von Ivan Simeonov
Zu Beginn eine kurze Retrospektive: Selbst die Pflege der „Anfängerfische“ war zu Beginn der Aquaristik denjenigen vorbehalten, die ihre Tiere mit (Tümpel-)Lebendfutter versorgen konnten. Dank Kunstfutter wurde die dauerhafte Haltung von Fischen dann auch für solche Menschen interessant, die sich aus zeitlichen und beruflichen Gründen kein anderes Haustier leisten konnten, auf ein Stück Natur zu Hause aber nicht verzichten mochten.
Mit der Zeit verstand man die Ernährungsphysiologie der Fische immer besser, weshalb Leber, Rinderherz, Fleisch- und Blutmehl aus den Rezepturen der Hersteller verschwanden. Auch heutzutage gibt es Ansätze, Neues zu etablieren – oder wieder zu verwerfen. So ist Sojaprotein für die Fischfütterung gescheitert, Insektenmehl dagegen scheint für viele Fische gut nutzbar zu sein und ist ressourcenschonender Ersatz für Fischmehl.
Gerade die Ernährungsbedürfnisse von Zucht- und Jungfischen stellen eine Herausforderung dar. In meiner aquaristischen Laufbahn habe ich an die 30 Arten gehalten und erfolgreich vermehrt und kann aus dieser Erfahrung schöpfend behaupten, dass es das perfekte „Alleinfutter“ nicht gibt. In der Natur schwankt das Nahrungsangebot im Lauf des Tages (Phototaxis des Planktons), der Jahreszeit oder sogar bei Änderung des Wasserstands – Fische ernähren sich vielseitiger, als wir das mit einem Fertigfutter nachahmen können. In diesem Sinne ist meine persönliche Empfehlung, dass man regelmäßig Lebend- oder Frostfutter anbieten sollte, um Mangelerscheinungen vorzubeugen und die Fortpflanzung anzuregen. Adäquates Kunstfutter kann Zeit und Geld sparen, dem Züchter jahreszeitunabhängige Planung und den Fischen ein langes Leben ermöglichen. Ungeeignetes Futter kann zu Organverfettung, Veränderung der Darmflora, Darmverschluss, verstärktem Parasitenbefall oder zum schnellen Tod durch Aufquellen führen.
Das passende Fischfutter zu finden, ist bei den unzähligen Sorten und Anbietern nicht leicht. Hier möchte ich meine Erfahrungen mit einigen Sorten der Organix-Serie von Oase aus einem Zeitraum von sechs Monaten berichten. Zunächst sei nochmals verdeutlicht, was ein hochwertiges Futter ausmacht. Bei der Auswahl orientiert man sich am besten an der durchschnittlichen Zusammensetzung von Lebendfutter – so kann man die verschiedenen Sorten grob miteinander vergleichen, auch ohne Lebensmittelchemiker-Abschluss.
Getrocknetes Lebendfutter weist im Durchschnitt eine Zusammensetzung von ca. 50 % Eiweiß, 15 % Fett und um die 20 % Kohlenhydrate auf. Eiweiß macht also über die Hälfte der Nährstoffe aus und ungefähr so sollte es im Fischfutter zu finden sein, wobei ein Organismus nie die komplette Menge verdauen kann, d. h. tatsächlich nutzt der Fisch einen kleineren Teil dessen, was angegeben ist. Um die Auswirkung eines Futters auf den Fischkörper zu untersuchen, würde man normalerweise eine definierte Anzahl Tiere über eine bestimmte Zeit mit diesem Futter versorgen und dann Organe oder Gewebeproben untersuchen.
Eine Alternative ergibt sich aus der Wahl der Versuchstiere. Im Hobby findet man Zuchtformen, die eine oder mehrere Pigmentmutationen tragen, sodass Körperteile oder der ganze Körper durchsichtig sind. So ist „von außen“ erkennbar, ob das Futter im Darm aufgenommen wird und ob eine einseitige Diät längerfristig zu Organveränderungen führt. Den Testarten fehlt ein „richtiger“ Magen (der erste Abschnitt des Mitteldarms der Poeciliiden wird Pseudeogaster genannt) – mit Ausnahme der Antennenwelse, bei diesen ist er aber klein. Dies verlangt häufige Nahrungsaufnahme, was mehreren kleinen Mahlzeiten am Tag entspräche. Für den Test wurde aber die „übliche“ Situation eines berufstätigen Aquarianers festgelegt: zwei Fütterungen am Tag, je einmal morgens und abends.
Testdurchführung
Für die Bewertung wurden parallel zwei Testreihen durchgeführt. In der ersten wurden ausgewählte Fischarten mit den geeigneten Sorten gefüttert. Für alle drei Granulate waren dies Goldfische, da sie das Futter gerne vom Bodengrund aufnehmen. Die Tabs und Sticks reichte ich Antennenwelsen, weil diese an ihrem Futter haften und raspeln. Die Flocken testete ich an Fischen, die ihr Futter am liebsten an der Wasseroberfläche suchen und aufnehmen.
In der zweiten Testreihe wurden alle Futtersorten gegeneinander und gegen ein Futter eines anderen Herstellers an Schwertträgern (Xiphophorus helleri) getestet. Hierfür mussten einige Sorten nach Bedarf zermahlen bzw. zerstoßen werden, um gleiche Dosiermengen zu erhalten.
Das Vergleichsfutter (Granulat) des anderen Herstellers hat die Zusammensetzung: Rohprotein 56 %, Rohfett 18 %, Kohlenhydrate 9 % (als stickstofffreie Extraktstoffe), Asche 11,3 %. Der Anteil an Kohlenhydraten in den Oase-Produkten ist nicht deklariert und wurde von mir wie folgt berechnet: 100 % – (Rohprotein% + Rohfett% + Rohasche% + Rohfaser% + 5% angenommene Menge an Restfeuchte). Der so ermittelte Wert für Kohlenhydrate ist dem tatsächlichen Anteil nah.
Die getesteten Oase-Futtersorten haben einen Rohproteingehalt von 35–42 %, was nicht sehr hoch erscheint, sich aber positiv auf die Wasserqualität auswirkt (weniger Belastung durch Ammonium). Da ganzer Lachs und Hering sowie ganze Shrimps als Proteinquelle eine hohe Verwertbarkeit haben, ist ein Proteingehalt unter 45 % als akzeptabel anzusehen. Die generell empfohlene Menge an Kohlenhydraten im Fischfutter liegt bei ca. 25 %, was niedriger ist als im Futter von Oase – mit Ausnahme von „Color Flakes“, der Sorte mit dem niedrigsten Kohlenhydrat-Anteil aller getesteten. Die „Veggievore Tabs“ haben mit 37 % den höchsten Gehalt an Kohlenhydraten, der sogar den Proteingehalt (35 %) übertrifft. Zu hohe Mengen an Kohlenhydraten (> 45 %) im Futter können zu Organschäden führen, z. B. Ablagerung von Fettgewebe in der Leibeshöhle, Vergrößerung der Gallenblase, Fettleber, Verfettung der Gonaden (Unfruchtbarkeit). Hat man Fische über längere Zeit mit ungeeignetem Futter gefüttert, kann speziell entwickeltes ballaststoffreiches Futter die Darmflora normalisieren und gegen Verfettung helfen.
Ergebnisse und Zusammenfassung
Allgemein lässt sich innerhalb von sechs Monaten Testdauer schwer beurteilen, wie „gut“ ein Futter ist, denn je nach Fischart entspricht dieses Zeitfenster nur der juvenilen Phase bis zur Geschlechtsreife, etwa beim Messerschwanzkärpfling (Alfaro cultratus). Bei anderen Fischarten, wie Goldfischen und Antennenwelsen, reicht die Testdauer nicht aus, um mögliche Spätfolgen von Fütterung mit ungeeignetem Futter zu beobachten. Auch die Durchsichtigkeit der Goldfische ist nur in den ersten sechs Lebensmonaten gegeben, danach erreicht das Muskelgewebe eine Dicke, die das „Hineinschauen“ erschwert. Glücklicherweise hatte ich zu Testbeginn junge Brut.
Während der Testdauer wurden jedenfalls keine negativen Auswirkungen beobachtet, die Goldfische wuchsen prächtig. Insgesamt wurden alle Oase-Sorten von den Fischen gut und gerne angenommen, es gab keine Futterverweigerer. Die Antennenwelse standen zu Testbeginn kurz vor der Geschlechtsreife, die Elterntiere erhielten also vor, während und nach der ersten (und erfolgreichen) Brut ausschließlich zwei Oase-Futtersorten.
Die „Veggievore Tabs“ in Kombination mit den „Snack Sticks“ erwiesen sich für die Aufzucht junger Welse als gut geeignet. Zur Bezeichnung „Veggievore“: Vom Namen und der grünen Farbe geleitet, könnte man denken, dass diese Futtersorten besonders geeignet für herbivore Fische seien. Schaut man sich die Zusammensetzung aber an, wird man feststellen, dass auch bei dieser Futterserie der Lachs als Grundzutat dominiert.
Für Farbfutter gilt ganz allgemein, dass man kein Wunder erwarten darf – denn auch die genetische Komponente und natürliches Licht spielen eine Rolle bei der Intensität der Farben. Natürlich würden insbesondere rote und orange gefärbte Fische blass erscheinen, wenn sie nicht genug Farbpigmente einlagern, weil die carotinoidhaltigen Komponenten im Futter gänzlich fehlen. „Color Flakes“ und „Color Granulate“ halfen den auf möglichst flächige orange Färbung gezüchteten „Red King Medaka“ farblich dementsprechend „auf die Sprünge“ – zusammen mit Sonnenlicht und Selektion.
Nicht nur die Inhaltsstoffe, auch die physikalischen Eigenschaften spielen bei der Futterqualität eine Rolle. Dazu gehört, wie stark das Futter im Fischdarm aufquillt. Eine Volumenvergrößerung nach Kontakt mit Wasser ist bei Granulaten sehr wichtig – quillt ein Futter stark auf, kann es bei Fischen mit Magen zum Verschluss desselben führen oder bei den (Zahn-)Karpfenartigen zu Darmrissen. Werden die Granulate beim Herstellungsprozess mit sehr hohem Druck gepresst, quellen sie im Wasser weniger auf, können aber nicht gut vom Fisch verwertet werden – die Folge: Dieser magert mit vollem Darm ab.
Alle drei getesteten Granulate von Oase zeigten eine zweifache Volumenvergrößerung. Es empfiehlt sich, lieber öfter und sparsamer zu füttern, besonders bei Schnellfressern. „Daily Granulate“ und „Color Granulate“ wurden nach dem Aufquellen weich, das „Veggievore Granulate“ behielt eine härtere Konsistenz. Da als Vergleichsfutter auch Granulat eines anderen Herstellers verwendet wurde, sei hier kurz erwähnt, dass auch dieses um das Zweifache an Volumen zunahm.
Ein Indiz für den gesundheitlichen Zustand eines Fisches ist auch sein Kot. Bei allen getesteten Sorten zeigten die Fische einen weichen, braunen Kotfaden, der regelmäßig in kurzen Stücken abriss. Bei allen sieben getesteten Organix-Sorten war kaum eine bis gar keine (bei den drei Granulaten) Wassertrübung zu sehen, bei dem Vergleichsfutter dagegen schon. Eine vertiefende Untersuchung der Inhaltsstoffe konnte ausschließen, dass Zusätze gegen Wassertrübung beigefügt wurden. Andere Hersteller greifen dagegen gern in die Trickkiste, um dem Fischfreund die klare Sicht nicht zu verderben.
In der zweiten Testreihe wurden alle Futtersorten an derselben Fischart getestet und dabei die Wachstumsraten beobachtet. Das schnellste Wachstum zeigte sich beim Vergleichsfutter, bedingt durch den hohen Proteingehalt.
Anhand der beiden Testreihen konnte ich eine Tendenz erkennen, woraus sich meine Favoritenreihe ergibt. Das aus meiner Sicht beste Futter im Test war „Color Flakes“, gefolgt von „Daily Micro Flakes“ > „Daily Granulate“ > „Color Granulate“ > „Snack Sticks“ > „Veggievore Granulate“. Den letzten Platz belegt „Veggievore Tabs“ mit dem erhöhten Anteil an Kohlenhydraten.
Fazit
Mit den Organix-Futtersorten können gute Ergebnisse erzielt werden. Die Granulate sorgten bei den Goldfischen für angemessenes Wachstum. Die „Color Flakes“ werde ich wahrscheinlich in meinen Futterplan aufnehmen. Mangelerscheinungen oder Organveränderungen wurden nicht beobachtet, was für hochwertige Ausgangsstoffe spricht! Die Oase-Futterserie kann auf dem Markt mithalten. Man muss bedenken, dass viel mehr schlechteres Fischfutter angeboten wird als gutes. Die Kohlenhydrate müssen nicht angegeben werden, aber hier könnte sich Oase zum Vorreiter entwickeln und die Angaben freiwillig aufs Etikett bringen.
Der MSC-zertifizierte Ursprung der verarbeiteten Fische sorgt beim Aquarianer für sauberes Gewissen, denn hochwertiges Futter lässt sich leider immer noch nicht ohne hochwertiges Fischmehl herstellen, gewonnen aus ganzem Fisch.
Die geringe Wassertrübung gegenüber dem Vergleichsfutter überraschte positiv. Beim Wachstum hatte das Vergleichsfutter die Nase oder besser die Flossen vorne, was durch den erhöhten Proteingehalt zu erwarten war und für den Test extra so ausgesucht wurde – man braucht auch eine Kontrolle, um besser beurteilen zu können.
Mit der Organix-Serie erlaubt sich Oase keine Experimente, sondern geht auf Nummer sicher, was zufriedene Aquarianer anbelangt.