Als ich in den 1970er-Jahren mit dem Rad durch die Niederlande fuhr und in der Nacht meinen Daunenschlafsack auf eine sehr glatte Wiese werfen wollte, bemerkte ich gerade noch rechtzeitig, dass ich eine mit Wasserlinsen (Lemna minor) dicht bedeckte Gewässeroberfläche vor mir hatte...

Diese Schwimmpflanzen bilden dichte Flächen und lassen nur grünes Licht hindurch, so dass die Pflanzen darunter ­‚abgeschirmt‘ und vor zu viel Photosynthese bewahrt werden.

Pflanzenfreunde unter den Aquarianern lieben sie deswegen nicht gerade, sondern versuchen eher, sie wieder loszuwerden. Zuerst meint man, mit einem Netz ausreichend viele erwischt zu haben. Doch schon nach ein paar Tagen ist die Oberfläche erneut dicht.

Mehreren solchen Versuchen folgt dann die gezielte Pickerei. Bei manchem Aquarianer scheint dabei die Entdeckerlust durchzubrechen, so dass er mit viel Ausdauer nach weiteren einzelnen Exemplaren sucht.

Dennoch bleibt er meist erfolglos. Irgendwo gab es dann doch noch verborgene Pflänzchen, die nach einigen Wochen wieder ‚Kolonien‘ bilden. Nur mit ganz regelmäßigem, hartnäckigem Picken kann es einmal gelingen, die Wasserlinsen tatsächlich völlig zu entfernen (was dann auch den Jagdtrieb entsprechend befriedigt).

Manchmal musste ich aber auf dieses Erfolgserlebnis verzichten, nämlich wenn ich das Becken ozonisierte. Das schwere Ozon sammelte sich dann unter der Abdeckung, und nach zwei bis drei Tagen waren alle Wasserlinsen weiß.

Aber vielleicht sollte man diesen besonderen Pflanzen gar nicht immer so übel gesonnen sein. Immerhin ist Wolffia arrhiza die kleinste Samenpflanze Europas, besteht sie  doch lediglich aus einem Stückchen Spross!

Diese Wasserlinse habe ich gern in meinen Aquarien, aber einmal gab es ein Problem. Größere Wasserlinsen (Lemna) hatten sich eingestellt und verdrängten die kleinen Wolffia. Um wieder ­einen reinen Bestand zu bekommen, isolierte ich einzelne Wolffia in kleinen Behältern. Sie wuchsen dort aber nicht so gut oder gar nicht.

Gibt man jedoch eine Mischkultur aus Lemna und Wolffia in ein kleines Gefäß, setzt ein paar Posthornschnecken hinzu und füttert nicht, dann bleiben nur die Wolffia übrig. Möglicherweise können die Schneckenzungen die Zwergwasserlinsen nicht richtig packen, weil sie abrutschen. Also fressen sie nur die Lemna!

Wolffia arrhiza ist eine licht-, wärme- und nährstofflieben­-de Pflanze, die auch bei uns vorkommen soll, aber im Sommer leicht zwischen anderen Wasserlinsen zu übersehen ist.

Tipp: Gelegentlich bekommt man Wolffia arrhiza in botanischen Gärten.

Ingo Botho Reize