Als ich vor einigen Monaten Bilder eines als „Chaeto­stoma Tiger“ bezeichneten Gebirgsharnischwelses aus Peru von Harald Jahn (Aquarium Glaser) zugeschickt bekam, wurde ich ganz kribbelig, denn einen so schönen Vertreter dieser Gattung hatte ich noch nicht gesehen. In Zeiten, in denen aufgrund der immer stärkeren Exportbeschränkungen eigentlich keine neuen L-Welse zu ­erwarten sind, war die Entdeckung eines solchen Fisches für mich der Höhepunkt des noch recht jungen Jahres.

Lange musste ich dann jedoch darauf warten, bis Harald mir mitteilte, dass der Import einiger Tiere gelungen sei.

Zusätzlich gelang Aquarium Glaser die Einfuhr zweier weiterer zweifellos aquaristisch bislang unbekannter Chaeto­stoma-Arten aus Peru, die ich nachfolgend vorstelle.

Dankenswerterweise besorgte mir Frank Schaefer (ebenfalls Aquarium Glaser) die genauen Herkunftsangaben für diese Tiere, so dass  der Vergabe von L-Nummern nichts mehr im Wege stand.

Der wohl bisher attraktivste Gebirgsharnischwels, der „Tiger-Chaetostoma“, soll die Codenummer L 455 erhalten.

Die importierten Tiere waren recht unterschiedlich gefärbt. Die Weibchen sind ohnehin deutlich unscheinbarer hellgrau, aber auch zwischen dominanten und nicht dominanten Exemplaren gibt es erheb­liche Differenzen in der Farb­intensität. Nur Alpha-Männchen scheinen die überaus kontrastreiche schwarzweiße bis schwarzgelbe Färbung und einen rötlichen Schwanz auszubilden.

Aber auch mein offensichtlich rangniederes männliches Tier sieht mittlerweile deutlich hübscher aus als jeder andere Chaetostoma, den ich bisher ­gesehen habe.

Laut Angabe des Exporteurs soll diese Art im Río Negro, ­einem kleinen Zufluss des oberen Río Pisqui unweit der Boqueron del Padre Abad, gefangen werden. Das gab mir zu denken, denn 1995 und 1996 hatte ich zweimal die Boqueron del Pa­dre Abad westlich von Aguay­-tia in Peru besucht, eine traumhaft schöne Schlucht der Cordillera Azul. Wir haben dort nach jeder Gebirgskette andere Chaetostoma angetroffen. Der Gedanke, dass ich damals nur einen Katzensprung von dem Vorkommen des „Tiger-Chaetostoma“ entfernt war, ärgerte mich ein wenig.

Aus dem Río Pisqui selbst im peruanischen Bundesstaat Loreto stammt der zweite neu importierte Chaetostoma, L 456. Der Pisqui ist ein weiterer Zufluss des Río Ucayali, der aber wesentlich weiter nördlich des Aguaytia-Systems mündet.

Die Männchen von L 456 zeigen, wenn sie sich wohl fühlen, eine fast schokoladenbraune Färbung mit hellen Flecken. Sie können ebenfalls eine rotbraune Schwanzpartie ausbilden. Auch hier sind die Weibchen etwas unscheinbarer gefärbt.

Die dritte neue Chaetostoma-Art, L 457, wurde vom Exporteur „Chaetostoma Tingo Red“ genannt, wobei sich das „Red“ ebenfalls auf die rotbraune ­Färbung des Schwanzes bezieht, die vor allem die Männchen ausbilden können. L 457 ist sicher die unscheinbarste der drei Arten und erwies sich aus diesem Grund auch am preiswertesten.

Was die peruanische Handelsbezeichnung „Tingo“ zu bedeuten hat, vermag ich nicht zu sagen. Die Art kommt weder von Tingo Maria am Río Huallaga noch aus dem Río Tingo, was diesen Namen gerechtfertigt hätte.

Auch der Fundort von L 457 war für mich eine Überraschung. Die Art soll aus dem  Río Chiu stammen, einem Zufluss des oberen Río San Alejandro. Im Río San Alejandro selbst haben wir zusammen  mit dem bei den Aquarianern so beliebten Panaqolus sp. (L 204) Chaetostoma lineopunc­tatum gefangen, eine deutlich anders gefärbte Art.

Zugegeben, meine L 455 erinnerten mich in Schreckfärbung sehr stark an L 457, und vor allem Weibchen dieser beiden Arten lassen sich vermutlich nur gut eingewöhnt sicher voneinander unterscheiden. Dennoch habe ich keine Zweifel daran, es bei diesen Tieren mit zwei verschiedenen Arten zu tun zu haben.

Die importierten Tiere hatten alle in etwa die gleiche Gesamtlänge von acht bis elf Zentimetern, weshalb ich eine Endgröße von zwölf bis 15 Zentimetern erwarte.

Da mir keine genaueren Angaben über die Lebensumstände der neuen Gebirgsharnischwelse in diesen Flüssen, insbesondere zu den dort vorherrschenden Wassertemperaturen, vorliegen, kann ich nur anhand der bislang gemachten Erfahrungen sagen, dass sie mit einer Temperatur von 25 bis 26 °C recht gut zurecht kommen.

Da ich mittlerweile sowohl im Amazonasgebiet in Brasilien als auch in Ucayali-Zuflüssen in Peru Vertreter dieser Gattung schon bei etwa 30 °C angetroffen habe, halte ich die veraltete Meinung, Chaetostoma seien unbedingt kühl zu pflegen, ohnehin für überholt. Ich pflege diese Fische allerdings in kräftig gefiltertem  und sauerstoffreichem Wasser, was ihnen sehr zu behagen scheint.

Gefüttert habe ich sie bislang vorwiegend mit pflanzlichen Futtertabletten und frischer Grünkost in Form von Zucchini. Während sie das Tablettenfutter von Beginn an gut fraßen, haben sie trotz ihrer Vorliebe für Aufwuchs in der Natur Grünes bisher nur zögerlich zu sich genommen.

Alle drei Welse scheinen sich recht problemlos pflegen zu lassen, und auch die Vermehrung von Gebirgharnischwelsen ist ja im Aquarium bereits mehrfach gelungen. Somit können sich Harnischwels-Freunde, die bereit sind, für einen Chaetostoma auch einmal etwas mehr auszugeben, durch die Erstnachzucht dieser Fische durchaus noch Lorbeeren verdienen.

Ingo Seidel