Vor gut einem halben Jahr richtete ich ein Kengal- Aquarium für meinen Sohn, der unter Neurodermitis leidet, ein. Durch das sanfte Abknabbern der irritierten Hautschuppen kommt es zwar nicht zu einer Heilung, aber nachweislich zu einer Besserung der Krankheitssymptome. Für mich war die Aussicht, die Beschwerden zu lindern, Grund genug, dieses Bassin aufzustellen. Die Fische sind in einem geräumigen Artbecken untergebracht, und sie treiben das, was in ihrer Natur liegt: Sie ergänzen ihren Speiseplan durch das Abweiden aufgeweichter Hautschuppen. Genau das tun die quirligen Fische ja auch in ih- rem natürlichen Habitat. Sie stammen aus Thermalquellen, in denen kaum proteinreiche Nahrung zu finden ist. So knabbern die Fische an Badegästen, um deren Hautschuppen als Eiweißquelle zu nutzen – fast schon eine Art Symbiose, denn die ansässige Bevölkerung erkannte bald den wohltuenden Effekt der sanften Schuppenentfernung. Wer einmal Kengal- Fische bei der Arbeit beobachtete, sieht sofort, dass sie geradezu gierig auf „nackte Haut“ sind. Selbst bei Pflegearbeiten im Aquarium stürzen sich die (gut genährten) Fische sofort auf die Hände des Pflegers und knabbern, was das Zeug hält. Um das Aquarienwasser nicht unnötig zu belasten, werden natürlich vor dem Bad die Füße gründlich mit klarem Leitungswasser gereinigt. Die Fische zeigen keinerlei Scheu vor dem Menschen (oder seinen Extremitäten). Eine Belastung oder Stress für die Tiere kann ich bei den Badeaktionen nicht erkennen, im Gegenteil. Die Fische fühlen sich so wohl, dass sie balzen und auch schon gelaicht haben. Der Vorwurf, hier würden Fische „instrumentalisiert“, kann bei privaten Aquarien nicht gelten. Es käme ja auch niemand auf die Idee, einen Antennenwels als zweckentfremdetes Werkzeug zur Reinigung von Aquariendekoration und -scheiben zu sehen. Bleibt noch das Übertragungsrisiko von Krankheiten. Dadurch, dass nur eine Person – oder ein sehr eingeschränkter und bekannter Personenkreis – das Kengal- Aquarium benutzt, ist die Gefahr der Ansteckung durch die Fische hier kein Argument. Wer zusammen Bad und Dusche benutzt, kann auch gefahrlos seine Füße im selben Aquarium baden. Einen Besuch unseres überfüllten Hallenbads stufe ich als wesentlich riskanter ein. Und die Gefahr der Krankheitsübertragung von Fisch zu Mensch? Dazu ist zu sagen, dass G. rufa inzwischen in großem Maßstab in Deutschland vermehrt wird. Seriöse Zuchtbetriebe unterwerfen sich dabei einer freiwilligen, strengen tierärztlichen Kontrolle. Regelmäßig werden die Tiere auf Mykobakterien (Fischtuberkulose, Schwimmbadgranulom) und Ektoparasiten untersucht. So soll sichergestellt werden, dass sie von humanpathogenen Keimen frei sind. Und der therapeutische Nutzen? Leider kann ich dazu wenig sagen, denn mein Sohn weigerte sich nach einigen Anwendungen weiterzumachen: Es kitzelte ihn zu sehr, schade! Was also tun mit dem Kengal-Aquarium? Wir (mein jüngerer Sohn, meine Nichten und ich) nutzen es nun zu Wellness- Zwecken. Hat man den anfänglichen Impuls zu Lachanfällen einmal überwunden, kann man bei der sanften Fußmassage herrlich entspannen. Ein wohliges Behagen wie bei den aufsteigenden Bläschen im Whirlpool stellt sich ein, wenn die Fische die Füße abweiden. Nach der Aktion fühlt sich die Haut auch deutlich glatter an als vorher. Und wenn es egoistisch ist, Fische nur zu körperlichen Wohlfühlzwecken zu pflegen, wie steht es dann um die Motivation, Tiere allein aus ästhetischen Gründen zu halten? Wo ist der Unterschied, solange es den Aquarienbewohnern nur gut geht? Petra Fitz