margin-right: 20px; margin-bottom: 10pxKemp, Christopher (2019): Die verlorenen Arten – Große Expeditionen in die Sammlungen naturkundlicher Museen. 282 Seiten, 25 Farb- und Schwarzweißfotos, Verlag Antje Kunstmann, München 2019. ISBN 978-3-95614.291-8. 25 Euro.

Der Autor nimmt die Leser mit auf Expeditionsreisen in die Sammlungen der naturkundlicher Museen und der Schätze, die in ihnen schlummern, oft vor der Öffentlichkeit weitgehend verborgen. Die Sammlungen sind zum Teil sehr alt, vieles wartet bis heute darauf, entdeckt zu werden. Wie sich zeigt, ist es oft Zufall, wenn etwas Neues „auftaucht“, obwohl es schon viele Jahrzehnte eingelagert ist.
Unter anderem geht es auf Tapirjagd in Südamerika. Erst 2013 wurde der Kabomani-Tapir (Tapirus kabomani) als eigenständige Art erkannt, u. a. aufgrund von Vergleichen der Schädelmorphologie. Ein schönes Beispiel, dass die „Entdeckung“ von Arten oftmals anders abläuft, als es sich die Öffentlichkeit vorstellt.
Fische kommen in Kemps Werk ebenfalls vor: Ein Hechtbuntbarsch, von Alfred Russel Wallace gefunden, wartete seit 1852 auf seine endgültige Bestimmung. Sven Kullander vom Schwedischen Museum für Naturgeschichte hat ihm 2015 zusammen mit einem Kollegen den Namen Crenicichla monicae gegeben Von diesem Fisch hatte Wallace zwar eine Zeichnung angefertigt, auf der das charakteristische Muster der Weibchen gut zu erkennen ist, und im Jahr 1923 hatte eine Gruppe schwedischer Biologen um Douglas Melin die Buntbarsche in Südamerika gesammelt, aber seitdem lagen sie eingeglast in Stockholm. Geschichten dieser Art zeigen: Zwischen Entdeckung (im Lebensraum) und formaler Beschreibung liegen manchmal Generationen – siehe auch den Beitrag von Frank Schäfer in DATZ 10/2015, „Manchmal dauert es etwas länger: Crenicichla monicae“.
Weiter zu den Wirbellosen – im Jahr 2015 wurden afrikanische Libellen in der Zeitschrift Odonatologica von Klaas-Douwe Dijkstra beschrieben, darunter auch Gynacantha congolica, eine gut 7,5 cm lange kongolesische Art mit hellgrünem Kopf, die der Beschreiber selber bei Freilandarbeiten gefangen hatte. Aber auch hier geht die Entdeckung weiter in die Vergangenheit zurück, denn bereits 1899 wurden zwei Exemplare gesammelt, seitdem befindlich im Institut für Naturwissenschaften in Brüssel. So hat diese Art also auch fast 120 Jahre von ihrer Entdeckung bis zu ihrer Beschreibung und damit eindeutigen Zuordnung gebraucht.
Der Tenor des Buches ist: Es gibt auch heute noch viele Tier- und Pflanzenarten in den Sammlungen naturkundlicher Museen weltweit, die darauf warten, von einem Forscher gefunden und wissenschaftlich beschrieben zu werden. All diese Schätze hinter Glas sind Puzzleteile, mit deren Hilfe wir die Welt um uns herum besser verstehen und Zusammenhänge deutlich werden.
Das Buch ist spannend und verständlich geschrieben Zu den einzelnen Kapiteln gibt es am Ende eine Literaturliste und ein Stichwortregister. Beim Lesen hatte ich teilweise das Gefühl, den Wissenschaftlern über die Schulter zu sehen, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen.
Elfriede Ehlers