In der Januar-Ausgabe beschrieb Jens Kühne einige natürliche Standorte von Cryptocoryne affinis. In diesem Beitrag geht es um die erfolgreiche Haltung und Vermehrung von Härtels Wasserkelch. | Von Mario Pohl

Wie Jens Kühne in seinem Artikel (DATZ 1/2012) bereits erwähnt, sind Blütenstände bei Cryptocoryne-Arten ganz allgemein ziemlich selten zu beobachten. Zwar können einige Arten, darunter C. affinis, auch im Aquarium blühen, doch ist das eher die Ausnahme. In meinen Becken blühte bis jetzt noch keine Cryptocoryne bei submerser Haltung.

Um Wasserkelche zum Blühen zu bewegen – sie lassen sich dazu nicht zwingen –, empfiehlt es sich, sie emers zu kultivieren. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten; bei allen ist es aber sehr wichtig, dauerhaft eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit zu gewährleisten.



Eine gute und vor allem ästhetische Methode ist das Paludarium. Dabei sind komplett geschlossene, verglaste Behälter zu bevorzugen, da sie am besten die hohe Luftfeuchtigkeit binden, die Cryptocorynen benötigen. Diese emerse Kulturmöglichkeit ist sehr effektiv und dekorativ, zumal man im Wasserteil auch Fische und weitere Pflanzen unterbringen kann.

Ihr Nachteil besteht darin, dass man die einzelnen Pflanzenarten und -formen, die zusammen kultiviert werden, nicht sauber voneinander trennen kann; das gilt vor allem für Pflanzen aus ein und demselben Formenkreis wie etwa C. wendtii, C. beckettii, C. undulata und C. walkeri.

Für C. affinis trifft das zum Glück nicht zu, da diese Art mit ihren ana­tomischen Merkmalen innerhalb der Gattung Cryptocoryne sehr isoliert steht. Dennoch halte ich alle meine emersen C. affinis nach Fundorten und Varianten getrennt.

Dafür gibt es wiederum mehrere Möglichkeiten. Zum einen hat ein nordisches Möbelhaus (vermutlich eigens für uns „Crypto-Narren“) eine Fünf­Liter-Box aus Kunststoff mit Deckel in seinem Programm, zum anderen gibt es im Lebensmittelhandel ungefähr zwei Liter fassende Becher für Fertigmahlzeiten. In diesen beiden Behältertypen pflege ich die meisten meiner Cryptocorynen.

Das Substrat besteht aus einem ­Gemisch aus Lehmerde, Seramis und Kokosfasern, bedeckt mit einer ebenso hohen Schicht aus Buchenlaub. Und das ist auch schon die ganze Kunst oder das „Geheimnis“ der erfolgreichen emersen Kultur von Wasserkelchen!

Dünger verwende ich dabei äußerst selten. Erkenne ich doch einmal Mangelsymptome, greife ich auf einen Eisenflüssigdünger zurück. Die größere Kunst ist es aber, die nötige Ausdauer bei der Kultur dieser „Diven“ unter den Aquarienpflanzen aufzubringen.

So brauchten beispielsweise meine C. affinis gut ein Jahr nach der Umstellung von submerser Haltung auf emerse Kultur, um den ersten Blütenstand hervorzubringen. Er wurde aber so hoch, dass ich den Deckel abnehmen und eine zweite Box falsch herum daraufstellen musste, damit die Pflanzen zu ihrer vollen Größe heranwachsen konnte.

Verschiedene Formen
Bei mir befinden sich zurzeit fünf mehr oder weniger gut voneinander unterscheidbare Varianten von C. affinis in Kultur. Den ältesten Stamm übernahm ich von meinem Vater (von dem ich wohl auch das „Crypto-Gen“ erbte). Dieser Stamm ist nun seit den 1970er-Jahren, also vier Jahrzehnte, „in Familienbesitz“.

Je nach Grad und Änderung der Lichtverhältnisse, des Bodengrundes und der Wasserwerte variiert die Färbung der Blattoberseite zwischen Hell- und Dunkelgrün. Die gelblich helle Nervatur ist sehr deutlich erkennbar, was diese C. affinis im Aquarium zu einer schönen und dekorativen Pflanze macht. Die Blattunterseite ist übrigens bei allen meinen Pflanzen weinrot. Die Blattoberfläche dieses Stamms ist glatt, ganz selten und dann nur sehr wenig bullös.

Die Pflanzen haben eine Größe von zehn bis 15 Zentimetern und bilden, wenn man sie lässt, einen großflächigen Busch. Es ist sehr schwierig, einzelne Pflanzen aus solchen Beständen herauszunehmen: Oftmals hält man nämlich eher das ganze Geflecht in den Händen.

Die Herkunft eines weiteren alten Aquarienstamms ist mir nicht bekannt. Ich erhielt ihn von IGL-Mitglied Martin Hallmann (an dieser Stelle ein Dankeschön!). Diese Pflanzen sind deutlich größer und werden bis zu 30 Zentimeter hoch. Färbung und Struktur der Blätter entsprechen den oben beschriebenen Pflanzen.

Eine eigenständige Variante stellen die Pflanzen aus der Aufsammlung von Jens’ Fundort 1 dar, die Thomas Weiblen mir freundlicherweise überließ und die ich ausschließlich emers halte. Sie werden auch in der Kultur nur maximal fünf Zentimeter groß, sind hellgrün, zeigen keine sichtbare Nervatur und besitzen eine stark bullöse Oberfläche, auf der der Hauptnerv farblich nicht abgesetzt ist. Der Grund für die Veränderung im Aussehen könnte in der Zusammensetzung des Bodengrundes liegen. Sobald ich genügend Jungpflanzen habe, werde ich andere Mischungen ausprobieren.

Eine weitere Variante unterscheide ich von Fundort 2 aus Kuala Koh, ebenfalls aus Jens’ Aufsammlung. Ihr Habitus weicht in der Kultur deutlich von den zuvor beschriebenen Pflanzen ab. Submers sind die Pflanzen zehn bis zwölf Zentimeter groß, dunkelgrün mit heller Nervatur und schwarzen, unregelmäßigen, kleinen Querstrichen. Emers kultivierte Pflanzen sind viel dunkler, wobei die Striche fast nicht mehr sichtbar sind. Die Blattoberfläche ist stark bullös – im Gegensatz zu Jens’ Biotopbeobachtungen, denen zufolge die submersen Pflanzen blasige Blätter besitzen und die emersen Blätter fast glatt sind (vergleiche Fundort 3). Wahrscheinlich reagieren die submers kultivierten Pflanzen einfach auf das Fehlen der Strömung.

Auch von dem nördlichen Fundort 4 bekam ich Pflanzen. Sie befinden sich seit zwei Monaten in Kultur und entsprechen in ihrem Habitus immer noch genau dem oben beschriebenen – mit einer auffallenden Besonderheit in der Vermehrung (siehe unten). An dieser Stelle danke ich auch meinem Freund Thomas Rönisch für das Mitbringen dieser schönen Pflanzen.

Vermehrung
Lässt man C. affinis genügend Zeit und Ruhe, dann vermehrt dieser Wasserkelch sich stark vegetativ, also durch Ausläufer, und bildet dabei ein dichtes Geflecht. In submerser wie auch in emerser Kultur ist diese Vermehrungsmethode gleichermaßen ergiebig. Lediglich bei der Variante „Aufsammlung Fundort 1“ stellte ich bisher eine geringe Ablegerbildung fest.

Die generative Vermehrung ist bei Cryptocorynen grundsätzlich sehr schwierig, da man immer mindestens zwei Blütenstände zugleich braucht, die zudem unterschiedlich alt sein müssen. Wasserkelche durchlaufen beim Öffnen der Spatha zunächst eine weibliche Phase. Erst danach reifen die Pollen, und es beginnt die männ­liche Phase, sodass eine Selbstbefruchtung fast ausgeschlossen ist (bei manchen Arten soll sie aber schon vorgekommen sein).

Wie oben angedeutet, weisen die Pflanzen der „Aufsammlung Fundort 4“ eine Eigenart auf, die ich bisher nur bei dieser C. affinis beobachten konnte. Die vegetative Vermehrung erfolgt durch Jungpflanzenbildung direkt am Trieb in der Achsel des Blattstiels. Das geschieht, indem an dieser Stelle kein neues Blatt mehr wächst und die Pflanze ihr Rhizom weiter nach oben treibt; an seiner Spitze entsteht dann eine Jungpflanze. Auf den beiden Bildern unten sieht man, wie sich das Pflänzchen direkt in der Blattachsel entwickelt. Nach einiger Zeit bildet es Wurzeln, beginnt, sich umzulegen, und wird von den Wurzeln zum Bodengrund gezogen.

Die dritte Vermehrungsweise ist die invitro-Methode, bei der aus einzelnen Pflanzenzellen neue Pflanzen „hergestellt“ werden. Sie wird vor allem in Labors für kommerzielle Betriebe durchgeführt.

Die Cryptocorynenfäule
Geht es um die Pflege von Wasserkelchen, kommt man um dieses Thema kaum herum. Für die gefürchtete Cryptocorynenfäule ist C. affinis sehr anfällig, und es kann passieren, dass der gesamte Bestand verloren geht. Meist überleben jedoch einige Rhizome und treiben auch wieder neu aus.
Die Ursache dieser Krankheit ist bis heute nicht genau bekannt. Sie tritt manchmal nach großen Veränderungen am Aquarium auf, etwa nach sehr umfangreichen Wasserwechseln oder der kompletten Erneuerung der Beleuchtung.

Die einzige Möglichkeit, sie zu bekämpfen oder einzugrenzen, besteht darin, die befallenen Blätter sofort zu entfernen, bevor sich die Fäulnis weiter ausbreiten kann. Meist ist ja nur das Laub betroffen, und die Pflanzen erholen sich wieder. Man muss aber unbedingt das Rhizom in Ruhe lassen, damit die Wurzeln nicht verletzt werden und die Pflanze die gespeicherten Nährstoffe für das Bilden neuer Blätter einsetzen kann und nicht auch noch für das Entwickeln neuer Wurzeln verbrauchen muss.

Dank
Allen meinen Cryptocoryne-Freunden danke ich herzlich für das freundliche Überlassen von Pflanzen und die vielen Tipps und Anregungen für eine erfolgreiche Kultur. Besonderen Dank schulde ich meinem Vater, der mich schon als Kind zu Fisch- und Wasserpflanzentagungen mitnahm und dadurch mein Interesse für die Aquaristik weckte.