Bremens neue ­Polizeiverordnung über die öffentliche Sicherheit. Bremen hat schon seit 1994 eine Regelung zur Haltung gefährlicher Tiere. Am 23.10. 2012 wurde die neue Polizeiverordnung über die öffent­liche Sicherheit bekanntgegeben (Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen vom 9.11.2012, Seiten 467 ff.), die am 1.12. in Kraft trat. | Dietrich Rössel

Erstmals sind von einer solchen Regelung auch Fische betroffen:

  • - von den aktiv giftigen Arten die Steinfische (Synanceiinae), die Skorpionsfische (Scorpaeninae), die Petermännchen (Trachinidae), die Stechrochen (Dasyatidae) und die Süßwasserstechrochen (Potamotrygonidae);
  • - von den elektrogenen Fischen die Zitterrochen (Torpedinidae), der Zitteraal (Electrophorus electricus) und der Zitterwels (Malapterurus electricus).

Die nicht gewerbliche Haltung der genannten Arten ist außerhalb tier- und artenschutzrechtlich genehmigter Einrichtungen verboten; auch das Beaufsichtigen der genannten Tiere durch Dritte fällt unter den Begriff des Haltens. Eine Ausnahme von diesem Verbot kann auf Antrag zugelassen werden; Voraussetzungen dafür sind:

  • - der Nachweis, dass durch die Tierhaltung im Einzelfall keine Gefahren für Dritte entstehen können, dass das Tier in einer ausbruchsicheren Anlage untergebracht ist und dass Dritte keinen Zugriff nehmen können;
  • - der Nachweis der Zuverlässigkeit und Sachkunde des Halters; die Zuverlässigkeit wird in der Regel dann verneint, wenn der Antragsteller wegen erheblicher, im Einzelfall aufgezählter oder aber wegen tierbezogener Straftaten verurteilt wurde. Die Sachkunde ist durch einen entsprechenden Lehrgang oder eine geeignete Prüfung nachzuweisen;
  • - ein deutlich sichtbar ausgehängter Notfallplan, der die Erstversorgung bei einem Unfall nachweist;
  • - die Benennung einer sachkundigen Person als Vertreter.

In der Regel soll für höchstens zehn Tiere der aufgeführten Arten eine Ausnahme erteilt werden. Bei ­einer höheren Zahl wird der Antragsteller ein „besonderes Bedürfnis“ geltend machen müssen.

Die weiteren Auflagen (Befristung der Erlaubnis, Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs, Verpflichtung, einen Wohnungswechsel und die Abgabe eines Tieres anzuzeigen) sind aus vergleichbaren Verordnungen bekannt.

Nach § 1 Absatz 8 der Polizeiverordnung ist die Vermehrung der gefährlichen Arten verboten; Ausnahmen können bei der Darlegung ­eines „besonderen Interesses“ zugelassen werden. Anzuerkennen ist insoweit vor allem der „wissenschaftliche Zweck“.

Tiere, die bereits am 1.12. 2012 gehalten wurden, gelten „bis zur Vollziehbarkeit der Entscheidung der Ortspolizeibehörde“ als erlaubt, wenn bis zum Ablauf des 31.1.2013 eine Ausnahme beantragt wird; das bedeutet letzten Endes, dass auch der Altbestand nachträglich immer noch verboten oder die Haltungserlaubnis verweigert werden kann.

Selbstverständlich sind in der neuen Verordnung außer Fischen auch Terrarientiere erfasst, die gemeinhin als gefährlich gelten, sowie zahlreiche groß werdende Säugetier- und einige Vogelarten.

Auch die neue Bremer Verordnung verdient Kritik: Nach wie vor gibt es keinen Grund, einen gewerblichen Halter per se als zuverläs­siger einzustufen als einen nicht gewerblichen. Der zuverlässige und sachkundige Privathalter steht dem Händler diesbezüglich in nichts nach; nach Auffassung des Verfassers ist hier das Gleichheitsgebot des Art. 3 GG nicht beachtet.

Das Nachzuchtverbot – das sich nach seiner Position im Gesetz wohl nur an die nicht gewerblichen Halter richtet, seinem Wortlaut nach aber eindeutig an alle Tierhalter wendet, also auch an gewerbliche und an genehmigte Einrichtungen! – ist, insbesondere unter Artenschutz-Gesichtspunkten, ebenfalls bedenklich. Es führt nämlich zu einer rechtlichen Konfliktlage zwischen dem Artenschutzrecht (Arterhalt als Ziel) und den Re­gelungen der Polizeiverordnung.

Die Frage, ob das Inter­esse am Erhalt gefährdeter Arten durch deren Nachzucht als „wissenschaftliches Interesse“ zu betrachten ist oder jedenfalls als „besonderes Interesse“ im Sinn der Verordnung, ist nach Auffassung des Verfassers zu bejahen; gerichtlich entschieden ist dieser Umstand allerdings noch nicht.