Mit Urteil vom 28.10.2020 (Az.: M 23 K 20.4732) hatte das Verwaltungsgericht München sich mit verschiedenen tierschutzrechtlichen Aspekten zu befassen.
Hier ging es zunächst um die Frage, ob die Regelung des § 16a TierSchG es erlaubt, tierschutzwidrig gehaltene Tiere nicht nur wegzunehmen, sondern sie auch sofort und ohne dem bisherigen Eigentümer eine Frist zur Herstellung tierschutzkonformer Zustände zu setzen, zu veräußern. Die sofortige Veräußerung ist dann zulässig, wenn eine anderweitige Unterbringung des Tieres nicht möglich ist oder der bisherige Eigentümer trotz Fristsetzung durch das Veterinäramt keine ordnungsgemäße Haltung sicherstellt.
Allerdings ist eine Fristsetzung dann – ausnahmsweise – nicht notwendig, wenn die Würdigung aller Umstände des Einzelfalles ergibt, dass ein zeitnahes, ordnungsgemäßes Verhalten des Tierhalters nicht zu erwarten ist. Die mangelnde Sachkunde des Tierhalters oder erhebliches, tierschutzbezogenes Fehlverhalten können bei der Beurteilung herangezogen werden. Auch können das Fehlen jeglicher Einsicht in die Tierschutzwidrigkeit der Tierhaltung und die geäußerte Absicht, an den Bedingungen der Tierhaltung nichts ändern zu wollen, hier eine erhebliche Rolle spielen. Liegen erhebliche Verstöße vor, die jedem sachkundigen Tierhalter ohne weiteres auffallen müssen und die sogar ein Tierhaltungsverbot rechtfertigen könnten, dann muss das Veterinäramt keine Frist setzen, sondern darf weggenommene Tiere sofort notveräußern.
Interessant sind auch die Ausführungen zur artenschutzrechtlichen Zuverlässigkeit: Die Erlaubnis zur Haltung von Tieren, die unter Artenschutz stehen, kann beim Vorliegen erheblicher tierschutzrechtlicher Verstöße – auch wenn diese sich nicht einmal auf das unter Artenschutz stehende Tier beziehen – verweigert werden.
Auch zur Haltung von Fischen und Reptilien wurde Konkretes gesagt: Gefährliche Nitrat- und pH-Werte in einem Aquarium wurden als „Zufügung lang anhaltender Leiden“, eingestuft; das kann in strafrechtlicher Hinsicht durchaus eine Verurteilung nach § 17 TierSchG wegen Tierquälerei nach sich ziehen. Zur Vergesellschaftung ausschließlich männlicher Griechischer Landschildkröten hielt das Gericht, gestützt auf ein tierärztliches Gutachten, fest, dass jedenfalls in einem nicht gut strukturierten Terrarium dadurch erheblicher Stress zwischen den Tieren ausgelöst werde. Auch dies löse lang anhaltende Schmerzen und Leiden i. S. d. § 17 TierSchG aus.
Amüsantes am Rande: Das Gericht entscheidet ausdrücklich über die Wegnahme von „Wirbeltieren und Fischen“. Immerhin wurden die Fische durch diesen Fauxpas rechtlich nicht zu Unrecht schlechter gestellt ...
RA Dietrich Rössel, Königstein