Dann ging ich ans Werk, zeitlich war es allerdings schon reichlich knapp, denn in wenigen Tagen sollte gedruckt werden, und so musste das neue Foto nach Möglichkeit noch heute nach Gelsenkirchen.
Natürlich hatte ich eine Reihe weiterer Aufnahmen, aber auf allen war die Technik hinter literarischen Werken verborgen. „Also mache ich schnell ein paar neue ­Bilder, das ist doch in wenigen Minuten erledigt“, dachte ich mir.
Als ich das zu fotogra­fierende Aquarium genauer betrachtete, stellte ich fest, dass es nach sechs Wochen Laufzeit nicht mehr besonders ansprechend aussah. Zwar war das Wasser kristallklar, und die Fische waren wohlauf, aber die Wasserpflanzen machten nicht den besten Eindruck. Während meines Urlaubs war das kleine Becken nur durch das vom Fenster einfallende Tageslicht beleuchtet worden.
Für gute Fotos musste ich also neue Gewächse aus anderen Becken einsetzen. Ich zog die Pflanzenstängel vorsichtig aus dem Boden, konnte aber nicht verhindern, dass die Wurzeln, die tief in den Kiesgrund hineingewachsen waren, in ihrer Umgebung eine beachtliche Wassertrübung hervorriefen. Also blieb mir nichts ande­-res übrig, als einen Teil des Wassers zu wechseln. Zwar lief der kleine Filter ganz ­ordentlich, aber der allein hätte doch zu lange gebraucht, schließlich drängte die Zeit ...
Mein Handy klingelte. Vereinsfreund Claus-Dieter wollte wissen, ob ich seine Malawiseebuntbarsche bei unserer nächsten Börse mit auf meinen Verkaufstisch nehmen könnte. Nach einer Viertelstunde hatten wir uns geeinigt, und ich bemerkte, dass beim gleichzeitigem Wasserablassen und Tele­fonieren die Gießkanne mit dem Altwasser übergelaufen war. Zu sehen war auf dem dunkelgrauen, unempfind­lichen Teppichboden zwar nichts, doch spürte ich es an meinen nassen Socken (im Haus laufe ich gern auf Strümpfen).
Nach vorsichtigem Hinzugießen von Frischwasser war das Aquarium wieder ­einigermaßen klar. Neue, schöne, grüne Pflanzenableger wurden eingesetzt, aber es fehlte noch der letzte Pfiff. So gab ich zwei dicke Mooskugeln als Blickfang hinzu. Eine ging gleich unter, aber die andere trieb hartnäckig an der Wasseroberfläche. Also drückte ich sie im Wasser aus, was erneut eine unschöne Trübung verursachte. Also noch ein Wasserwechsel, die Zeit drängte ...
Wieder klingelte mein ­Telefon. Die gewissenhafte Vereinsfreundin Helga, unser Pressewart, teilte mir mit, dass in der heutigen Tageszeitung unsere Börsenankündigung nicht erschienen war. Nach 15 Minuten Diskussion fanden wir die Ur­sache. Helga hatte sich im Datum geirrt.
Nach dem Wasserwechsel war wieder alles ganz klar. Nur die leicht veralgte Sichtscheibe sah nicht so gut aus. Ich griff zum Algenmagneten und hörte schon am Knirschen, dass ein Sandkörnchen störte. Prompt war auch ein Kratzer in der Scheibe. Dann musste ich zum Fotografieren eben eine Perspektive wählen, aus der ich den Schmiss nicht mit auf das Bild bekam!
Ich holte meine Kamera und stellte fest, dass sie mit leeren Akkus bestückt war. Das Netzteil war dummerweise schon länger nicht mehr auffindbar. Beim Suchen nach Ersatzbatterien fand ich heraus, dass die TV-Fernbedienung die gleichen Modelle enthielt. Der Wechsel klappte perfekt, und ich schoss einige Aufnahmen.
Auf dem Monitor und nach der Bildbearbeitung am PC sah alles gut aus, also ging es ans Versenden. Zwar streikte mein neues Übertragungsprogramm zunächst, doch nach einer halben Stunde fand ich den Fehler. Die Zeit drängte ...
Meine liebe Frau Ingrid, die gerade ihre Lieblingssendung sehen wollte, reklamierte, dass die TV-Fern­bedienung defekt sei. Es ist hier nicht so wichtig, wie
sie reagierte, als ich ihr die Ursache erklärte.
Nach etwa vier Stunden – vom Eintreffen der „Eilt-E-Mail“ bis zum Verschicken der neuen Fotos – hatte ich wieder alles im Griff. Anschließend schaute ich mir die Aufnahmen noch einmal in Ruhe an: Auf einem Bild arbeitete das Düsenrohr nicht korrekt. Von den acht Ausflusslöchern war eines verstopft ...
Heute geht es mir wieder gut. Der Testbericht ist inzwischen gedruckt, die Leser waren offenbar auch mit sieben Ausflusslöchern zufrieden, meine bessere Hälfte schaut wieder fröhlich ihre Lieblingssendung, und ich bin froh, dass ich alles mal eben schnell erledigt habe.
Autor: Reinhold Wawrzynski