Wird ein Tierhalter zur Zwangsräumung einer gemieteten Wohnung oder eines Grundstücks, auf dem sich Tiere befinden, verurteilt, stellt sich für den Gerichtsvollzieher die Frage, was zu tun ist, wenn der Betreffende seiner Räumungspflicht nicht nachkommt, also eine Zwangsräumung durchzuführen ist.

Mit einem solchen Fall hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) zu beschäftigen (Beschluss vom 4.4. 2012, Az. I ZB 19/11): Ein Eigentümer wollte ein Grundstück, auf dem sein bisheriger Mieter eine Tierzucht betrieb, zwangsräumen lassen. Der Mieter hatte seine Tiere nicht entfernt. Zunächst ging es um die Frage, ob er mit einem Zwangsgeld (§ 888 der Zivilprozessordnung) dazu veranlasst werden könne, die Tiere selbst fortzuschaffen.

Ein solches Zwangsgeld kann auf Antrag des Gläubigers verhängt werden, wenn der Schuldner verpflichtet ist, eine „unvertretbare Handlung“ durchzuführen. Das ist eine Handlung, die nicht ein Dritter, sondern nur der Schuldner selbst vornehmen kann oder – wie das Gesetz es formuliert – „die ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt“.

Der BGH stellte dazu fest, dass im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens eine solche Vorgehensweise unzulässig sei: Auch wenn der Abtransport von Tieren bei einer Zwangsräumung mit erheblichem Aufwand verbunden sei, sei er keine Handlung, die allein vom Willen des Schuldners abhänge. Vielmehr gebe es Möglichkeiten, sie anderweitig durchführen zu lassen, sodass das Verhängen eines Zwangsgelds ausscheide.

Grundsätzlich verläuft die Zwangsvollstreckung daher nach der Regelvorschrift des § 885 ZPO, in dem die Zwangsvollstreckung bei der Herausgabe von Grundstücken geregelt ist. Das be­deutet, dass der Gerichtsvollzieher die auf dem zu räumenden Grundstück befindlichen Sachen (und damit auch Tiere) wegzuschaffen und dem Schuldner oder seinem Bevollmächtigten zu übergeben hat.

Ist das nicht möglich, muss der Gerichtsvollzieher die Sachen, also auch die Tiere, in Verwahrung nehmen; gegebenenfalls kann er sie nach Ablauf von zwei ­Monaten verkaufen (§ 885 Absatz 4 Satz 1 ZPO).

Daraus kann sich auch die Möglichkeit ergeben, nach dem „Berliner Modell“ zu räumen, nämlich die Tiere für den genannten Zeitraum auf dem Grundstück zu lassen und sie dann zu ver­äußern, ohne dass vorher noch hohe Unterbringungskosten entstehen. Dass auch das Tierwohl zu berücksichtigen ist, ist selbstverständlich; das ergibt sich nicht nur aus § 90a BGB, in dem die „Mitgeschöpflichkeit“ des Tieres festgeschrieben ist, sondern es ist gerade für das Zwangsvollstreckungsrecht in § 765 a Absatz 1 Satz 3 ZPO festgehalten. Für den Abtransport der Tiere und ihre Unterbringung muss der Gläubiger in aller Regel einen Vorschuss leisten.

Falls der Gerichtsvollzieher fachkundige Hilfe beim Abtransport oder bei der Unterbringung der Tiere benötigt, kann er im Wege der Amtshilfe staatliche Stellen wie das Veterinäramt zur ­Unterstützung heranziehen (Artikel 35 Absatz 1 GG).
Soweit die Behörden nicht von sich aus einschreiten müssen (etwa bei tier­schutzwidrigen Zuständen), hat der Gläubiger keinen direkten Anspruch auf deren Handeln, da es keine allgemeine Verpflichtung der Behörden gibt, zur Sicherung eines rein zivilrechtlichen Räumungsanspruchs einzuschreiten. Allerdings kann ein Gläubiger, wenn die Tierhaltung gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften (also etwa das Tierschutzgesetz) verstößt, versuchen, die zuständige Behörde zur Wegnahme und anderweitigen Unterbringung der Tiere zu veranlassen. Wird das Veterinäramt von sich aus tätig, bleibt dem Gläubiger unter Umständen die Zahlung eines erheblichen Kostenvorschusses erspart.

Der Gläubiger muss also im Einzelfall einen ganz erheblichen Kostenvorschuss leisten. Allerdings wird man ihn, so der BGH, nur für ­einen begrenzten Zeitraum mit den Kosten belasten dürfen, die für die Unterbringung der Tiere entstehen. Das liegt daran, dass der Gerichtsvollzieher nach zwei Monaten die Sachen, die sich nicht verkaufen lassen, vernichten darf. Tiere hingegen dürfen nicht einfach nach einer gewissen Zeit getötet werden. Nach Ablauf der genannten Frist hat also nicht mehr der Gläubiger für die Verwahrung und Versorgung der Tiere aufzukommen, sondern das ist dann allein Sache der Behörde. Autor: Dietrich Rössel