einzelnen Arten gehalten werden oder gedeihen können. Zu den 78 anfangs vorgestellten Fundorttypen gibt es jeweils 23 Parameter, die unter anderem die Wetterverhältnisse, die Wasserwerte, den Bodengrund und die Chemie der Standorte betreffen.
Ob Ökologie, Kultur oder Artbestimmung – in jeder Hinsicht ist Kasselmanns Buch ein exzellentes Nachschlagewerk für Botaniker und botanisch interessierte Aquarianer, ein Standardwerk eben!
Ingo Botho Reize