Die Eigenwerbung – „das gezeichnete Standardwerk“ – trifft leider nur auf die über 300 hochwertigen Zeichnungen zu, denn Taxonomie und Schutzstatus vieler Arten sind nicht (mehr) aktuell, da seit Mitte 2000 viele Fischarten oder – 2006 – auch die FFH (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) überabeitet wurden, was offenbar mit der Drucklegung von Originalversion und Übersetzung zusammenfiel. Verfasser und Verlag wollten nicht die x-te Auflage des immer gleichen Terofal, Muus und/oder Dahlström auf den Markt bringen, sondern einen modernen Bestimmungsführer anbieten, der Schutz und Rückgang einzelner Arten nicht nur pflichtgemäß streift. Die Schlüssel bieten eine „einfache aber dennoch genaue Bestimmung“, denn das Identifizieren vieler europäischer Fische ist „ein meist zeitaufwendiges Verfahren, das häufig zu falschen Ergebnissen“ führt. Da Maitlands Zählwerte nicht zwischen Hart- und Weich- oder verzweigten und unverzweigten Flossenstrahlen unterscheiden, bleiben Cypriniden und Gründlinge unidentifizierbar. Hier verweist er auf die vielen Naturhybriden bei Karpfenfischen, deren „einfache aber genaue Bestimmung“ schwierig bis unmöglich ist. Ein Blick auf die Saiblinge, Renken und Gründlinge: Salvelinus alpinus ist die einzige europäische Saiblingsart in dem Buch. Salvelinus grayi und S. obtusus (verschollene, ehemals endemische Arten schottischer Loughs) fehlen ebenso wie der 2005 beschriebene Ammersee-Saibling (S. evasus), Salmo carpio (stark gefährdeter Gardasee-Edemit), S. letnica oder S. obtusirostris (beide gefährdete Ohridsee-Endemiten) – allesamt Arten, die in nationalen Roten Listen aufgeführt sind Bei den Renken wird Maitland deutlicher: Kottelat (1997) sei der Auffassung, dass „viele der älteren wissenschaftlichen Namen beibehalten werden müssen […] und schlägt daher vor, mindestens 45 Arten […] anzuerkennen. Dieser Ansicht folgt dieses Buch nicht.“ Der Artstatus europäischer Saiblinge und Renken, die zu den gefährdetsten Wirbeltieren Europas zählen, wird kontrovers diskutiert, eine Bestimmung bleibt für Ichthyologen oft schwierig. Eine Liste Schweizer, österreichischer und deutscher Arten wäre in einer Neuauflage sinnvoll, zumal alle eidgenössischen Renken potenziell gefährdet und laut Berner Konvention geschützt sind (Schweizer Rote Liste 2007) – und sich das Buch auch an Angler wendet. Das Dilemma des Erscheinungsjahrs 2006/2007 wird vielerorts deutlich. Der Schutzstatus einiger Arten (etwa Gymnocephalus baloni, Pelecus cultratus und Anguilla anguilla) war bei Drucklegung ebenso veraltet wie Taxonomie und Vorkommen der Gründlinge: Romanogobio uranoscopus und R. kessleri (statt Gobio), R. (statt G.) albipinnatus (kommt im Wolga-, nicht im Donau-Einzug vor); weitere Arten (R. vladykovi, R. belingi und G. obtusirostris) fehlen ebenso wie seit Mitte 2000 beschriebene Groppenarten (Cottus aturi, C. duranii oder C. perifretum). Auch einige Verbreitungskarten sind veraltet: Die invasiven Grundeln Neogobius melanostomus, Baka (statt N.) kessleri oder Proterorhinus semilunaris (statt P. marmoratus) sind seit 2005 in Bayern nachweisbar und bis in den Rhein vorgedrungen. Glaubt man den Karten, denen Flüsse als Orientierungshilfen leider fehlen, kommen einige in Deutschland geschützte Arten (Gymnocephalus baloni, G. schraetser und Pelecus cultratus) dort gar nicht vor. Im anatomisch-physiologischen Teil fallen einige ungenaue oder teilweise falsche Übersetzungen auf, die den Text schwer verständlich machen (etwa das Gegenstromprinzip der Kiemenkapillaren). Fazit: Ein gutes Buch für sattelfeste Angler und Fischfreunde, bei inhaltlichen Schwächen im Artenteil; trotz der schönen Zeichnungen aber sicher kein Standardwerk. Dirk Neumann