margin-right: 20px; margin-bottom: 10pxSchäfer, Christina & Sergei Pachtchenko (2021): Triops. Ratgeber zur artgerechten Aufzucht und Haltung. – Kleintierverlag Thorsten Geier, Biebertal, 48 Seiten, Softcover; ISBN 978-3-944484-30-3; 12,50 €.

Urzeitkrebse, wie die Vertreter der Feenkrebse (Anostraca), Rückenschaler oder Schildkrebse (Notostroca) sowie der Muschelschaler (Cyclestherida, Laevicaudata, Spinicaudata) im Deutschen gerne genannt werden, faszinieren durch ihr bizarres Äußeres, ihr interessantes Verhalten und natürlich ihre Lebensweise als extreme Überlebenskünstler. Seit Jahrzehnten erfreuen sie sich als Aquarienpfleglinge großer Beliebtheit. Christina Schäfer (Text) und Sergei Pachtchenko (Grafik) beschäftigen sich im vorgestellten Büchlein ausschließlich mit der Gattung Triops. Grundsätzlich sehr erfreulich, dass es endlich wieder Informationen über die Haltung in Buchform zu lesen gibt!
Allerdings haben sich in den knapp gehaltenen einleitenden Teil etliche Ungenauigkeiten, Missverständnisse und Fehler eingeschlichen. Durchgehend ist vom „Mundwerkzeug“ die Rede (S. 8, 11), jedoch wäre der Plural angebracht, denn diese Krebse besitzen zwei Mandibeln, La­brum und Maxillen. After und Telson sind keine Synonyme (S. 8, 11), sondern das Telson ist das letzte Körpersegment, in dem sich die Afteröffnung befindet. Was die Autorin mit der Synonymisierung von „Schädelverdickung (Cephalon)“ (S. 8/11) meint, erschließt sich dem Leser nicht – möglicherweise die Subfrontalplatte. Tatsächlich bezeichnen „Cephalon“ und „Schädel“ vollkommen unterschiedliche Strukturen: Cephalon ist ein Fachbegriff für „Kopf“, bei Triops also für die fünf ersten Segmente des Körpers, die Antennen und Mundwerkzeuge tragen. Einen „Schädel“ besitzen Krebse als Wirbellose nicht.
Offensichtlich resultiert der „Schädel-Fauxpas“ aus einer Übernahme von Inhalten einer im Literaturverzeichnis zitierten Internetseite, wie eine kurze Recherche nahelegt. Leider ist der unkritische und – sagen wir – fantasievolle Umgang mit Fachtermini nicht nur hier zu beklagen. Denn die Autorin hat ausgerechnet das namensgebende Merkmal des „Dreiauges“ = Triops bezüglich seiner Elemente völlig falsch abgeleitet: Sie setzt den Ocellus mit dem Nacken- oder Dorsalorgan gleich (S. 9) und bringt dementsprechend deren Funktionen durcheinander. Auch bei der Übersichtszeichnung S. 10 ist allein das Dorsalorgan mit „Ocellus oder Nacken-/Dorsalorgan“ beschriftet. Das oft als Ocellus bezeichnete Medianauge ist jedoch nicht identisch mit dem Dorsalorgan und liegt nicht hinter den Komplexaugen, sondern – mit bloßem Auge kaum zu erkennen – mittig direkt vor den Vorderrändern der Komplexaugen. Was die Autorin offenbar für das Medianauge (Ocellus) hält, ist also tatsächlich das Nackenorgan, das übrigens aufgrund seiner Innervierung nichts mit Lichtwahrnehmung zu tun haben kann, sondern mit Ionenaustausch in Verbindung gebracht wird. Dementsprechend fehlt die Beschriftung des eigentlichen Medianauges bei der Übersichtsskizze S. 10 völlig, und das Abdomen ist dort fälschlich als Thorax ausgewiesen.
Viele der als rein hermaphroditisch erwähnten Taxa (ab S. 13) pflanzen sich (auch) getrenntgeschlechtlich oder eventuell parthenogenetisch fort. Über die Gültigkeit der Artenliste ließe sich streiten, z. B. über die Gleichsetzung von Triops longicaudatus intermedius und T. australiensis (S. 14).
Der Haltungsteil ist insgesamt erfreulich geraten, den meisten Punkten kann ich nur zustimmen. Allerdings wäre es einfacher gewesen, statt einer Schadstoffmessung des Leitungswassers und dessen Aufbereitung (S. 21) lieber hochwertiges stilles Mineralwasser oder unbelastetes Flusswasser zu empfehlen. Dass für die Aufzucht 70 ml destillierten Wassers mit 30 ml Leitungswasser gemischt werden sollen (S. 21), ist wohl ein Tippfehler – es dürften 700 und 300 ml gemeint gewesen sein. Zumindest findet sich kein Hinweis auf ein Gefäß für lediglich 100 ml Anzuchtwasser.
Ich persönlich ziehe bei der Fütterung der Nauplien speziell für Branchiopoden angebotene flüssige Futtermittel dem von der Autorin präferierten Algenpulver (S. 24) vor. Wenn das Aufzuchtwasser überhaupt belüftet werden soll, dann meiner Ansicht nach besser mit einem schwach eingestellten Durchlüfterstein, anstatt mit einer Spritze oder Pipette Luft in das Wasser zu drücken (S. 24).
Alles in allem bietet das Büchlein trotz der angesprochenen Kritikpunkte Einsteigern einen knappen, aber mit Abstrichen recht gelungenen Überblick über die grundlegenden Haltungsansprüche von Triops-Urzeitkrebsen. Bleibt zu hoffen, dass in der zweiten Auflage die erwähnten Fehler korrigiert werden.
Kriton Kunz, mit herzlichem Dank an Professor Dr. Mario Engelmann