Sich zum Ende des Urlaubs von der faszinierend bunten Welt der Fische und Korallen des Roten Meeres wieder abzuwenden fällt schwer. Von seinem warmen, außergewöhnlich klaren Wasser und der Vielfalt seiner Bewohner wird man süchtig. Ein probates Mittel, um die Abstinenz der langen, kalten Herbst- und Winterabende leichter zu überstehen, sind wiederbelebbare Erinnerungen in Form von Fotos.

Meine Liebe zur Unterwasser­fotografie begann in der kleinen ägyptischen Stadt Taba, ganz im Norden des Golfs von Aqaba, nur sechs Kilometer von Eilat. Der ­gesamte Golf ist 180 Kilometer lang, zwölf bis 28 Kilometer breit und bis zu 1829 Meter tief. Mögen die Korallenriffe bei Taba auch weniger spekta­kulär und ausgedehnt sein als jene bei Sharm el-Sheik, so wird doch jeder Taucher oder Schnorchler, der sich erstmals der Unterwasserfotografie widmet, mit den hier gebotenen Motiven und günstigen Arbeitsbedingungen vollauf zufrieden sein. Selbst über einen Meter große Meeresschildkröten können ihm begegnen!



Die besten Sichtverhältnisse herrschen im Sommer, Sichtweiten von bis zu 30 Metern sind dann die Regel. Die Wassertemperaturen im nördlichen Golf liegen fast ganzjährig über 20, im Sommer klettern sie auf 30 °C.

Welche Kamera, welches Objektiv?
Für die Unterwasserfotografie benö­tigen Sie entweder eine wasserdichte Kamera (fast jeder namhafte Hersteller bietet solche Modelle) oder ein spezielles Gehäuse, das für Ihre Landkamera kompatibel ist. Einfache, wasserdichte Sucherkameras für geringe Einsatz­tiefen (meist zwischen drei und zehn Metern) sind heute schon sehr preiswert zu haben, aber auch bessere und für größere Tiefen taugliche sind häufig immer noch preiswerter als ein gut zu bedienendes Unterwassergehäuse für eine Spiegelreflexkamera.

Eine Alternative sind wasserdichte, flexible Plastiktaschen, die mit einer Planglasscheibe für das Kameraobjektiv ausgestattet sind und für eine Vielzahl von Kameras angeboten werden. Zumindest für Urlaubsfotos und geringe Tauchtiefen sind sie sehr gut geeignet.

Grundsätzlich lassen sich digitale Kameras in zwei Kategorien einteilen: die sogenannten Kompaktkameras (handliche Sucherkameras mit mehr oder weniger geringem Funktionsumfang) und die in der Regel deutlich größeren und schwereren Spiegel­reflexkameras, deren Objektive austauschbar sind und bei denen Sucherbild und tatsächlich aufgenommener Ausschnitt übereinstimmen.

Dem Einsteiger, der mit seiner einfachen Kompaktkamera brauchbare Unterwasseraufnahmen erzielen möchte, empfehle ich, den Weitwinkel-­Modus der Kameraoptik und den automatischen Weißabgleich einzustellen sowie den Blitz generell ausgeschaltet zu lassen. Für den Unterwassereinsatz sitzt das eingebaute Blitzgerät zu nah am Objektiv, das Ergebnis wären fast immer (auch in völlig klar scheinendem Wasser) „vernebelte“ Bilder infolge von Lichtreflektionen an Schwebeteilchen. Lediglich bei Makroaufnahmen ist der integrierte Blitz mitunter vorteilhaft.

Gewöhnlich empfiehlt es sich, die Filmempfindlichkeit auf 50 bis 100 ISO einzustellen. Um die Belichtungszeit zu verkürzen, kann es gerade im Fall von beweglichen Motiven sinnvoll sein, einen höheren ISO-Wert zu wählen. Bei preiswerten Kameras (mit kleinem Chip) wirken sich höhere Empfindlichkeiten allerdings rasch (spätestens ab 400 ISO) spürbar negativ auf die Bildschärfe aus (sogenanntes Bildrauschen).

Möchte man eine digitale Spiegelreflexkamera verwenden, stellt sich die Frage nach der Objektivwahl. Gute, lichtstarke Festbrennweitenobjektive ermöglichen kurze Verschlusszeiten, eine schnelle, sichere Fokussierung und optimale Abbildungsqualität. Von ihnen braucht man aber in der Regel zwei oder drei (unterschiedlicher Brennweite), was sehr teuer wird, und unter Wasser lassen sie sich ohnehin nicht wechseln.

Universell und viel praktikabler im Unterwassereinsatz ist ein Zoomobjektiv. Eines mit sehr großem Brennweitenbereich ist für unseren Zweck allerdings kaum geeignet, da es, sofern nicht extrem teuer, unter anderem zu lichtschwach sein wird.

Ein günstiger Brennweitenbereich umfasst 28 bis 80 Millimeter; unter Wasser wird daraus – infolge des höheren Brechungsindex – ein Arbeitsbereich von 35 bis 105 Millimetern. Soweit das Objekt es zulässt, fotografiere man mit kürzester Brennweite, denn in dieser Einstellung sind Zoomobjektive am lichtstärksten und liefern die beste Abbildungsqualität. Natürlich bedeutet eine geringere Wasserschicht zwischen Kamera und Motiv auch weniger Trübstoffe und damit ein Plus an Kontrast. Aufnahmen aus über zwei Metern Entfernung liefern nur selten noch akzeptable Ergebnisse.

Eine interessante Alternative zu den Zoom- und normalen Festbrennweitenobjektiven können Makroobjektive sein, die zwar ebenfalls eine feste Brennweite besitzen, aber insofern deutlich universeller als Normalobjektive sind, als sie ein ganz dichtes Herangehen an das Motiv gestatten, womit sich auch sehr kleine Objekte, etwa die Polypen einer Koralle, formatfüllend abbilden lassen (Abbildungsmaßstab bis 1:1). Damit solche Makroaufnahmen genügend Schärfentiefe erhalten, muss allerdings zumeist ziemlich stark abgeblendet werden, was ohne externes Blitzgerät kaum möglich ist.

Um auch scheuere Fische möglichst formatfüllend „einfangen“ zu können, wäre ein 100-Millimeter-Ma­kroobjektiv ideal, wogegen für unbewegliche Objekte ein 50-Millimeter-Makro (das viel preiswerter ist) unter Wasser mindestens ebenso gute Ergebnisse liefert.

Grundsätzliches
Das populäre JPG-Format ist für unsere Zwecke nicht zu empfehlen, denn es reduziert zu sehr Auflösung und Farbsättigung. Benutzen Sie stattdessen das RAW-Format, das höchste Bildqualität liefert. Auch lassen sich in dieser Formateinstellung technisch weniger gelungene (etwa farbstichige) Fotos durch nachträgliches Bearbeiten verbessern. Sollte Ihre Kamera
nur über das JPG-Format verfügen, stellen Sie es auf die höchste Qualität ein (niedrigste Kompressionsstufe).

Für Aufnahmen, die die Farben der Motive möglichst unverfälscht wiedergeben, ist es außerdem notwendig, die Kamera auf die Farbtemperatur des Lichts am Aufnahmeort zu sensibilisieren (Weißabgleich). Will man mithilfe des vorhandenen Tageslichts ­fotografieren, gleicht man die Kamera am besten manuell ab, wohingegen für Blitzlichtaufnahmen der automa­tische Weißabgleich einzustellen ist. Werden Ihre Fotos im RAW-Format ­gespeichert, können Sie den Abgleich sofort nach jeder Aufnahme vornehmen.

Eine Unterwasserkamera sollte man vor jedem Einsatz auf Undichtigkeiten prüfen. Weitere beliebte Pannen sind ein unzureichend geladener Akku oder eine Speicherkarte, die schon nach wenigen Aufnahmen in hoher Qualitätsstufe voll ist. Während des Tauchens sollte die Kamera unbedingt mit einem Gurt gesichert sein, denn allzu leicht kann sie einmal aus der Hand gleiten, und sie dann auf dem Meeresboden wiederzufinden kann schwierig sein.

Ohne Blitz
Bei den folgenden Tipps wird voraus­gesetzt, dass ohne externes Blitzgerät, allein mit dem vorhandenen Umgebungslicht, fotografiert werden soll. Das Hauptproblem dabei ist, dass mit zunehmender Wassertiefe die „warmen“ Farben viel schneller als die „kalten“ absorbiert werden. Die roten und orangefarbenen Spektralanteile sind schon nach wenigen Metern größtenteils verschwunden. Ein noch deutlich wahrnehmbarer Rest der gelben Strahlung reicht immerhin bis in etwa 15 Meter Tiefe. Die prächtigen Farben der Tiere verschwinden also zunehmend hinter einem gräulich grünblauen Grundton. Zudem bleiben von der gesamten Lichtmenge an der Wasseroberfläche in beispielsweise 20 Metern Tiefe nur noch rund zehn Prozent übrig.

Gute Unterwasseraufnahmen ohne Kunstlichtquelle, auf denen die Farben der Tiere noch weitgehend natürlich wiedergegeben werden, erzielt man ­daher nur in sehr geringer Wassertiefe, etwa bis zwei Meter. Auch der Stand der Sonne hat großen Einfluss, und zwar nicht nur auf die Strahlungsmenge, die in das Wasser tatsächlich eindringt (bei niedrigem Sonnenstand wird ein Großteil an der Wasseroberfläche reflektiert), sondern auch auf die Farbtemperatur des Tageslichts. Beste Bedingungen herrschen, wenn der Himmel wolkenlos ist, die Sonne am höchsten steht und die Wasseroberfläche ruhig ist.

Wo immer es möglich ist (ruhige Objekte und Kameraposition), arbeite man mit relativ langen Belichtungs­zeiten zugunsten einer besseren Schärfentiefe. Bei guten Lichtbedingungen kann sich die Verwendung eines Rot­filters lohnen. Den manuellen Weiß­abgleich sollte man bei einem Wechsel der Einsatztiefe wiederholen; geeignet ist weißer Korallensand im direkten Sonnenlicht. Ist einem der Abgleich gerade zu umständlich, kann man ­ersatzweise die Weißabgleich-Option der Kamera für Aufnahmen direkt an der Wasseroberfläche auf „klarer Himmel“ und für solche in ein bis zwei ­Metern Tiefe auf „bewölkt“ stellen.

Ein gutes Bild ...
... erzielt man am ehesten, wenn es gelingt, sehr nah an das Motiv heranzukommen, wodurch sich die negativen Einflüsse des Wassers (Schwebstoffe, Lichtstreuung und -absorption) mini­mieren lassen. Fischen hinterherzujagen bringt meistens viel weniger, als an einem strategisch günstigen Platz auf ihre Rückkehr zu warten. Verweilen Sie dort ganz ruhig, werden Sie von den Tieren bald kaum noch als gefährlich eingestuft, was die Distanzen schrumpfen lässt.

Um als Neuling mit einer Unterwasserkamera zu ersten brauchbaren Bildern zu gelangen, kann es durchaus sinnvoll sein, zunächst im Vollautomatik-Modus zu fotografieren. Später kann sowohl die Blenden- als auch die Zeitautomatik von großem Nutzen sein.

Die Fokussperre (zur Hälfte gedrückter Auslöser) dient normalerweise dazu, ein nicht im Bildzentrum positioniertes Hauptmotiv zu fokussieren. Unter Wasser, wo es den Motiven häufig am nötigen Kontrast mangelt, kann uns die Fokussperre aber auch dabei helfen, den Autofokus verläss­licher und präziser arbeiten zu lassen.

Verfügt Ihre Kamera über ein Bildstabilisierungssystem, sollten Sie es einschalten, denn zumindest in vielen Situationen (bei sich nicht oder nur langsam bewegenden Motiven) ermöglicht es längere Belichtungszeiten, was ja gerade für Naturlichtaufnahmen sehr vorteilhaft sein kann.

von Radek Bednarczuk