Im ersten Teil des Beitrags wurden das unterschiedliche Balzkleid der Männchen und erste Erfahrungen zur Nachzucht beschrieben. Nun geht es um den Laichausschlag und verschiedene Ablaichsituationen.

Erstaunt war ich, als ich bei den ausgewachsenen Männchen Laichausschlag an den Köpfen bemerkte. Meiner Kenntnis nach wurde das für die Messingbarbe noch nicht beschrieben, oder?



Eine Überprüfung meiner Fotos des ersten beobachteten Laichakts im Februar 2010 ergab, dass die beiden großen Männchen schon damals einen Laichausschlag besaßen, ich hatte das bisher lediglich übersehen. Bei den jungen Männchen konnte ich teils ebenfalls einzelne Tuberkel feststellen, wenn auch recht klein und kaum sichtbar.

Wenige Wochen nach dem letzten beobachteten Ablaichen, das dritte Mal innerhalb von elf Monaten, zog ich von Schweden nach Norwegen. Den größten Teil meines Fischnachwuchses, vor allem die stattlicheren, attraktiveren Messing- und Brokat­barben, gab ich an befreundete Aquarianer und Zoogeschäfte ab. Ungefähr 100 kleinere Tiere behielt ich.

Die neue Wohnung und die Aquarien waren eingerichtet, nur die Messingbarben waren nicht zu sehen. Sie waren scheu wie zu Beginn ihrer Haltung und versteckten sich hinter den Moorkienwurzeln. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte man glauben können, in dem 160-Liter-Becken lebten gar keine Fische. Von den 100 Messingbarben war nicht eine zu sehen!

In den ersten Wochen nach meinem Umzug erkundete ich die neuen Aquariengeschäfte sowie die nähere und weitere Umgebung. Ende April startete der Frühling mit aller Kraft. Die Hechte (Esox lucius) in dem See vor meiner Haustür begannen zu laichen, und zwei Wochen später gesellten sich Plötzen (Rutilus rutilus) in riesigen Laichschwärmen hinzu. Die Männchen zeigten einen intensiven Laichausschlag.

Einige „wenige“ Tiere dieser Population, es waren zigtausend Plötzen, wanderten in einen zufließenden Bachlauf, um dort unterhalb eines kleineren Wasserfalls in der starken Strömung zwischen den Steinen zu laichen. Sowohl im See als auch im Bach ging es beim Laichen sehr stürmisch zu. Immer wieder schossen kleinere Gruppen an die Wasseroberfläche und gaben hinter Steinen im Bach und an Wurzeln in Ufernähe oder an Wasserpflanzen und Treibholz im See ihre Eier und Spermien ab.

In dem Bach gab es viele Indivi­duen, die zwischen den Steinen eingeklemmt waren, oft sprangen vor allem die Männchen aus dem Wasser. Ähnlich sah es am Seeufer aus. Hier lagen einige der Männchen auf dem flachen Ufer oder auf den dichten, abgestor­benen, vorjährigen Blätterknäueln von Sumpfschwertlilien (Iris pseudacorus) und Schilf (Phragmites australis). In dieser misslichen Lage sah ich jedoch nur junge Männchen mit geringem Laichausschlag, aber nie adulte oder Weibchen.

Diese Beobachtungen erinnerten mich an meine Barben und die Beschreibungen von STANSCH (1914) und TRESNAK (1978), die ein „lebhaftes“ und „stürmisches“ Ablaichen in der Nähe der Wasseroberfläche sowohl bei der Messingbarbe als auch bei der Zuchtform „Brokatbarbe“ schildern. Bei Stansch heißt es sogar, dass „… die Fische aus dem Wasser schnellen“.

Ich hatte erneut eine Idee. Ich wollte die Barben in einem größeren Laichschwarm und bei höheren Temperaturen unter ähnlichen Bedingungen zum Ablaichen bewegen, wie ich es bei den Plötzen gesehen hatte. Da ich neben den drei Elterntieren nur noch kleineren Nachwuchs besaß, musste der aber erst einmal heranwachsen.

Anfang Juni fing ich die meisten Jungtiere aus dem Aquarium und verteilte sie wieder auf Mörtelkübel. Im ­Becken blieben rund 15 Tiere, darunter die Eltern. Die Wannen standen zunächst in einem Gewächshaus und kamen von Juli bis Anfang Sep­tember ins Freie. Die Jungtiere wuch­sen gut heran und ertrugen im Spätsommer auch nächtliche Temperaturstürze auf 14 °C.

Nach dem Zurücksetzen in mehrere Zimmeraquarien hielt ich den Nachwuchs weiterhin kühl, bei 18 bis 22 °C. Als Futter verabreichte ich handels­übliche Flocken, frisch geschlüpfte Salinenkrebs-Nauplien, gekochte und zerdrückte Erbsen sowie Tiefgefrorenes: rote und schwarze Mückenlarven, Rogen von Makrelen, Eier von Eismeerkrabben und Miesmuschelfleisch. Die Tiere dankten es mit einem kräftigen Wachstumsschub, einer unerwarteten Vertrautheit mir gegenüber und herrlichen Farben. Je nach Lichteinfall glänzten und reflektierten die Männchen wie auch die Weibchen goldgelb, vor allem oberhalb der Seitenlinie und auf dem Rücken. Die Männchen begannen darüber hinaus, ihre blau­grünen Farben und ihren roten Bauch zur Schau zu stellen. Zeitweilig erinnerten mich diese „Glanzlichter“ an das Leuchten von Neonsalmlern.

In dem 160-Liter-Zimmeraquarium vergrößerte ich die Gruppe auf rund 30 Messingbarben und setzte einige Sonnenfleck- und Zweifleckbarben (Puntius bimaculatus) hinzu. Die Wassertemperatur schwankte zwischen 20 und 22 °C. Ab Mitte September hielt ich die Tiere bei 18 bis 20 °C. Die Ernährung blieb wie beschrieben.

Anfang November erhöhte ich die Wassertemperatur auf zunächst 23 °C. Die Messingbarben färbten sich um und begannen zu balzen, wobei sich die drei Elterntiere anfangs „vornehm zurückhielten“. Die jungen Männchen hingegen imponierten mit gespreizten Flossen, umschwammen die Weibchen horizontal und vertikal und stupsten mit der Schnauze gegen ihren Kopf und Bauch. Die Männchen imponierten auch voreinander und jagten sich sowie die Weibchen. Die kleineren der Nachwuchsmännchen hatten das bereits beschriebene, orangegrünliche Balzkleid der Subadulten angelegt, ihre größeren Geschwister sahen bereits wie die adulten Männchen aus.

Da ich dieses Mal eine Ablaichsituation wie in einem leicht durchströmten, pflanzenreichen Bach nachstellen wollte, hatte ich das Aquarium entsprechend eingerichtet. An der rechten Seitenwand befand sich eine Schaumstoffmatte (Mattenfilter) zwischen Zu- und Ablauf eines Topffilters. Die Düse des Zulaufs lag knapp unterhalb der Wasseroberfläche und erzeugte eine Strömung. Unmittelbar davor hatte ich ein mit Javafarn bewachsenes Moorkienholz als potenzielles Laichsubstrat in der Strömung positioniert. Sonst befanden sich in dem Becken noch eine Gruppe Cryptocorynen und einige größere Kiesel sowie an der Rückwand als Unterstand Moorkienhölzer.

Nach zwei Tagen erhöhte ich die Wassertemperatur auf 25 °C. Doch der Thermostat des Heizers war mittlerweile defekt, und die Temperatur betrug am nächsten Morgen um acht Uhr 32 °C! In dem Aquarium „sprudelte“ und „spritzte“ es, die Messingbarben waren hyperaktiv, sie balzten, imponierten und laichten in stürmischen Schüben in der Strömung, zumeist in einer Gruppe aus mehreren Männchen und einem Weibchen im Javafarn und in seinen Wurzeln sowie gelegentlich an der Schaumstoffmatte. Die anderen Einrichtungsgegenstände oder Pflanzen ignorierten sie. Wann das Ablaichen begonnen hatte, wusste ich nicht.

Die beiden ausgewachsenen Männchen waren am Bauch zinnoberrot und glänzten auf dem Rücken golden (siehe auch die Schwarzweiß-Fotos bei VAN DEN NIEUWENHUIZEN 1963). Die beiden kümmerten sich nur um das große, ausgewachsene Weibchen, die kleineren Artgenossinnen ignorierten sie. Die kleineren Männchen hingegen interessierten sich durchaus auch für das große Weibchen.

Den ganzen Tag, bis in die Abendstunden, dauerte das Treiben. Die übrigen Beckenbewohner betätigten sich als eifrige Laichräuber, später auch die Messingbarben selbst. Für besonders erwähnenswert halte ich folgende Beobachtungen, die man bei der gezielten Nachzucht mit nur einem Paar oder Trio der Messingbarbe oder anderer Schwarmfische nicht machen kann.

In dieser Situation – im Schwarm und in der Strömung – sah ich nur ­selten paarweises Ablaichen. Zumeist wurde ein Weibchen von ein oder zwei Männchen umworben. Das Weibchen schwamm dann zum Laichplatz. In der Nähe der Wurzel hielten sich in wechselnder Besetzung immer einige rivalisierende Männchen ohne Weibchen auf. Je näher das Weibchen dem Laichplatz kam, desto mehr Freier ­umwarben es. Schließlich schwamm das Weibchen in Richtung Javafarn und wurde blitzschnell von mehreren Männchen „in die Zange genommen“ und in den Farn gedrängt oder begleitet. Etwa gleichzeitig stieß es die klebrigen Eier aus. Selten schwammen die Weibchen von allein in den Farn, meist trieben die Männchen sie dort hinein. Gleiches versuchten die Männchen mit den Weibchen, die bereits gelaicht hatten. Drangen sie in den ­Javafarn ein, um Eier zu fressen, wurden sie ­sofort von herbeieilenden Männchen flankiert. Oft versuchten die Weibchen dann sofort zu fliehen.

Mit zunehmender Laichaktivität hielten sich vor allem größere Weibchen in dem genannten Teil des Aquariums auf. Sie wurden von den Männchen intensiv umworben. In den Laichpausen zeigten einzelne Weibchen ein barbentypisches Abwehrverhalten: „Jetzt nicht!“ Sie neigten den Kopf zu Boden, ließen sich sinken und verhielten sich äußerst passiv. Einige Männchen umwarben zwar auch diese Weibchen, jedoch nur kurzzeitig. Überwiegend drängten sie sich gegenseitig von den passiven Artgenossinnen weg. Die kleineren Weibchen verließen den Laichplatz zumeist direkt nach einem Laichvorgang, um sich weiter entfernt zu erholen.

Das ausgewachsene Eltern-Trio hielt sich mehr oder weniger die ganze Zeit, das heißt von morgens bis in die Abendstunden, in der Umgebung der Wurzel auf. Nie sah ich, dass sich eines der beiden adulten Männchen mit ­einem kleineren Weibchen verpaarte, sie interessierten sich nur für große. Selbst als das große, weibliche Elterntier vollständig abgelaicht hatte, hielten sie zu dritt den Platz unter der Wurzel und begannen gegen 14 Uhr mit ­einem mehr als sechsstündigen Kampf – ohne Unterbrechung.

Sowohl das Laichen als auch das nachfolgende Kämpfen wurden zeitweilig so heftig geführt, dass einige Individuen kleinere Verletzungen davontrugen und Schuppen verloren. An der Auseinandersetzung beteiligte sich zeitweilig das Weibchen, ohne dass ich eine Erklärung dafür habe. Die beiden Männchen versuchten immer wieder, sich gegenseitig abzudrängen, imponierten mit gespreizten Flossen und geöffnetem Maul und umrundeten sich dabei oft spiralartig. Diese Umrundungen führten schließlich dazu, dass im Sand eine kleine Mulde entstand. Nun war das Rätsel der eingangs erwähnten vermeintlichen „Laichgrube“ gelöst. Die Vertiefung war durch die fortwährenden, intensiven Kampfhandlungen der vermutlich gleich starken Männchen entstanden.

Als Barbenhalter kannte ich dieses spiralartige Umrunden rivalisierender Männchen bereits, vor allem von der Purpurkopfbarbe (Pethia nigrofasciata). Allerdings waren mir eine solche Ausdauer und Heftigkeit bisher unbekannt. Infolge des Aneinanderreibens der Körper und sicher auch des Kontaktes mit dem Sand löste sich bei ­einem Männchen sogar die Schleimhaut. Die Fische erholten sich in den nächsten Tagen aber recht schnell, sichtbare Erkrankungen aufgrund der Verletzungen gab es nicht.

Mittlerweile haben die jungen Männchen fast die Größe der Eltern­tiere, und diese Kämpfe werden nun von allen ausgeführt, wobei, je nach Stimmung, unterschiedliche Indivi­duen gewinnen, allerdings nach wie vor meistens die beiden großen.

Ähnliche „Ablaichexperimente“ führte ich später in einem Bach-Aquarium mit starker Grundströmung und einem Sand-Kies-Bodengrund, aber ohne Pflanzenwuchs, mit einer etwa 50-köpfigen Gruppe gleich großer Jungtiere durch (Männchen drei bis vier, Weibchen 3,5 bis 4,5 Zentimeter lang). Die Messingbarben benahmen sich wie die Plötzen: Sie hielten sich in der Deckung der größeren Kieselsteine im Strömungsschatten auf und laichten immer wieder in schnellen Vorstößen in kleineren Gruppen, stets mehrere Männchen mit einem Weibchen, zwischen den Kieseln ab. Die Messingbarbe ist daher, je nach Situation, als Substratlaicher, aber auch als Freilaicher zu bezeichnen.

Dank den Beobachtungen in der Natur und ihrer Übertragung auf exotische Aquarienfische konnte ich also einige interessante Erkenntnisse zum Laichverhalten meiner Messingbarben gewinnen. Vielleicht finden sich ja Gleichgesinnte (oder Nachwuchswissenschaftler), die bei anderen scheinbar langweiligen, im Schwarm lebenden oder laichenden „Zierfischen“ ähnliche und weitere Beobachtungen anstellen? Möglicherweise eignet sich die Messingbarbe sogar zu eingehenderen Untersuchungen im Zusammenhang der Ausbildung von Laichausschlag und Etablierung einer Laichplatz-Hierarchie mit entsprechendem Reproduktionserfolg, ähnlich wie bei JACOB et al. (2009) beschrieben, wobei ich anrege, auch die Weibchen eingehender zu untersuchen.

Abschließend bleibt zu erwähnen, dass Messingbarben dankbare und interessante Pfleglinge sind. Weibchen können über neun Zentimeter lang werden. Wie beschrieben sollte man sie in einer größeren Gruppe von mindestens acht bis 15 Tieren in einem entsprechend geräumigen Aquarium ab etwa einem Meter Kantenlänge pflegen. Aufgrund der hohen Temperaturtoleranz kann man sie im Sommer auch im Freiland unterbringen.

Damit diese Fische ihr volles Temperament während der Laichzeit ausleben können, sollte man sie nicht paarweise, sondern unbedingt in einem „Laichschwarm“ und durchaus bei Temperaturen um 30 °C halten. Wegen ihrer ausgesprochenen Scheu setzt man die Tiere am besten nicht so oft um, wie ich es tat.

Für die Erfahrungen, die diesem Beitrag zugrunde liegen, benötigte ich vier Jahre. Messingbarben gelten als langlebig, vielleicht gelingen mir ja weitere Beobachtungen ...

von Uwe Manzke

Literatur
BAENSCH, H. A., & R. RIEHL (1997): Aquarien-Atlas. Band 5. – Mergus-Verlag, Melle.
CHANG, C.-H., Y.-T. SHAO & H.-W. KAO (2006): Molecular identification of two sibling species of Puntius in Taiwan. – Zoological Studies 45 (2): 149–156.
HERRE, A. W., & G. S. MYERS (1931): Fishes from south-eastern China and Hainan. – Lingnan Sci. J. 10: 242.
JACOB, A., G. EVANNO, E. RENAI, R. SERMIER & C. WEDEKIND (2009): Male body size and breeding tubercles are both linked to intrasexual dominance and reproductive success in the minnow. – Animal Behaviour 77: 823–829. http://www.researchgate.net/publication/229422789.
KOTTELAT, M. (2001): Freshwater fishes of nor­thern Vietnam. A preliminary check-list of the fishes known or expected to occur in northern Vietnam with comments on systematics and nomenclature. – Environment and Social Development Unit, East Asia and Pacific Region. The World Bank.
KOTTELAT, M. (2009): Fishes of the upper Nam Ou drainage in Laos. Community Fisheries: Supporting food security and aquatic biodiversity (ComFish Project). – WWF & Community Fisheries (unveröffentlicht).
LAI, H.-T., S.-J. WENG, J.-T. CHANG, C.-C. TSAY & J.-Y. SHY (2008): Induced spawning and larval development of the half-striped barb Puntius semifasciolatus (GÜNTHER, 1868). – Endemic Species Research 10 (1): 35–44 (in chinesischer Sprache, mit englischer Zusammenfassung).
MAI, D.-Y. (1985): Species composition and distribution of the freshwater fish fauna of the North of Vietnam. – Hydrobiologia 121: 281–286.
NICHOLS, J. T., & C. H. POPE (1927): The fishes of Hainan. – Bull. Amer. Mus. Nat. Hist. LIV, Art. 2: 321–394.
PAYSAN, K. (1970): Welcher Zierfisch ist das? – Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart.
REUNING, H. (1963): Die Brokatbarbe – ein schöner Fisch. – D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 16 (4): 101–102.
RIEHL, R., & H. A. BAENSCH (1991): Aquarien-Atlas. Band 1 (achte Auflage). – Mergus-Verlag, Melle.
STANSCH, K. (1914): Die exotischen Zierfische in Wort und Bild. – Kommissionsverlag Gustav Wenzel & Sohn, Braunschweig.
TRESNAK, I. (1978): Die Brokatbarbe, im Handel Barbus „schuberti“ genannt. – D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 31 (10): 340–343.
VAN DEN NIEUWENHUIZEN, A. (1963): Barbus semifasciolatus, die Messingbarbe. – D. Aqu. u. Terr. Z. (DATZ) 16 (7): 193–195.
ZARSKE, A. (2004): Barbus semifasciolatus GÜNTHER, 1868, Messingbarbe. – In: SCHAEFER, C., & T. SCHRÖER (Hg.): Das große Lexikon der Aquaristik. Band 1 (A–H). – Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.