Dieser Rechtsauffassung erteilte der BGH eine klare Absage: Der Verkäufer habe keine größere „Sachnähe“ und der Käufer daher keine rechtliche Pflicht, seine Forderungen zuerst ihm gegenüber geltend zu machen; er habe vielmehr die Wahl, seine Ansprüche auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens dem Verkäufer (er haftet beim Vorliegen eines Mangels auch ohne Verschulden) oder aber dem Tierarzt mitzuteilen, der jedoch nur hafte, wenn er einen Mangel schuldhaft übersehen habe. Lediglich wenn die Inanspruchnahme des Mediziners grob gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoße, wofür es hier keinen Anhaltspunkt gab, müsse der Käufer sich zuerst an den Verkäufer halten.
Mit einer weiteren Entscheidung vom 22.12.2011 (Az. VII ZR 7/11) bestätigte der BGH die Rechtsauffassung, dass der Käufer sich nicht vorrangig an den Verkäufer zu wenden habe, sondern nach mangelhafter tierärztlicher Ankaufsuntersuchung die Wahl habe, an wen er sich halte. Was das bedeutet, wenn der Tierarzt einen teuren Teichfisch, etwa einen Koi, untersuchen soll, bleibt offen. So lässt sich beispielsweise das Koi-Herpes-Virus am lebenden Tier nicht immer sicher feststellen. Hier wird der Veterinär also über die Restrisiken bei der Anschaffung eines neuen Tieres, das zu einem vorhandenen Bestand gesetzt werden soll, besonders ausführlich aufklären müssen – und er sollte sich auch dokumentieren lassen, dass er dies ­getan hat.

Autor: Dietrich Rössel