In meinem Artikel „Impres­sionen aus dem Schwertträger-Land“ in der Juni-Ausgabe der DATZ spekulierte ich auf Seite 80 über die mögliche Gefahr einer Ansiedlung des australischen Rotscherenkrebses (Cherax quadricarinatus; von mir vor lauter Xiphophorus maculatus versehentlich als C. quadrimaculatus bezeichnet).
Frei nach dem Motto: „Nach dem Artikel ist vor dem Artikel“, stöberte ich nach der Fertigstellung des Schwertträger-Manuskriptes im Internet noch ein wenig nach Informationen zu Flusskrebsen in Mexiko. Dabei stieß ich auf zwei Bei­träge über wildlebende ­Populationen dieser exotischen Panzerträger.
Auf der Internet-Seite von Jose-Luis Bortolini-Rosales fand ich einen Artikel von Alvarez et al. über den Rotscherenkrebs in Mexiko. Dort wird berichtet, dass C. quadricarinatus während der 1990er-Jahre in die mexikanische Aquakultur eingeführt wurde.
An mehreren Orten entkamen einige der Krebse und gründeten sich selbst erhaltende Populationen. In den Jahren 2004 und 2005 wurden demnach erstmals frei­lebende Rotscherenkrebse in den mexikanischen Bundesstaaten Tamaulipas und Morelos gefangen. Wir besuchten diese Bundesstaaten auf unserer Reise im Mai 2000.
Die genannten Autoren berichten ferner von dem ersten Nachweis der Art im Bundesstaat San Luis Potosí 2012 in Gräben der Media-Luna-Lagune bei Río Verde.
In allen drei Bundesstaaten wurde C. quadricarinatus in den Oberläufen großer Flusssysteme, etwa im Río Balsas, im Río Tampaon und im Río Tamesi, entdeckt. Es wird auf die Gefahr der Weiterverbreitung der Art über die gesamten Einzugsgebiete hingewiesen. In diesen Gewässern leben etliche endemische mexikanische Flusskrebsarten, die durch die invasiven Exoten verdrängt werden könnten.
Die Autoren führen aus, dass über 640 Flusskrebs­arten oder -unterarten weltweit bekannt sind. Davon sind 66 Prozent (432 Arten und Unterarten) auf dem nordamerikanischen Kontinent beheimatet. In Mexiko wurden bisher mehr als 170 Süßwasser-Spezies und Subspezies von Krebsen nach­gewiesen.
Aber die Exoten bedeuten nicht nur für die autochthone Krebsfauna eine potenzielle Gefahr, sondern auch für alle anderen Wasserbewohner, etwa Fische, Garnelen und Amphibien. Der Nachweis weiterer wildlebender Vorkommen von C. quadricarinatus in anderen mexikanischen Bundesstaaten ist nach Auffassung der Verfasser nur eine Frage der Zeit.
Der zweite Artikel stammt von Vega-Villasante et al. (2015). Die Autoren berichten, dass C. quadricarinatus illegal entlang der Küste im Süden des Bundesstaates ­Jalisco angesiedelt wurde. Unachtsamkeit und Miss­management ermöglichte es den Krebsen, zu entkommen und sich unkontrolliert in den Gewässern Jaliscos auszubreiten.
Das Ziel dieser Studie war die Abschätzung der Verbreitung der Rotscherenkrebse sowie deren Nutzen für die dort ansässigen Fischer, die ursprünglich vor allem der Großarmgarnele Macrobrachium americanum nachstellten. Während in Fließgewässern die Rotscherenkrebse 32 Prozent des Fangs ausmachten und der Großteil nach wie vor aus Macrobrachium bestand, verschob sich die Zusammensetzung in Stauseen mit 85 Prozent Cherax deutlich zugunsten der Exoten, die sich zu einem bedeutenden Bestandteil des Fangs ent­wickelten.
Um die ökologischen Auswirkungen der ungezügelten Ausbreitung der eingeführten Rotscherenkrebse zu ermessen, sind den Autoren zufolge weitere Studien erforderlich.
Immer wieder bereiten vom Menschen absichtlich oder durch Nachlässigkeit freigesetzte Exoten angestammten Arten Probleme, in Deutschland etwa die Nordamerikaner Kamberkrebs (Orconectes limosus), Signalkrebs (Pacifastacus leniusculus) oder Louisiana-Sumpfkrebs (Procambarus clarkii), wobei diese Arten nicht nur wegen ihrer großen Fruchtbarkeit, sondern vor allem auch als mögliche Überträger der Krebspest eine tödliche Gefahr für die Restbestände unserer einheimischen Flusskrebse darstellen.
Die australischen Flusskrebse haben laut Literatur der Krebspest ebenfalls nichts entgegenzusetzen; erstaunlicherweise hat dies ihre Ausbreitung in Mexiko aber nicht verhindert. Da die Artikel über Rotscherenkrebse in Mexiko jedoch recht jungen Datums sind, bleibt abzuwarten, wie sich die Sachlage weiter entwickelt. Über große Krebssterben in mexikanischen Gewässern fand ich bisher jedenfalls noch keine Veröffentlichung.

Uwe Dost

Literatur
Alvarez, F., J. L. Bortolini-Rosales, J. L. Villalobos & L. Gárcia-Vázquez (2014): The presence of the Australian crayfish Cherax quadricarinatus (von Martens, 1868) in Mexico. – https://www.researchgate.net/publication/ 268818362.
Vega-Villasante, F., J. J. Avalos-Aguilar, H. Nolasco-Soria, M. A. Vargas-Ceballos, J. L. Bortolini-Rosales, O. Chong-Carillo, M. F. Ruiz-Nunez & J. C. Morales-Hernandez (2015): Wild populations of the invasive Australian red claw crayfish Cherax quadricarinatus (Crustacea, Decapoda) near the northern coast of Jalisco, Mexico: A new fishing and profitable resource. – Lat. Am. J. Aquat. Res. 43 (4): 781–785.