Das AG Kassel (Az.: 435 C 2900/18) hat der Klage einer Tierhalterin stattgegeben, die von einem Tierschutzverein ein bereits erkranktes Tier übernommen hatte. Nur wenige Tage, nachdem die Klägerin mit dem Verein einen „Tierschutzvertrag“ abgeschlossen und das Tier erhalten hatte, musste sie erhebliche Beträge für tierärztliche Behandlungen aufwenden; die zu behandelnden Erkrankungen waren schon vorhanden gewesen.
Der Verein behauptete, die Vorerkrankungen seien der Klägerin mitgeteilt worden und im Übrigen sei ein Haftungsausschluss vereinbart gewesen. Dieser Argumentation schloss sich das Gericht jedoch nicht an und verurteilte den beklagten Verein, die Tierarztkosten zu erstatten.
Der Tierschutzvertrag sei ein „Vertrag eigener Art“ und seinem Wesen nach am ehesten als Verwahrungsvertrag nach den §§ 688 ff. BGB auszulegen (dem ist zuzustimmen – auch das AG Königstein / Ts. hat unter Az. 21 C 179/12 einen Tierschutzvertrag als atypischen Vertrag auf Basis der Vorschriften über die Verwahrung eingestuft). Die Klägerin habe sich also als „Verwahrerin“ um das Tier zu kümmern, da kein Eigentum übertragen worden sei. Damit bleibe der beklagte Verein Eigentümer des Tieres; auch die Zahlung einer „Schutzgebühr“ ändere hieran nichts. Diese habe sich aus Positionen zusammengesetzt, die gerade nicht den Kaufpreis umfassten (medizinische Versorgung, Transport, Pensionskosten, Schutzgebühr). Die „typischen Eigentümerrechte“ seien jedoch, wie in Tierschutzverträgen üblich, gerade nicht übertragen worden, und die Klägerin sei zahlreichen Verpflichtungen unterworfen (Kontrollrecht der Beklagten, Anzeigepflicht bei Umzügen u. v. a.).
Da der beklagte Verein Eigentümer bleibe, sei er auch weiterhin für die medizinische Versorgung zuständig. Das sei auch deshalb der Fall, weil die Klägerin einen Teil der Pauschale für medizinische Versorgung gezahlt habe. Damit sei der Beklagte auch für Tierarztkosten zuständig, die nach der Überlassung des Tieres an die Klägerin entstünden. Der beklagte Verein habe daher die notwendigen medizinischen Aufwendungen zu erstatten (§ 693 BGB). Das Gericht wies gleichzeitig darauf hin, dass im Falle des Fehlens einer vertraglichen Regelung ein Tierschutzverein als Eigentümer nach den Regeln über die „Geschäftsführung ohne Auftrag“ nach § 683 BGB Aufwendungsersatz verlangen könne, wenn die Aufwendungen notwendig gewesen seien.
Die vollständige Entscheidung finden Sie hier: https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE190000601
Es ist übrigens durchaus möglich, andere wirksame Verträge abzuschließen, in denen die Tierarztkosten vom Übernehmer zu tragen sind. Ein solcher Vertrag war Gegenstand der Entscheidung des LG Krefeld, Az. 1 S 79/06; hier musste der Übernehmer die Tierarztkosten tragen, weil es vertraglich entsprechend vereinbart war.