margin-right: 20px; margin-bottom: 10pxStuder, Billo Heinzpeter (2020): FAIR-FISH – Weil man Fische nicht streicheln kann. – rüffer & rub Sachbuchverlag, Zürich, 154 S.; ISBN 978-3-906304-67-0; 18,00 € (Druck); 13,99 € (E–Book); 20,80 CHF

Der Schweizer Sozialpsychologe und Publizist B. H. Studer widmet sich in diesem Buch dem großen Thema „Nachhaltigkeit im Fischfang“: „Im Rahmen eines seiner Projekte fährt er im Senegal mit lokalen Fischern aufs Meer, um sich ein Bild zu machen, wie die Realität auf See aussieht und wie man sie tierfreundlicher und nachhaltiger gestalten könnte.“ Für diese und andere Kampagnen hat er den Verein fair-fish gegründet, in dem nicht nur ökologische Verträglichkeit und bessere Bezahlung, sondern auch das Tierwohl beim Speisefischfang elementare Zielsetzungen sind.
Studer schlägt durch das Buch einen Bogen: von seiner persönlichen Biografie und ersten Erfahrungen in der Schweiz (etwa dem nie zustande gekommenen Deal mit einer großen Schweizer Handelskette) über Erlebnisse mit Fischern im Senegal, die durch große Fangflotten in prekäre sozioökonomische Verhältnisse getrieben werden, bis zu den Bemühungen von fair-fish, auf nationaler wie internationaler Ebene ein Label einzuführen, das auch das Schmerzempfinden der Nutzfische als Kriterium beinhaltet. Nun sind manche öfter auftauchende Begriffe wie Tierwohl, -leid oder auch diverse Behauptungen (z.B. dass sich die wenigsten Arten für eine Haltung in Aquakultur eignen) nicht unstrittig. Es geht Studer im Hinblick auf das Fischwohl jedoch um die Verbesserung der Haltungsbedingungen und das möglichst schmerzarme Betäuben und Töten, nicht aber um die Abschaffung von Aquakultur, Fang und Verzehr.
Auch die Aquaristik findet kurz Erwähnung: In Zusammenarbeit mit einer Aquarianerin gründete fair-fish eine Beratungsstelle zu einschlägigen Themen, die 2003 allerdings wieder eingestellt wurde, da das Interesse, dieses Angebot wahrzunehmen, laut Autor sehr gering war und Geldmittel für eine öffentlichkeitswirksame Kampagne fehlten. Die nachfolgend gegründete Beratungsstelle vom Verein Aquarium Zürich übernahm dann diese Aufgabe, und die Auffangstelle für Aquarienfische desselben Vereins kümmerte sich um die Unterbringung und Vermittlung von Fischen, die von ihren Haltern abgegeben wurden.
Das Buch ist kurzweilig zu lesen, auch dank der einfügten „Exkurse“, Grafiken und Bilder, und regt zum Nachdenken an. Bleibt zu hoffen, dass der verunglückte Klappentext dem Lesen nicht im Weg steht. Da heißt es frei heraus: „Zum Untertitel: In Ausnahmefällen lassen sich Fische in Gefangenschaft von ihren BetreuerInnen zwar streicheln (zum Beispiel Karpfen, Kois, Störe, Delfine oder Tintenfische). Grundsätzlich aber ist uns ein emotionaler Kontakt mit Wassertieren nicht über Berührung möglich. (…) Eine emotionale Verbindung setzt (...) ein Wissen über deren uns so ferne Lebensweise vo­raus.“ Zur emotionalen Festigung der Tier-Mensch-Beziehung auf die Wissenserlangung hinzuweisen und gleichzeitig einen guten Teil der Systematik des Tierreiches revolutionär neu zu ordnen, ist durchaus mutig und unkonventionell ... Freude am Detail besteht auch, denn wenn schon Delfine und Tintenfische Fische sind, so wird immerhin auch noch auf die Unterscheidung zwischen Karpfen und Koi Wert gelegt! Und warum aus AquarianerInnen und TierpflegerInnen sogenannte BetreuerInnen werden, erschließt sich mir nicht, ist aber vielleicht sprachlichen Besonderheiten in der Deutschschweiz geschuldet.
Wer auch immer im Verlag diesen Klappentext hervorgezaubert hat: Man hätte ihn wohl auch einer/einem interessierten PrimarschülerIn zum Lektorat vorlegen können – dann wären die Systematik-Fehler vielleicht entdeckt worden.
Sebastian Wolf