Im größten und am wenigsten erforschten Lebensraum unseres Planeten, der Tiefsee, entdeckte das Forscher-Team um Gerhard J. Herndl, Meeresbiologe an der Universität Wien, erstmals Bakterien, die – wie Pflanzen – das Enzym Ribulose-Biphosphat-Karboxylase (RuBisCo) besitzen. Dieses Protein spielt eine wichtige Rolle
bei der Photosynthese: Die Pflanzen wandeln damit Kohlendioxid in organischen Kohlenstoff und Biomasse um.

Bei den neu entdeckten Bakterien kann jedoch Sonnenlicht nicht als Energiequelle dienen, da sie ja in
der Tiefsee leben, 200 bis 3.000 Meter unter dem Wasserspiegel. Stattdessen ernähren sie sich von Schwefelverbindungen. „Wir konnten entsprechende Gene in den Mikroben finden“, erklärte Herndl.

Fundorte sind die sauerstoffhaltigen Regionen von Atlantik und Pazifik. Die Bakterien mit dem RuBisCo-Eiweiß kamen vorwiegend auf millimeter- bis zentime­tergroßen Partikeln vor, „die mit einer Geschwindigkeit von etwa 100 Metern pro Tag in die Tiefe rieseln, [sie] könnten in ihrem Inneren sauerstofflos sein“. Somit könnte eine eigentlich sauerstoffhaltige Umgebung sauerstoffarme Mikrozonen bieten, eben im Inneren jener Partikel.

Die Befunde zeigen, wie wenig bisher über die vielfältigsten Lebensformen der Erde, die Mikroorganismen, bekannt ist. Die Forschungsergebnisse sind ein wesent­licher Schritt zu einem besseren Verständnis der Prozesse in der Tiefsee. Autor: Oliver Mengedoht­

Literatur

Swan, B. K., M. Martinez-Garcia, C. M. Preston, A. Scyrba, T. Woyke, D. Lamy, T. Reinthaler, N. J. Poulton, E. D. Masland, M. L. Gomez, M. E. Sieracki, E. F. DeLong, G. J. Herndl & R. Stepanauskas (2011): Potential for chemolitho­autotrophy among ubiquitous bacteria lineages in the dark ocean. – Science 333: 1296–1300. DOI: 10. 1126/science.1203690.